Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

Bild:
<< vorherige Seite

Zwölfter Gesang.

Eines Gerechten für Ungerechte, damit sie in seiner
Wahren Gerechtigkeit, die im Glauben auch ihnen ertheilt wird,
Bey dem Allmächtigen so der Schuld Vergebung erlangen,
Und zufriedene Ruh in ihrem erschrocknen Gewissen.
320Das Gesetz kann dieß durch alle Gebräuche nicht geben,

Noch der Mensch den sittlichen Theil des Gesetzes erfüllen;
Und doch kann er nicht leben, wofern er nicht ganz ihn erfüllet.
So scheint das Gesetz noch unvollkommen; gegeben
Jn der Absicht, die Menschen dereinst in der Fülle der Zeiten
325Einem besseren Bunde zu überlassen, nachdem sie

Von vorbildenden Schatten geweihet worden zur Wahrheit,
Von dem Fleische zum Geist; vom scharfen schweren Gesetze
Zu dem freyen Genuß der reichen göttlichen Gnade;
Von der knechtischen Furcht zur kindlichen; und von den Werken
330Des Gesetzes zu Werken des Glaubens. Deswegen wird Moses,

Obgleich Gott so sehr ihn geliebt, sein Volk, als ein Diener
Des Gesetzes, doch nicht hinein nach Canaan führen;
Sondern Josua [Spaltenumbruch] l) , Jesus genannt von den heydnischen Völkern,
Der den Namen sowohl, als das Amt, von Jenem erhalten,
335Welcher dereinst die feindliche Schlange besiegt, und den Menschen,

Wenn er lange herum in der Wüste des Lebens gewandert,
Endlich sicher zur Ruh des ewigen Paradieses
Einführt. Jsrael wird indeß im irdischen Eden,

Lange
l) Josua war in verschiednen Dingen
ein Vorbild von Jesu; so wie der Name
[Spaltenumbruch] Josua sowohl, als Jesus, einen Erlö-
ser bedeutet. N.
II. Theil. G g

Zwoͤlfter Geſang.

Eines Gerechten fuͤr Ungerechte, damit ſie in ſeiner
Wahren Gerechtigkeit, die im Glauben auch ihnen ertheilt wird,
Bey dem Allmaͤchtigen ſo der Schuld Vergebung erlangen,
Und zufriedene Ruh in ihrem erſchrocknen Gewiſſen.
320Das Geſetz kann dieß durch alle Gebraͤuche nicht geben,

Noch der Menſch den ſittlichen Theil des Geſetzes erfuͤllen;
Und doch kann er nicht leben, wofern er nicht ganz ihn erfuͤllet.
So ſcheint das Geſetz noch unvollkommen; gegeben
Jn der Abſicht, die Menſchen dereinſt in der Fuͤlle der Zeiten
325Einem beſſeren Bunde zu uͤberlaſſen, nachdem ſie

Von vorbildenden Schatten geweihet worden zur Wahrheit,
Von dem Fleiſche zum Geiſt; vom ſcharfen ſchweren Geſetze
Zu dem freyen Genuß der reichen goͤttlichen Gnade;
Von der knechtiſchen Furcht zur kindlichen; und von den Werken
330Des Geſetzes zu Werken des Glaubens. Deswegen wird Moſes,

Obgleich Gott ſo ſehr ihn geliebt, ſein Volk, als ein Diener
Des Geſetzes, doch nicht hinein nach Canaan fuͤhren;
Sondern Joſua [Spaltenumbruch] l) , Jeſus genannt von den heydniſchen Voͤlkern,
Der den Namen ſowohl, als das Amt, von Jenem erhalten,
335Welcher dereinſt die feindliche Schlange beſiegt, und den Menſchen,

Wenn er lange herum in der Wuͤſte des Lebens gewandert,
Endlich ſicher zur Ruh des ewigen Paradieſes
Einfuͤhrt. Jſrael wird indeß im irdiſchen Eden,

