Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Aber von nun an bist du auf alle Tage gesegnet! Unverletzlich dein Leib, dir altern nimmer die Schwingen! Und wohin du künftig die zarten Füße wirst setzen, Thauet Segen von dir. Jezt eile hinunter zum Garten, Den das beste Mädchen besucht am frühesten Morgen, Eile zur Lilie du, gleich wird die Knospe sich öffnen Unter dir, dann küsse sie tief in den Busen: von Stund an Göttlich befruchtet, athmet sie Geist und himmlisches Leben. Wenn die Gute nun kommt, vor den hohen Stengel ge¬ treten, Steht sie befangen, entzückt von paradiesischer Nähe, Ahnungsvoll wie im Traum die holde Seele versunken. Aber von nun an biſt du auf alle Tage geſegnet! Unverletzlich dein Leib, dir altern nimmer die Schwingen! Und wohin du kuͤnftig die zarten Fuͤße wirſt ſetzen, Thauet Segen von dir. Jezt eile hinunter zum Garten, Den das beſte Maͤdchen beſucht am fruͤheſten Morgen, Eile zur Lilie du, gleich wird die Knospe ſich oͤffnen Unter dir, dann kuͤſſe ſie tief in den Buſen: von Stund an Goͤttlich befruchtet, athmet ſie Geiſt und himmliſches Leben. Wenn die Gute nun kommt, vor den hohen Stengel ge¬ treten, Steht ſie befangen, entzuͤckt von paradieſiſcher Naͤhe, Ahnungsvoll wie im Traum die holde Seele verſunken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0127" n="111"/> <l>Aber von nun an biſt du auf alle Tage geſegnet!</l><lb/> <l>Unverletzlich dein Leib, dir altern nimmer die Schwingen!</l><lb/> <l>Und wohin du kuͤnftig die zarten Fuͤße wirſt ſetzen,</l><lb/> <l>Thauet Segen von dir. Jezt eile hinunter zum Garten,</l><lb/> <l>Den das beſte Maͤdchen beſucht am fruͤheſten Morgen,</l><lb/> <l>Eile zur Lilie du, gleich wird die Knospe ſich oͤffnen</l><lb/> <l>Unter dir, dann kuͤſſe ſie tief in den Buſen: von Stund an</l><lb/> <l>Goͤttlich befruchtet, athmet ſie Geiſt und himmliſches Leben.</l><lb/> <l>Wenn die Gute nun kommt, vor den hohen Stengel ge¬<lb/><hi rendition="#et">treten,</hi></l><lb/> <l>Steht ſie befangen, entzuͤckt von paradieſiſcher Naͤhe,</l><lb/> <l>Ahnungsvoll wie im Traum die holde Seele verſunken.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [111/0127]
Aber von nun an biſt du auf alle Tage geſegnet!
Unverletzlich dein Leib, dir altern nimmer die Schwingen!
Und wohin du kuͤnftig die zarten Fuͤße wirſt ſetzen,
Thauet Segen von dir. Jezt eile hinunter zum Garten,
Den das beſte Maͤdchen beſucht am fruͤheſten Morgen,
Eile zur Lilie du, gleich wird die Knospe ſich oͤffnen
Unter dir, dann kuͤſſe ſie tief in den Buſen: von Stund an
Goͤttlich befruchtet, athmet ſie Geiſt und himmliſches Leben.
Wenn die Gute nun kommt, vor den hohen Stengel ge¬
treten,
Steht ſie befangen, entzuͤckt von paradieſiſcher Naͤhe,
Ahnungsvoll wie im Traum die holde Seele verſunken.
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/127>, abgerufen am 22.07.2024. |