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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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dern klugen Leuten habe ich in klein Asien einen gantz
besondern Mann angetroffen/ welcher nicht alleine
in Historia; sondern auch in allen andern hohen
Wissenschafften; mancherley Sprachen Europä
und Asiä; in der Medicin, Chymia und Magia
überaus erfahren ware. Er hatte bey sich einen wun-
derbahren magischen Spiegel; wenn er da hinein
sahe/ oder einem hineinzusehen Anweisung gabe;
erblickte man die/ durch die Haupt-Neigungen der
Menschlichen Affecten bezeichnete Thiere/ der Hunde/
Katzen/ Löwen/ Affen/ Pfauen/ Beren/ Schweine
u. d. g. hat mir auch einige Anleitung gegeben: wie
dergleichen Spiegel zu bereiten und zu poliren sey;
und andere schöne Geheimnisse communiciret.
Alamodan. Das mag eine artige Kunst seyn.
Aber was hält mein Herr denn von der Alchymie,
oder dem sogenannten Goldmachen?
Theogenes. Was eigentlich die Alchymie, oder
die Kunst der Saamen derer Metallen zu vermehren/
und selbigen zu exaltiren betrifft: halte ich aus
wohlgegründeten Ursachen der Vernunfft und der
Erfahrung davor; daß solche in der Natur selbst
gegründet/ und daß die Metallen so wohl; als die
Vegetabilia und Animalia ihren Saamen in sich ha-
ben: daß aber die Goldhungrige und aus purem
Geitz nach dem Gold und Gelde schnappenden See-
len/ dergleichen Licht-Wesen und Tinctur nicht er-
langen können; weilen sie verblendet sind und im
finstern wandeln und tappen; auch viel besser thä-
ten/ wo sie nicht an solche Sachen gedächten/ welche
ihnen doch zu hoch und schwer sind. GOTT der
HErr


dern klugen Leuten habe ich in klein Aſien einen gantz
beſondern Mann angetroffen/ welcher nicht alleine
in Hiſtoria; ſondern auch in allen andern hohen
Wiſſenſchafften; mancherley Sprachen Europaͤ
und Aſiaͤ; in der Medicin, Chymia und Magia
uͤberaus erfahren ware. Er hatte bey ſich einen wun-
derbahren magiſchen Spiegel; wenn er da hinein
ſahe/ oder einem hineinzuſehen Anweiſung gabe;
erblickte man die/ durch die Haupt-Neigungen der
Menſchlichen Affecten bezeichnete Thiere/ der Hunde/
Katzen/ Loͤwen/ Affen/ Pfauen/ Beren/ Schweine
u. d. g. hat mir auch einige Anleitung gegeben: wie
dergleichen Spiegel zu bereiten und zu poliren ſey;
und andere ſchoͤne Geheimniſſe communiciret.
Alamodan. Das mag eine artige Kunſt ſeyn.
Aber was haͤlt mein Herr denn von der Alchymie,
oder dem ſogenannten Goldmachen?
Theogenes. Was eigentlich die Alchymie, oder
die Kunſt der Saamen derer Metallen zu vermehren/
und ſelbigen zu exaltiren betrifft: halte ich aus
wohlgegruͤndeten Urſachen der Vernunfft und der
Erfahrung davor; daß ſolche in der Natur ſelbſt
gegruͤndet/ und daß die Metallen ſo wohl; als die
Vegetabilia und Animalia ihren Saamen in ſich ha-
ben: daß aber die Goldhungrige und aus purem
Geitz nach dem Gold und Gelde ſchnappenden See-
len/ dergleichen Licht-Weſen und Tinctur nicht er-
langen koͤnnen; weilen ſie verblendet ſind und im
finſtern wandeln und tappen; auch viel beſſer thaͤ-
ten/ wo ſie nicht an ſolche Sachen gedaͤchten/ welche
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[105/0111] dern klugen Leuten habe ich in klein Aſien einen gantz beſondern Mann angetroffen/ welcher nicht alleine in Hiſtoria; ſondern auch in allen andern hohen Wiſſenſchafften; mancherley Sprachen Europaͤ und Aſiaͤ; in der Medicin, Chymia und Magia uͤberaus erfahren ware. Er hatte bey ſich einen wun- derbahren magiſchen Spiegel; wenn er da hinein ſahe/ oder einem hineinzuſehen Anweiſung gabe; erblickte man die/ durch die Haupt-Neigungen der Menſchlichen Affecten bezeichnete Thiere/ der Hunde/ Katzen/ Loͤwen/ Affen/ Pfauen/ Beren/ Schweine u. d. g. hat mir auch einige Anleitung gegeben: wie dergleichen Spiegel zu bereiten und zu poliren ſey; und andere ſchoͤne Geheimniſſe communiciret. Alamodan. Das mag eine artige Kunſt ſeyn. Aber was haͤlt mein Herr denn von der Alchymie, oder dem ſogenannten Goldmachen? Theogenes. Was eigentlich die Alchymie, oder die Kunſt der Saamen derer Metallen zu vermehren/ und ſelbigen zu exaltiren betrifft: halte ich aus wohlgegruͤndeten Urſachen der Vernunfft und der Erfahrung davor; daß ſolche in der Natur ſelbſt gegruͤndet/ und daß die Metallen ſo wohl; als die Vegetabilia und Animalia ihren Saamen in ſich ha- ben: daß aber die Goldhungrige und aus purem Geitz nach dem Gold und Gelde ſchnappenden See- len/ dergleichen Licht-Weſen und Tinctur nicht er- langen koͤnnen; weilen ſie verblendet ſind und im finſtern wandeln und tappen; auch viel beſſer thaͤ- ten/ wo ſie nicht an ſolche Sachen gedaͤchten/ welche ihnen doch zu hoch und ſchwer ſind. GOTT der HErr

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/111>, abgerufen am 28.11.2024.