Lange
l) Joſua war in verſchiednen Dingen
ein Vorbild von Jeſu; ſo wie der Name
[Spaltenumbruch] Joſua ſowohl, als Jeſus, einen Erloͤ-
ſer bedeutet. N.
II. Theil. G g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="7">
            <l>
              <pb facs="#f0259" n="233"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zwo&#x0364;lfter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw>
            </l><lb/>
            <l>Eines Gerechten fu&#x0364;r Ungerechte, damit &#x017F;ie in &#x017F;einer</l><lb/>
            <l>Wahren Gerechtigkeit, die im Glauben auch ihnen ertheilt wird,</l><lb/>
            <l>Bey dem Allma&#x0364;chtigen &#x017F;o der Schuld Vergebung erlangen,</l><lb/>
            <l>Und zufriedene Ruh in ihrem er&#x017F;chrocknen Gewi&#x017F;&#x017F;en.<lb/><note place="left">320</note>Das Ge&#x017F;etz kann dieß durch alle Gebra&#x0364;uche nicht geben,</l><lb/>
            <l>Noch der Men&#x017F;ch den &#x017F;ittlichen Theil des Ge&#x017F;etzes erfu&#x0364;llen;</l><lb/>
            <l>Und doch kann er nicht leben, wofern er nicht ganz ihn erfu&#x0364;llet.</l><lb/>
            <l>So &#x017F;cheint das Ge&#x017F;etz noch unvollkommen; gegeben</l><lb/>
            <l>Jn der Ab&#x017F;icht, die Men&#x017F;chen derein&#x017F;t in der Fu&#x0364;lle der Zeiten<lb/><note place="left">325</note>Einem be&#x017F;&#x017F;eren Bunde zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, nachdem &#x017F;ie</l><lb/>
            <l>Von vorbildenden Schatten geweihet worden zur Wahrheit,</l><lb/>
            <l>Von dem Flei&#x017F;che zum Gei&#x017F;t; vom &#x017F;charfen &#x017F;chweren Ge&#x017F;etze</l><lb/>
            <l>Zu dem freyen Genuß der reichen go&#x0364;ttlichen Gnade;</l><lb/>
            <l>Von der knechti&#x017F;chen Furcht zur kindlichen; und von den Werken<lb/><note place="left">330</note>Des Ge&#x017F;etzes zu Werken des Glaubens. Deswegen wird <hi rendition="#fr">Mo&#x017F;es,</hi></l><lb/>
            <l>Obgleich Gott &#x017F;o &#x017F;ehr ihn geliebt, &#x017F;ein Volk, als ein Diener</l><lb/>
            <l>Des Ge&#x017F;etzes, doch nicht hinein nach <hi rendition="#fr">Canaan</hi> fu&#x0364;hren;</l><lb/>
            <l>Sondern <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ua</hi> <cb/>
<note place="foot" n="l)">Jo&#x017F;ua war in ver&#x017F;chiednen Dingen<lb/>
ein Vorbild von Je&#x017F;u; &#x017F;o wie der Name<lb/><cb/> <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ua</hi> &#x017F;owohl, als <hi rendition="#fr">Je&#x017F;us,</hi> einen Erlo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;er bedeutet. <hi rendition="#fr">N.</hi></note> , <hi rendition="#fr">Je&#x017F;us</hi> genannt von den heydni&#x017F;chen Vo&#x0364;lkern,</l><lb/>
            <l>Der den Namen &#x017F;owohl, als das Amt, von Jenem erhalten,<lb/><note place="left">335</note>Welcher derein&#x017F;t die feindliche Schlange be&#x017F;iegt, und den Men&#x017F;chen,</l><lb/>
            <l>Wenn er lange herum in der Wu&#x0364;&#x017F;te des Lebens gewandert,</l><lb/>
            <l>Endlich &#x017F;icher zur Ruh des ewigen Paradie&#x017F;es</l><lb/>
            <l>Einfu&#x0364;hrt. <hi rendition="#fr">J&#x017F;rael</hi> wird indeß im irdi&#x017F;chen <hi rendition="#fr">Eden,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Lange</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Theil.</hi> G g</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0259] Zwoͤlfter Geſang. Eines Gerechten fuͤr Ungerechte, damit ſie in ſeiner Wahren Gerechtigkeit, die im Glauben auch ihnen ertheilt wird, Bey dem Allmaͤchtigen ſo der Schuld Vergebung erlangen, Und zufriedene Ruh in ihrem erſchrocknen Gewiſſen. Das Geſetz kann dieß durch alle Gebraͤuche nicht geben, Noch der Menſch den ſittlichen Theil des Geſetzes erfuͤllen; Und doch kann er nicht leben, wofern er nicht ganz ihn erfuͤllet. So ſcheint das Geſetz noch unvollkommen; gegeben Jn der Abſicht, die Menſchen dereinſt in der Fuͤlle der Zeiten Einem beſſeren Bunde zu uͤberlaſſen, nachdem ſie Von vorbildenden Schatten geweihet worden zur Wahrheit, Von dem Fleiſche zum Geiſt; vom ſcharfen ſchweren Geſetze Zu dem freyen Genuß der reichen goͤttlichen Gnade; Von der knechtiſchen Furcht zur kindlichen; und von den Werken Des Geſetzes zu Werken des Glaubens. Deswegen wird Moſes, Obgleich Gott ſo ſehr ihn geliebt, ſein Volk, als ein Diener Des Geſetzes, doch nicht hinein nach Canaan fuͤhren; Sondern Joſua l) , Jeſus genannt von den heydniſchen Voͤlkern, Der den Namen ſowohl, als das Amt, von Jenem erhalten, Welcher dereinſt die feindliche Schlange beſiegt, und den Menſchen, Wenn er lange herum in der Wuͤſte des Lebens gewandert, Endlich ſicher zur Ruh des ewigen Paradieſes Einfuͤhrt. Jſrael wird indeß im irdiſchen Eden, Lange l) Joſua war in verſchiednen Dingen ein Vorbild von Jeſu; ſo wie der Name Joſua ſowohl, als Jeſus, einen Erloͤ- ſer bedeutet. N. II. Theil. G g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/259
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/259>, abgerufen am 25.11.2024.