Unter ihre Paniere sich ziehn, so eilten die Fluthen, Well' auf Welle, dahin, wohin sie den Weg sich gefunden, Ueber die Höhn, mit wildem Herabsturz; und über die Ebnen, 290Mit sanftgleitender Fluth. Kein Fels, kein Hügel verwehrte Jhnen den Weg; sie wanden sich durch, tief unter dem Boden, Oder sie nahmen den Lauf in weiten schlängelnden Krümmen Durch den nassen Morast, in welchem sie tiefe Kanäle Sich gegraben; mit leichter Müh; bevor noch der Schöpfer 295Trocken zu werden dem Boden befahl, dem schlammichten Lande, Nur allein nicht zwischen den Ufern, wo itzo die Ströme Fließen, und unaufhörlich nach sich den wäßrichten Schweif [Spaltenumbruch]u) ziehn. Und Gott nannte das Trockene, Land; die Sammlung der Wasser Nannt er Meer. Er sah, daß es gut war, und sagte: die Erde 300Bringe grünendes Gras hervor, und besamende Kräuter, Und fruchtbare Bäume von allen Arten, die Früchte Tragen, und in sich selbst den Samen auf Erden besitzen. Als er kaum es gesagt, da brachte die nackende Erde, Bis itzt wüst und wild, und ungezieret, unscheinbar, 305Keimendes Gras hervor, mit dessen lieblichem Grünen Jhre ganze Fläche sich überkleidete. Kräuter Sproßten darauf in die Höh, von mancherley Blättern, die plötzlich Blühten, und ihre Schooß mit lachenden Farben verzierten. Und kaum hauchten sie sich im duftenden süßen Geruch aus,
Als
u) Die Flüsse werden als erhabne Per- sonen vorgestellt, die einen langen Schwelf, [Spaltenumbruch]
oder lange Schleppen tragen. Richardson.
II.Theil. C
Siebenter Geſang.
Unter ihre Paniere ſich ziehn, ſo eilten die Fluthen, Well’ auf Welle, dahin, wohin ſie den Weg ſich gefunden, Ueber die Hoͤhn, mit wildem Herabſturz; und uͤber die Ebnen, 290Mit ſanftgleitender Fluth. Kein Fels, kein Huͤgel verwehrte Jhnen den Weg; ſie wanden ſich durch, tief unter dem Boden, Oder ſie nahmen den Lauf in weiten ſchlaͤngelnden Kruͤmmen Durch den naſſen Moraſt, in welchem ſie tiefe Kanaͤle Sich gegraben; mit leichter Muͤh; bevor noch der Schoͤpfer 295Trocken zu werden dem Boden befahl, dem ſchlammichten Lande, Nur allein nicht zwiſchen den Ufern, wo itzo die Stroͤme Fließen, und unaufhoͤrlich nach ſich den waͤßrichten Schweif [Spaltenumbruch]u) ziehn. Und Gott nannte das Trockene, Land; die Sammlung der Waſſer Nannt er Meer. Er ſah, daß es gut war, und ſagte: die Erde 300Bringe gruͤnendes Gras hervor, und beſamende Kraͤuter, Und fruchtbare Baͤume von allen Arten, die Fruͤchte Tragen, und in ſich ſelbſt den Samen auf Erden beſitzen. Als er kaum es geſagt, da brachte die nackende Erde, Bis itzt wuͤſt und wild, und ungezieret, unſcheinbar, 305Keimendes Gras hervor, mit deſſen lieblichem Gruͤnen Jhre ganze Flaͤche ſich uͤberkleidete. Kraͤuter Sproßten darauf in die Hoͤh, von mancherley Blaͤttern, die ploͤtzlich Bluͤhten, und ihre Schooß mit lachenden Farben verzierten. Und kaum hauchten ſie ſich im duftenden ſuͤßen Geruch aus,
Als
u) Die Fluͤſſe werden als erhabne Per- ſonen vorgeſtellt, die einen langen Schwelf, [Spaltenumbruch]
oder lange Schleppen tragen. Richardſon.
II.Theil. C
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Siebenter Geſang.
Unter ihre Paniere ſich ziehn, ſo eilten die Fluthen,
Well’ auf Welle, dahin, wohin ſie den Weg ſich gefunden,
Ueber die Hoͤhn, mit wildem Herabſturz; und uͤber die Ebnen,
Mit ſanftgleitender Fluth. Kein Fels, kein Huͤgel verwehrte
Jhnen den Weg; ſie wanden ſich durch, tief unter dem Boden,
Oder ſie nahmen den Lauf in weiten ſchlaͤngelnden Kruͤmmen
Durch den naſſen Moraſt, in welchem ſie tiefe Kanaͤle
Sich gegraben; mit leichter Muͤh; bevor noch der Schoͤpfer
Trocken zu werden dem Boden befahl, dem ſchlammichten Lande,
Nur allein nicht zwiſchen den Ufern, wo itzo die Stroͤme
Fließen, und unaufhoͤrlich nach ſich den waͤßrichten Schweif
u) ziehn.
Und Gott nannte das Trockene, Land; die Sammlung der Waſſer
Nannt er Meer. Er ſah, daß es gut war, und ſagte: die Erde
Bringe gruͤnendes Gras hervor, und beſamende Kraͤuter,
Und fruchtbare Baͤume von allen Arten, die Fruͤchte
Tragen, und in ſich ſelbſt den Samen auf Erden beſitzen.
Als er kaum es geſagt, da brachte die nackende Erde,
Bis itzt wuͤſt und wild, und ungezieret, unſcheinbar,
Keimendes Gras hervor, mit deſſen lieblichem Gruͤnen
Jhre ganze Flaͤche ſich uͤberkleidete. Kraͤuter
Sproßten darauf in die Hoͤh, von mancherley Blaͤttern, die ploͤtzlich
Bluͤhten, und ihre Schooß mit lachenden Farben verzierten.
Und kaum hauchten ſie ſich im duftenden ſuͤßen Geruch aus,
Als
u) Die Fluͤſſe werden als erhabne Per-
ſonen vorgeſtellt, die einen langen Schwelf,
oder lange Schleppen tragen.
Richardſon.
II. Theil. C
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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/33>, abgerufen am 16.07.2024.
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