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Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

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An einen Liebesdichter.
Von Liebe singt so mancher Mann,
Damit er auch von Liebe singe,
Und hebt ein mächtig Klagen an,
Der Ruhm ist groß, die Pein geringe.
Nun bist du nicht im selben Fall,
Und lässest auch Gesang erschallen,
Obwohl noch keine Nachtigall,
Doch mehr als jene Nachtigallen.
Was ist denn wohl der Unterschied,
Freund, zwischen dir und zwischen jenen?
-- Sie singen froh ein traurig Lied,
Und du ein fröhlichs unter Thränen.

An einen Liebesdichter.
Von Liebe ſingt ſo mancher Mann,
Damit er auch von Liebe ſinge,
Und hebt ein maͤchtig Klagen an,
Der Ruhm iſt groß, die Pein geringe.
Nun biſt du nicht im ſelben Fall,
Und laͤſſeſt auch Geſang erſchallen,
Obwohl noch keine Nachtigall,
Doch mehr als jene Nachtigallen.
Was iſt denn wohl der Unterſchied,
Freund, zwiſchen dir und zwiſchen jenen?
— Sie ſingen froh ein traurig Lied,
Und du ein froͤhlichs unter Thraͤnen.

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[132/0148] An einen Liebesdichter. Von Liebe ſingt ſo mancher Mann, Damit er auch von Liebe ſinge, Und hebt ein maͤchtig Klagen an, Der Ruhm iſt groß, die Pein geringe. Nun biſt du nicht im ſelben Fall, Und laͤſſeſt auch Geſang erſchallen, Obwohl noch keine Nachtigall, Doch mehr als jene Nachtigallen. Was iſt denn wohl der Unterſchied, Freund, zwiſchen dir und zwiſchen jenen? — Sie ſingen froh ein traurig Lied, Und du ein froͤhlichs unter Thraͤnen.

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/148>, abgerufen am 22.12.2024.