Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.Neunter Gesang. Adam erwiedert ihr also darauf mit freundlicher Antwort: 240Einzige Eva [Spaltenumbruch] c)! du meine Hülfe! du, die du alleine Meine Gesellschaft bist, viel theurer, als alle Geschöpfe, Welche leben auf Erden; du hast sehr wohl es erinnert, Wohl es bedacht, wie wir am besten die Arbeit vollbringen, Die uns der Schöpfer befahl. Jch muß dich dieserhalb loben. 245Denn was ist wohl schöner und liebenswerther am Weibe, Als wenn sie mit häuslichem Fleiß der Wirthschaft sich annimmt; Und die nützlichen Werke des Manns zu befördern bemüht ist. Aber so strenge hat Gott uns nicht die Arbeit befohlen, Daß wir uns sollten Erquickung versagen, entweder durch Nahrung 250Oder durch holde Gespräche, die Nahrung unsers Gemüthes; Oder den süßen Wechsel der lächelnden Minen und Blicke. Denn das Lächeln kömmt aus der Vernunft d), und wurde den Thieren Nicht gewähret; es dient der Liebe zur Nahrung; der Liebe, Nicht dem kleinesten Zweck vom menschlichen Leben. -- Der Schöpfer 255Schuf uns nicht zu verdrüßlicher Last, vielmehr zum Vergnügen; Zum Vergnügen, das mit der Vernunft harmonisch verknüpft ist. Glaube denn sicher, daß wir mit unsern vereinigten Händen Diesen Pfaden und Lauben, so sehr nicht ins Wilde zu wachsen, Ohne Mühe verwehren werden, so weit als wir beyde 260Nöthig haben zu gehn, bis uns bald jüngere Hände Bey- c) Bentley tadelt dieses Beywort, weil sie aber als die Mutter aller Lebendigen Eva genannt worden, so kömmt ihr dieß Beywort mit Recht zu. Pearce. d) Das Lächeln ist ein so sicheres Zei- chen der Vernunft, daß einige Weltweisen [Spaltenumbruch] die Definition des Menschen animal ra- tionale, in animal risibile verändert, und behauptet haben, der Mensch sey allein unter allen Creaturen mit der Gabe des Lachens beschenkt worden. Hume. K 3
Neunter Geſang. Adam erwiedert ihr alſo darauf mit freundlicher Antwort: 240Einzige Eva [Spaltenumbruch] c)! du meine Huͤlfe! du, die du alleine Meine Geſellſchaft biſt, viel theurer, als alle Geſchoͤpfe, Welche leben auf Erden; du haſt ſehr wohl es erinnert, Wohl es bedacht, wie wir am beſten die Arbeit vollbringen, Die uns der Schoͤpfer befahl. Jch muß dich dieſerhalb loben. 245Denn was iſt wohl ſchoͤner und liebenswerther am Weibe, Als wenn ſie mit haͤuslichem Fleiß der Wirthſchaft ſich annimmt; Und die nuͤtzlichen Werke des Manns zu befoͤrdern bemuͤht iſt. Aber ſo ſtrenge hat Gott uns nicht die Arbeit befohlen, Daß wir uns ſollten Erquickung verſagen, entweder durch Nahrung 250Oder durch holde Geſpraͤche, die Nahrung unſers Gemuͤthes; Oder den ſuͤßen Wechſel der laͤchelnden Minen und Blicke. Denn das Laͤcheln koͤmmt aus der Vernunft d), und wurde den Thieren Nicht gewaͤhret; es dient der Liebe zur Nahrung; der Liebe, Nicht dem kleineſten Zweck vom menſchlichen Leben. — Der Schoͤpfer 255Schuf uns nicht zu verdruͤßlicher Laſt, vielmehr zum Vergnuͤgen; Zum Vergnuͤgen, das mit der Vernunft harmoniſch verknuͤpft iſt. Glaube denn ſicher, daß wir mit unſern vereinigten Haͤnden Dieſen Pfaden und Lauben, ſo ſehr nicht ins Wilde zu wachſen, Ohne Muͤhe verwehren werden, ſo weit als wir beyde 260Noͤthig haben zu gehn, bis uns bald juͤngere Haͤnde Bey- c) Bentley tadelt dieſes Beywort, weil ſie aber als die Mutter aller Lebendigen Eva genannt worden, ſo koͤmmt ihr dieß Beywort mit Recht zu. Pearce. d) Das Laͤcheln iſt ein ſo ſicheres Zei- chen der Vernunft, daß einige Weltweiſen [Spaltenumbruch] die Definition des Menſchen animal ra- tionale, in animal riſibile veraͤndert, und behauptet haben, der Menſch ſey allein unter allen Creaturen mit der Gabe des Lachens beſchenkt worden. Hume. K 3
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Neunter Geſang.
Adam erwiedert ihr alſo darauf mit freundlicher Antwort:
Einzige Eva
c)! du meine Huͤlfe! du, die du alleine
Meine Geſellſchaft biſt, viel theurer, als alle Geſchoͤpfe,
Welche leben auf Erden; du haſt ſehr wohl es erinnert,
Wohl es bedacht, wie wir am beſten die Arbeit vollbringen,
Die uns der Schoͤpfer befahl. Jch muß dich dieſerhalb loben.
Denn was iſt wohl ſchoͤner und liebenswerther am Weibe,
Als wenn ſie mit haͤuslichem Fleiß der Wirthſchaft ſich annimmt;
Und die nuͤtzlichen Werke des Manns zu befoͤrdern bemuͤht iſt.
Aber ſo ſtrenge hat Gott uns nicht die Arbeit befohlen,
Daß wir uns ſollten Erquickung verſagen, entweder durch Nahrung
Oder durch holde Geſpraͤche, die Nahrung unſers Gemuͤthes;
Oder den ſuͤßen Wechſel der laͤchelnden Minen und Blicke.
Denn das Laͤcheln koͤmmt aus der Vernunft d), und wurde den Thieren
Nicht gewaͤhret; es dient der Liebe zur Nahrung; der Liebe,
Nicht dem kleineſten Zweck vom menſchlichen Leben. — Der Schoͤpfer
Schuf uns nicht zu verdruͤßlicher Laſt, vielmehr zum Vergnuͤgen;
Zum Vergnuͤgen, das mit der Vernunft harmoniſch verknuͤpft iſt.
Glaube denn ſicher, daß wir mit unſern vereinigten Haͤnden
Dieſen Pfaden und Lauben, ſo ſehr nicht ins Wilde zu wachſen,
Ohne Muͤhe verwehren werden, ſo weit als wir beyde
Noͤthig haben zu gehn, bis uns bald juͤngere Haͤnde
Bey-
c) Bentley tadelt dieſes Beywort, weil
ſie aber als die Mutter aller Lebendigen
Eva genannt worden, ſo koͤmmt ihr dieß
Beywort mit Recht zu. Pearce.
d) Das Laͤcheln iſt ein ſo ſicheres Zei-
chen der Vernunft, daß einige Weltweiſen
die Definition des Menſchen animal ra-
tionale, in animal riſibile veraͤndert, und
behauptet haben, der Menſch ſey allein
unter allen Creaturen mit der Gabe des
Lachens beſchenkt worden. Hume.
K 3
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