Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Kalter Streich. A. Ich will mich selber just nicht rühmen; Doch darf ich sagen: Es ist so im Geist Von "Stunden der Andacht." B. Ja? Und wie heißt -- A. Der Titel? "Amor und Hymen; Eine christliche Gabe für beide Geschlechter, Besonders für gebildete Töchter." B. Pfui Teufel! A. Was? Mein Werk? Sind Sie bei Verstand? So eben meldete sich der achthundertste Pränumerant! B. Ich glaub's; die lieben Eltern gegenwärtig Sind selber ungemein davon charmirt, Wenn bei der süßen Jugend allzeit' fertig Amor dem Hymen pränumerirt. Kalter Streich. A. Ich will mich ſelber juſt nicht ruͤhmen; Doch darf ich ſagen: Es iſt ſo im Geiſt Von „Stunden der Andacht.“ B. Ja? Und wie heißt — A. Der Titel? „Amor und Hymen; Eine chriſtliche Gabe fuͤr beide Geſchlechter, Beſonders fuͤr gebildete Toͤchter.“ B. Pfui Teufel! A. Was? Mein Werk? Sind Sie bei Verſtand? So eben meldete ſich der achthundertſte Praͤnumerant! B. Ich glaub's; die lieben Eltern gegenwaͤrtig Sind ſelber ungemein davon charmirt, Wenn bei der ſuͤßen Jugend allzeit' fertig Amor dem Hymen praͤnumerirt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="215" facs="#f0231"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Kalter Streich.</hi><lb/> </head> <p rendition="#c">A.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ich will mich ſelber juſt nicht ruͤhmen;</l><lb/> <l>Doch darf ich ſagen: Es iſt ſo im Geiſt</l><lb/> <l>Von „Stunden der Andacht.“</l><lb/> </lg> <p rendition="#c">B.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ja? Und wie heißt —</l><lb/> </lg> <p rendition="#c">A.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Der Titel? „<hi rendition="#g">Amor und Hymen</hi>;</l><lb/> <l>Eine chriſtliche Gabe fuͤr beide Geſchlechter,</l><lb/> <l>Beſonders fuͤr gebildete Toͤchter.“</l><lb/> </lg> <p rendition="#c">B.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Pfui Teufel!</l><lb/> </lg> <p rendition="#c">A.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Was? Mein Werk? Sind Sie bei Verſtand?</l><lb/> <l>So eben meldete ſich der achthundertſte Praͤnumerant!</l><lb/> </lg> <p rendition="#c">B.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ich glaub's; die lieben Eltern gegenwaͤrtig</l><lb/> <l>Sind ſelber ungemein davon charmirt,</l><lb/> <l>Wenn bei der ſuͤßen Jugend allzeit' fertig</l><lb/> <l>Amor dem Hymen praͤnumerirt.</l><lb/> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [215/0231]
Kalter Streich.
A.
Ich will mich ſelber juſt nicht ruͤhmen;
Doch darf ich ſagen: Es iſt ſo im Geiſt
Von „Stunden der Andacht.“
B.
Ja? Und wie heißt —
A.
Der Titel? „Amor und Hymen;
Eine chriſtliche Gabe fuͤr beide Geſchlechter,
Beſonders fuͤr gebildete Toͤchter.“
B.
Pfui Teufel!
A.
Was? Mein Werk? Sind Sie bei Verſtand?
So eben meldete ſich der achthundertſte Praͤnumerant!
B.
Ich glaub's; die lieben Eltern gegenwaͤrtig
Sind ſelber ungemein davon charmirt,
Wenn bei der ſuͤßen Jugend allzeit' fertig
Amor dem Hymen praͤnumerirt.
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/231>, abgerufen am 04.03.2025. |