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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Eilfter Gesang.

Mächtige Redner; aber gar bald zerfällt die Versammlung
Jn Partheyen. Ein Mann von mittlerem Alter erhub sich
705Unter ihnen, mit ernsterem Anstand, und weisem Betragen,

Redete viel von Unrecht, Recht; von Wahrheit und Frieden,
Von der Religion, und von den Gerichten des Höchsten.
Doch ihn verspotteten Alt und Jung, und hätten gewaltsam
Jhn ergriffen, wofern nicht eine blendende Wolke
710Sich vom Himmel gefenkt, und aus dem wilden Gedränge

Jhn auf einmal entrückt. Nun herrschten Gewaltthat und Faustrecht,
Unterdrückung und Wuth auf dieser Ebne. Kein Ort ward
Mehr zur Zuflucht gefunden. Jn heißen Thränen zerfließend
Wandte sich Adam jammernd zu seinem Führer, und sagte,
715Schmerzlich gerührt: o was sind dieß für schreckliche Männer,

Diener des Todes, nicht Menschen, die so unmenschlich die Menschen
Zum grausamsten Tode befördern, und dessen Verbrechen,
Welcher den Bruder erschlug, zehntausendmal ärger, verdoppeln!
Denn an wen verüben sie es dieß Schlachten und Morden,
720Als an ihrem Brudergeschlecht, an Menschen durch Menschen!

Aber sage, wer war der Gerechte, der ohne Verschonen
Wegen seiner Gerechtigkeit sich verlohren gesehen,
Hätte mit mächtiger Hand ihn nicht der Himmel errettet?

Michael sprach: Dieß sind die Früchte der übelgeknüpften
725Schändlichen Ehen, welche du sahst, wo Gutes und Böses

Sich zusammen gepaart; die sich einander zwar scheuen,
Aber,
C c 3

Eilfter Geſang.

Maͤchtige Redner; aber gar bald zerfaͤllt die Verſammlung
Jn Partheyen. Ein Mann von mittlerem Alter erhub ſich
705Unter ihnen, mit ernſterem Anſtand, und weiſem Betragen,

Redete viel von Unrecht, Recht; von Wahrheit und Frieden,
Von der Religion, und von den Gerichten des Hoͤchſten.
Doch ihn verſpotteten Alt und Jung, und haͤtten gewaltſam
Jhn ergriffen, wofern nicht eine blendende Wolke
710Sich vom Himmel gefenkt, und aus dem wilden Gedraͤnge

Jhn auf einmal entruͤckt. Nun herrſchten Gewaltthat und Fauſtrecht,
Unterdruͤckung und Wuth auf dieſer Ebne. Kein Ort ward
Mehr zur Zuflucht gefunden. Jn heißen Thraͤnen zerfließend
Wandte ſich Adam jammernd zu ſeinem Fuͤhrer, und ſagte,
715Schmerzlich geruͤhrt: o was ſind dieß fuͤr ſchreckliche Maͤnner,

Diener des Todes, nicht Menſchen, die ſo unmenſchlich die Menſchen
Zum grauſamſten Tode befoͤrdern, und deſſen Verbrechen,
Welcher den Bruder erſchlug, zehntauſendmal aͤrger, verdoppeln!
Denn an wen veruͤben ſie es dieß Schlachten und Morden,
720Als an ihrem Brudergeſchlecht, an Menſchen durch Menſchen!

Aber ſage, wer war der Gerechte, der ohne Verſchonen
Wegen ſeiner Gerechtigkeit ſich verlohren geſehen,
Haͤtte mit maͤchtiger Hand ihn nicht der Himmel errettet?

Michael ſprach: Dieß ſind die Fruͤchte der uͤbelgeknuͤpften
725Schaͤndlichen Ehen, welche du ſahſt, wo Gutes und Boͤſes

Sich zuſammen gepaart; die ſich einander zwar ſcheuen,
Aber,
C c 3
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[205/0229] Eilfter Geſang. Maͤchtige Redner; aber gar bald zerfaͤllt die Verſammlung Jn Partheyen. Ein Mann von mittlerem Alter erhub ſich Unter ihnen, mit ernſterem Anſtand, und weiſem Betragen, Redete viel von Unrecht, Recht; von Wahrheit und Frieden, Von der Religion, und von den Gerichten des Hoͤchſten. Doch ihn verſpotteten Alt und Jung, und haͤtten gewaltſam Jhn ergriffen, wofern nicht eine blendende Wolke Sich vom Himmel gefenkt, und aus dem wilden Gedraͤnge Jhn auf einmal entruͤckt. Nun herrſchten Gewaltthat und Fauſtrecht, Unterdruͤckung und Wuth auf dieſer Ebne. Kein Ort ward Mehr zur Zuflucht gefunden. Jn heißen Thraͤnen zerfließend Wandte ſich Adam jammernd zu ſeinem Fuͤhrer, und ſagte, Schmerzlich geruͤhrt: o was ſind dieß fuͤr ſchreckliche Maͤnner, Diener des Todes, nicht Menſchen, die ſo unmenſchlich die Menſchen Zum grauſamſten Tode befoͤrdern, und deſſen Verbrechen, Welcher den Bruder erſchlug, zehntauſendmal aͤrger, verdoppeln! Denn an wen veruͤben ſie es dieß Schlachten und Morden, Als an ihrem Brudergeſchlecht, an Menſchen durch Menſchen! Aber ſage, wer war der Gerechte, der ohne Verſchonen Wegen ſeiner Gerechtigkeit ſich verlohren geſehen, Haͤtte mit maͤchtiger Hand ihn nicht der Himmel errettet? Michael ſprach: Dieß ſind die Fruͤchte der uͤbelgeknuͤpften Schaͤndlichen Ehen, welche du ſahſt, wo Gutes und Boͤſes Sich zuſammen gepaart; die ſich einander zwar ſcheuen, Aber, C c 3

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/229>, abgerufen am 27.11.2024.