Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Am Walde. Am Waldsaum kann ich lange Nachmittage, Dem Gukuk horchend, in dem Grase liegen, Er scheint das Thal gemächlich einzuwiegen Im friedevollen Gleichklang seiner Klage. Da ist mir wohl, und meine schlimmste Plage, Den Fratzen der Gesellschaft mich zu fügen, Hier wird sie mich doch endlich nicht bekriegen, Wo ich auf eigne Weise mich behage. Und wenn die feinen Leute nur erst dächten, Wie schön Poeten ihre Zeit verschwenden, Sie würden mich zuletzt noch gar beneiden. Denn des Sonetts gedrängte Kränze flechten Sich wie von selber unter meinen Händen, Indeß die Augen in der Ferne weiden. Am Walde. Am Waldſaum kann ich lange Nachmittage, Dem Gukuk horchend, in dem Graſe liegen, Er ſcheint das Thal gemaͤchlich einzuwiegen Im friedevollen Gleichklang ſeiner Klage. Da iſt mir wohl, und meine ſchlimmſte Plage, Den Fratzen der Geſellſchaft mich zu fuͤgen, Hier wird ſie mich doch endlich nicht bekriegen, Wo ich auf eigne Weiſe mich behage. Und wenn die feinen Leute nur erſt daͤchten, Wie ſchoͤn Poeten ihre Zeit verſchwenden, Sie wuͤrden mich zuletzt noch gar beneiden. Denn des Sonetts gedraͤngte Kraͤnze flechten Sich wie von ſelber unter meinen Haͤnden, Indeß die Augen in der Ferne weiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="150" facs="#f0166"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Am Walde.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Am Waldſaum kann ich lange Nachmittage,</l><lb/> <l>Dem Gukuk horchend, in dem Graſe liegen,</l><lb/> <l>Er ſcheint das Thal gemaͤchlich einzuwiegen</l><lb/> <l>Im friedevollen Gleichklang ſeiner Klage.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Da iſt mir wohl, und meine ſchlimmſte Plage,</l><lb/> <l>Den Fratzen der Geſellſchaft mich zu fuͤgen,</l><lb/> <l>Hier wird ſie mich doch endlich nicht bekriegen,</l><lb/> <l>Wo ich auf eigne Weiſe mich behage.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Und wenn die feinen Leute nur erſt daͤchten,</l><lb/> <l>Wie ſchoͤn Poeten ihre Zeit verſchwenden,</l><lb/> <l>Sie wuͤrden mich zuletzt noch gar beneiden.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Denn des Sonetts gedraͤngte Kraͤnze flechten</l><lb/> <l>Sich wie von ſelber unter meinen Haͤnden,</l><lb/> <l>Indeß die Augen in der Ferne weiden.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [150/0166]
Am Walde.
Am Waldſaum kann ich lange Nachmittage,
Dem Gukuk horchend, in dem Graſe liegen,
Er ſcheint das Thal gemaͤchlich einzuwiegen
Im friedevollen Gleichklang ſeiner Klage.
Da iſt mir wohl, und meine ſchlimmſte Plage,
Den Fratzen der Geſellſchaft mich zu fuͤgen,
Hier wird ſie mich doch endlich nicht bekriegen,
Wo ich auf eigne Weiſe mich behage.
Und wenn die feinen Leute nur erſt daͤchten,
Wie ſchoͤn Poeten ihre Zeit verſchwenden,
Sie wuͤrden mich zuletzt noch gar beneiden.
Denn des Sonetts gedraͤngte Kraͤnze flechten
Sich wie von ſelber unter meinen Haͤnden,
Indeß die Augen in der Ferne weiden.
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/166>, abgerufen am 04.03.2025. |