Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.O pfui, das ist ein schief Gesicht! Du wirst ja kreideweiß! Frisch, munter, Prinz! ich gebe dir Ein lustig Stücklein preis." -- Rührlöffel in der Küch' sie holt, Rührlöffel ihrer zwei, War jeder eine Elle lang, Waren beide nagelneu. "Was guckst du so erschrocken? Denkst wohl, es gäbe Streich? Ach nein, Herzliebster, warte nur, Dein Wunder siehst du gleich." Auf den obern Boden führt sie ihn: "Schau, was ein weiter Platz! Wie ausgeblasen, hübsch und rein! Hie tanzen wir, mein Schatz. Schau, was ein Nebel zieht am Berg! Gib Acht, ich thu' ihn ein!" Sie beugt sich aus dem Laden weit, Die Geister zu bedräu'n; Sie wirbelt über einander
Ihre Löffel so wunderlich, Sie wickelt den Nebel und wickelt, Und schmeißt ihn hinter sich. O pfui, das iſt ein ſchief Geſicht! Du wirſt ja kreideweiß! Friſch, munter, Prinz! ich gebe dir Ein luſtig Stuͤcklein preis.“ — Ruͤhrloͤffel in der Kuͤch' ſie holt, Ruͤhrloͤffel ihrer zwei, War jeder eine Elle lang, Waren beide nagelneu. „Was guckſt du ſo erſchrocken? Denkſt wohl, es gaͤbe Streich? Ach nein, Herzliebſter, warte nur, Dein Wunder ſiehſt du gleich.“ Auf den obern Boden fuͤhrt ſie ihn: „Schau, was ein weiter Platz! Wie ausgeblaſen, huͤbſch und rein! Hie tanzen wir, mein Schatz. Schau, was ein Nebel zieht am Berg! Gib Acht, ich thu' ihn ein!“ Sie beugt ſich aus dem Laden weit, Die Geiſter zu bedraͤu'n; Sie wirbelt uͤber einander
Ihre Loͤffel ſo wunderlich, Sie wickelt den Nebel und wickelt, Und ſchmeißt ihn hinter ſich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0046" n="30"/> <lg n="24"> <l>O pfui, das iſt ein ſchief Geſicht!</l><lb/> <l>Du wirſt ja kreideweiß!</l><lb/> <l>Friſch, munter, Prinz! ich gebe dir</l><lb/> <l>Ein luſtig Stuͤcklein preis.“ —</l><lb/> </lg> <lg n="25"> <l>Ruͤhrloͤffel in der Kuͤch' ſie holt,</l><lb/> <l>Ruͤhrloͤffel ihrer zwei,</l><lb/> <l>War jeder eine Elle lang,</l><lb/> <l>Waren beide nagelneu.</l><lb/> </lg> <lg n="26"> <l>„Was guckſt du ſo erſchrocken?</l><lb/> <l>Denkſt wohl, es gaͤbe Streich?</l><lb/> <l>Ach nein, Herzliebſter, warte nur,</l><lb/> <l>Dein Wunder ſiehſt du gleich.“</l><lb/> </lg> <lg n="27"> <l>Auf den obern Boden fuͤhrt ſie ihn:</l><lb/> <l>„Schau, was ein weiter Platz!</l><lb/> <l>Wie ausgeblaſen, huͤbſch und rein!</l><lb/> <l>Hie tanzen wir, mein Schatz.</l><lb/> </lg> <lg n="28"> <l>Schau, was ein Nebel zieht am Berg!</l><lb/> <l>Gib Acht, ich thu' ihn ein!“</l><lb/> <l>Sie beugt ſich aus dem Laden weit,</l><lb/> <l>Die Geiſter zu bedraͤu'n;</l><lb/> </lg> <lg n="29"> <l>Sie wirbelt uͤber einander</l><lb/> <l>Ihre Loͤffel ſo wunderlich,</l><lb/> <l>Sie wickelt den Nebel und wickelt,</l><lb/> <l>Und ſchmeißt ihn hinter ſich.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [30/0046]
O pfui, das iſt ein ſchief Geſicht!
Du wirſt ja kreideweiß!
Friſch, munter, Prinz! ich gebe dir
Ein luſtig Stuͤcklein preis.“ —
Ruͤhrloͤffel in der Kuͤch' ſie holt,
Ruͤhrloͤffel ihrer zwei,
War jeder eine Elle lang,
Waren beide nagelneu.
„Was guckſt du ſo erſchrocken?
Denkſt wohl, es gaͤbe Streich?
Ach nein, Herzliebſter, warte nur,
Dein Wunder ſiehſt du gleich.“
Auf den obern Boden fuͤhrt ſie ihn:
„Schau, was ein weiter Platz!
Wie ausgeblaſen, huͤbſch und rein!
Hie tanzen wir, mein Schatz.
Schau, was ein Nebel zieht am Berg!
Gib Acht, ich thu' ihn ein!“
Sie beugt ſich aus dem Laden weit,
Die Geiſter zu bedraͤu'n;
Sie wirbelt uͤber einander
Ihre Loͤffel ſo wunderlich,
Sie wickelt den Nebel und wickelt,
Und ſchmeißt ihn hinter ſich.
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/46>, abgerufen am 16.02.2025. |