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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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Lehrer unter allen Partheyen viele Klagen geführet.
Und ist freylich wohl eine Thorheit, wo man sich
einbilden wollte mit dergleichen an und vor sich selbst
indifferenten Ceremonien und Gebräuchen, GOtt
gleichsam einen blauen Dunst zu machen, und einen
besondern Gefallen damit zu thun: wenn das Hertz
von der wahren Ehrerbietigkeit und Liebe GOttes
so sehr entfernet ist. GOtt ist ein Geist, und die
ihn anbethen, müssen ihn im Geist und in der Wahr-
heit anbeten. Joh. 4. Und ist eine ausgemachte
Sache: Daß wer vorgiebet, er liebe und venerire
GOtt: der muß auch seine Gebote halten; und läst
sich ja kein vernünfftiger Mensch mit Ceremonien
und Complimenten abspeisen; wo das übrige Thun
und Lassen denselben wiederspricht.
Alamodan. Es ist doch gar nützlich und höchst
nöthig einen äusserlichen wohlgeordneten Gottes-
dienst zu haben, und demselben fleißig beyzuwohnen.
Modestin. Daß es nützlich und nöthig seye die
Unwissende zu unterweisen, zur Anbetung GOt-
tes und zur Liebe des Nächsten zu vermahnen und
anzuführen; auch mit ihnen GOtt zu loben und zu
preisen, ist gantz löblich. Wo man sich aber ein-
bildet: daß man ohne solche äusserliche Ceremonia-
lische Satzungen, nicht heiliglich und seliglich leben
und sterben könnte, ist ein ziemlich arosser Misver-
stand. Und wo man alte Jünger Christi, welche
längstens selbsten Lehrer seyn könnten und sollten,
noch immer an alte dürfftige Satzungen binden
will, geschiehet es wohl hauptsächlich aus einem
päpstlichen Ehr- und Geld-Geitz, fleischlichen Ab-
sichten


Lehrer unter allen Partheyen viele Klagen gefuͤhret.
Und iſt freylich wohl eine Thorheit, wo man ſich
einbilden wollte mit dergleichen an und vor ſich ſelbſt
indifferenten Ceremonien und Gebraͤuchen, GOtt
gleichſam einen blauen Dunſt zu machen, und einen
beſondern Gefallen damit zu thun: wenn das Hertz
von der wahren Ehrerbietigkeit und Liebe GOttes
ſo ſehr entfernet iſt. GOtt iſt ein Geiſt, und die
ihn anbethen, muͤſſen ihn im Geiſt und in der Wahr-
heit anbeten. Joh. 4. Und iſt eine ausgemachte
Sache: Daß wer vorgiebet, er liebe und venerire
GOtt: der muß auch ſeine Gebote halten; und laͤſt
ſich ja kein vernuͤnfftiger Menſch mit Ceremonien
und Complimenten abſpeiſen; wo das uͤbrige Thun
und Laſſen denſelben wiederſpricht.
Alamodan. Es iſt doch gar nuͤtzlich und hoͤchſt
noͤthig einen aͤuſſerlichen wohlgeordneten Gottes-
dienſt zu haben, und demſelben fleißig beyzuwohnen.
Modeſtin. Daß es nuͤtzlich und noͤthig ſeye die
Unwiſſende zu unterweiſen, zur Anbetung GOt-
tes und zur Liebe des Naͤchſten zu vermahnen und
anzufuͤhren; auch mit ihnen GOtt zu loben und zu
preiſen, iſt gantz loͤblich. Wo man ſich aber ein-
bildet: daß man ohne ſolche aͤuſſerliche Ceremonia-
liſche Satzungen, nicht heiliglich und ſeliglich leben
und ſterben koͤnnte, iſt ein ziemlich aroſſer Misver-
ſtand. Und wo man alte Juͤnger Chriſti, welche
laͤngſtens ſelbſten Lehrer ſeyn koͤnnten und ſollten,
noch immer an alte duͤrfftige Satzungen binden
will, geſchiehet es wohl hauptſaͤchlich aus einem
paͤpſtlichen Ehr- und Geld-Geitz, fleiſchlichen Ab-
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[28/0034] Lehrer unter allen Partheyen viele Klagen gefuͤhret. Und iſt freylich wohl eine Thorheit, wo man ſich einbilden wollte mit dergleichen an und vor ſich ſelbſt indifferenten Ceremonien und Gebraͤuchen, GOtt gleichſam einen blauen Dunſt zu machen, und einen beſondern Gefallen damit zu thun: wenn das Hertz von der wahren Ehrerbietigkeit und Liebe GOttes ſo ſehr entfernet iſt. GOtt iſt ein Geiſt, und die ihn anbethen, muͤſſen ihn im Geiſt und in der Wahr- heit anbeten. Joh. 4. Und iſt eine ausgemachte Sache: Daß wer vorgiebet, er liebe und venerire GOtt: der muß auch ſeine Gebote halten; und laͤſt ſich ja kein vernuͤnfftiger Menſch mit Ceremonien und Complimenten abſpeiſen; wo das uͤbrige Thun und Laſſen denſelben wiederſpricht. Alamodan. Es iſt doch gar nuͤtzlich und hoͤchſt noͤthig einen aͤuſſerlichen wohlgeordneten Gottes- dienſt zu haben, und demſelben fleißig beyzuwohnen. Modeſtin. Daß es nuͤtzlich und noͤthig ſeye die Unwiſſende zu unterweiſen, zur Anbetung GOt- tes und zur Liebe des Naͤchſten zu vermahnen und anzufuͤhren; auch mit ihnen GOtt zu loben und zu preiſen, iſt gantz loͤblich. Wo man ſich aber ein- bildet: daß man ohne ſolche aͤuſſerliche Ceremonia- liſche Satzungen, nicht heiliglich und ſeliglich leben und ſterben koͤnnte, iſt ein ziemlich aroſſer Misver- ſtand. Und wo man alte Juͤnger Chriſti, welche laͤngſtens ſelbſten Lehrer ſeyn koͤnnten und ſollten, noch immer an alte duͤrfftige Satzungen binden will, geſchiehet es wohl hauptſaͤchlich aus einem paͤpſtlichen Ehr- und Geld-Geitz, fleiſchlichen Ab- ſichten

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/34>, abgerufen am 21.11.2024.