Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Auf einen Klavierspieler. Hört ihn und seht sein dürftig Instrument! Die alte, klepperdürre Mähre, An der ihr jede Rippe zählen könnt, Verwandelt sich im Griffe dieses Knaben Zu einem Pferd von wilder, edler Art, Das in Arabiens Gluth geboren ward! Es will nicht Zeug, noch Zügel haben, Es bäumt den Leib, zeigt wiehernd seine Zähne, Dann schüttelt sich die weiße Mähne, Wie Schaum des Meers zum Himmel sprizt, Bis ihm, besiegt von dem gelass'nen Reiter, Im Aug' die bittre Thräne blizt -- O horch! nun tanzt es sanft auf goldner Töne Leiter! Auf einen Klavierſpieler. Hoͤrt ihn und ſeht ſein duͤrftig Inſtrument! Die alte, klepperduͤrre Maͤhre, An der ihr jede Rippe zaͤhlen koͤnnt, Verwandelt ſich im Griffe dieſes Knaben Zu einem Pferd von wilder, edler Art, Das in Arabiens Gluth geboren ward! Es will nicht Zeug, noch Zuͤgel haben, Es baͤumt den Leib, zeigt wiehernd ſeine Zaͤhne, Dann ſchuͤttelt ſich die weiße Maͤhne, Wie Schaum des Meers zum Himmel ſprizt, Bis ihm, beſiegt von dem gelaſſ'nen Reiter, Im Aug' die bittre Thraͤne blizt — O horch! nun tanzt es ſanft auf goldner Toͤne Leiter! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="128" facs="#f0144"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Auf einen Klavierſpieler.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">H</hi>oͤrt ihn und ſeht ſein duͤrftig Inſtrument!</l><lb/> <l>Die alte, klepperduͤrre Maͤhre,</l><lb/> <l>An der ihr jede Rippe zaͤhlen koͤnnt,</l><lb/> <l>Verwandelt ſich im Griffe dieſes Knaben</l><lb/> <l>Zu einem Pferd von wilder, edler Art,</l><lb/> <l>Das in Arabiens Gluth geboren ward!</l><lb/> <l>Es will nicht Zeug, noch Zuͤgel haben,</l><lb/> <l>Es baͤumt den Leib, zeigt wiehernd ſeine Zaͤhne,</l><lb/> <l>Dann ſchuͤttelt ſich die weiße Maͤhne,</l><lb/> <l>Wie Schaum des Meers zum Himmel ſprizt,</l><lb/> <l>Bis ihm, beſiegt von dem gelaſſ'nen Reiter,</l><lb/> <l>Im Aug' die bittre Thraͤne blizt —</l><lb/> <l>O horch! nun tanzt es ſanft auf goldner Toͤne Leiter!</l><lb/> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [128/0144]
Auf einen Klavierſpieler.
Hoͤrt ihn und ſeht ſein duͤrftig Inſtrument!
Die alte, klepperduͤrre Maͤhre,
An der ihr jede Rippe zaͤhlen koͤnnt,
Verwandelt ſich im Griffe dieſes Knaben
Zu einem Pferd von wilder, edler Art,
Das in Arabiens Gluth geboren ward!
Es will nicht Zeug, noch Zuͤgel haben,
Es baͤumt den Leib, zeigt wiehernd ſeine Zaͤhne,
Dann ſchuͤttelt ſich die weiße Maͤhne,
Wie Schaum des Meers zum Himmel ſprizt,
Bis ihm, beſiegt von dem gelaſſ'nen Reiter,
Im Aug' die bittre Thraͤne blizt —
O horch! nun tanzt es ſanft auf goldner Toͤne Leiter!
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/144>, abgerufen am 03.03.2025. |