Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

Bild:
<< vorherige Seite

Das verlohrne Paradies.

Alles, was ich empfieng, dir wieder zurücke zu geben,
Da ich vermögend nicht bin, die harten Bedingungen alle
Zu erfüllen, auf die mir allein das Gute geschenkt ward,
800Welches ich nimmer gesucht. Wie hast du zu dessen Verluste,

Strafe für mich schon genug, noch die Empfindung der Schmerzen,
Endloser Schmerzen gefügt! O deine Gerechtigkeit scheint mir
Unerklärlich! Jedoch, ich muß es gestehen, ich zanke
Mit dir itzo zu spät. Die Bedingungen, wie sie auch waren,
805Hätt ich damals sogleich, da sie mir vorgelegt wurden,

Standhaft verwerfen sollen. Jedoch du hast sie erwählet!
Willst du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen
Mit ihm streiten? Gesetzt, auch ohne daß du ihn bathest,
Hätte dein Gott dich gemacht: würdst du wohl dieses ertragen,
810Wenn dein eigener Sohn dir ungehorsam geworden,

Und, wenn du ihn bestraftest, sich so entschuldigen wollte:
Warum zeugtest du mich? hab' ich dich darum gebethen?
Würdest du diese stolze Vertheidgung von seinem Vergehen
Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugtest,
815Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber

Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er schuf dich sein eigen,
Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm dientest! Aus Gnaden
Gab er dir deine Belohnung. Demnach steht eben so billig
Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben!
820Denn sein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube

Werden soll, ist gerecht. O mir willkommene Strafe,
Wenn du auch kömmst! Doch warum verzögert er, was er gedrohet,

Noch

Das verlohrne Paradies.

Alles, was ich empfieng, dir wieder zuruͤcke zu geben,
Da ich vermoͤgend nicht bin, die harten Bedingungen alle
Zu erfuͤllen, auf die mir allein das Gute geſchenkt ward,
800Welches ich nimmer geſucht. Wie haſt du zu deſſen Verluſte,

Strafe fuͤr mich ſchon genug, noch die Empfindung der Schmerzen,
Endloſer Schmerzen gefuͤgt! O deine Gerechtigkeit ſcheint mir
Unerklaͤrlich! Jedoch, ich muß es geſtehen, ich zanke
Mit dir itzo zu ſpaͤt. Die Bedingungen, wie ſie auch waren,
805Haͤtt ich damals ſogleich, da ſie mir vorgelegt wurden,

Standhaft verwerfen ſollen. Jedoch du haſt ſie erwaͤhlet!
Willſt du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen
Mit ihm ſtreiten? Geſetzt, auch ohne daß du ihn batheſt,
Haͤtte dein Gott dich gemacht: wuͤrdſt du wohl dieſes ertragen,
810Wenn dein eigener Sohn dir ungehorſam geworden,

Und, wenn du ihn beſtrafteſt, ſich ſo entſchuldigen wollte:
Warum zeugteſt du mich? hab’ ich dich darum gebethen?
Wuͤrdeſt du dieſe ſtolze Vertheidgung von ſeinem Vergehen
Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugteſt,
815Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber

Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er ſchuf dich ſein eigen,
Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm dienteſt! Aus Gnaden
Gab er dir deine Belohnung. Demnach ſteht eben ſo billig
Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben!
820Denn ſein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube

Werden ſoll, iſt gerecht. O mir willkommene Strafe,
Wenn du auch koͤmmſt! Doch warum verzoͤgert er, was er gedrohet,

Noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="31">
            <l>
              <pb facs="#f0178" n="156"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw>
            </l><lb/>
            <l>Alles, was ich empfieng, dir wieder zuru&#x0364;cke zu geben,</l><lb/>
            <l>Da ich vermo&#x0364;gend nicht bin, die harten Bedingungen alle</l><lb/>
            <l>Zu erfu&#x0364;llen, auf die mir allein das Gute ge&#x017F;chenkt ward,<lb/><note place="left">800</note>Welches ich nimmer ge&#x017F;ucht. Wie ha&#x017F;t du zu de&#x017F;&#x017F;en Verlu&#x017F;te,</l><lb/>
            <l>Strafe fu&#x0364;r mich &#x017F;chon genug, noch die Empfindung der Schmerzen,</l><lb/>
            <l>Endlo&#x017F;er Schmerzen gefu&#x0364;gt! O deine Gerechtigkeit &#x017F;cheint mir</l><lb/>
            <l>Unerkla&#x0364;rlich! Jedoch, ich muß es ge&#x017F;tehen, ich zanke</l><lb/>
            <l>Mit dir itzo zu &#x017F;pa&#x0364;t. Die Bedingungen, wie &#x017F;ie auch waren,<lb/><note place="left">805</note>Ha&#x0364;tt ich damals &#x017F;ogleich, da &#x017F;ie mir vorgelegt wurden,</l><lb/>
            <l>Standhaft verwerfen &#x017F;ollen. Jedoch du ha&#x017F;t &#x017F;ie erwa&#x0364;hlet!</l><lb/>
            <l>Will&#x017F;t du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen</l><lb/>
            <l>Mit ihm &#x017F;treiten? Ge&#x017F;etzt, auch ohne daß du ihn bathe&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Ha&#x0364;tte dein Gott dich gemacht: wu&#x0364;rd&#x017F;t du wohl die&#x017F;es ertragen,<lb/><note place="left">810</note>Wenn dein eigener Sohn dir ungehor&#x017F;am geworden,</l><lb/>
            <l>Und, wenn du ihn be&#x017F;trafte&#x017F;t, &#x017F;ich &#x017F;o ent&#x017F;chuldigen wollte:</l><lb/>
            <l>Warum zeugte&#x017F;t du mich? hab&#x2019; ich dich darum gebethen?</l><lb/>
            <l>Wu&#x0364;rde&#x017F;t du die&#x017F;e &#x017F;tolze Vertheidgung von &#x017F;einem Vergehen</l><lb/>
            <l>Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugte&#x017F;t,<lb/><note place="left">815</note>Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber</l><lb/>
            <l>Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er &#x017F;chuf dich &#x017F;ein eigen,</l><lb/>
            <l>Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm diente&#x017F;t! Aus Gnaden</l><lb/>
            <l>Gab er dir deine Belohnung. Demnach &#x017F;teht eben &#x017F;o billig</l><lb/>
            <l>Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben!<lb/><note place="left">820</note>Denn &#x017F;ein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube</l><lb/>
            <l>Werden &#x017F;oll, i&#x017F;t gerecht. O mir willkommene Strafe,</l><lb/>
            <l>Wenn du auch ko&#x0364;mm&#x017F;t! Doch warum verzo&#x0364;gert er, was er gedrohet,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Noch</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0178] Das verlohrne Paradies. Alles, was ich empfieng, dir wieder zuruͤcke zu geben, Da ich vermoͤgend nicht bin, die harten Bedingungen alle Zu erfuͤllen, auf die mir allein das Gute geſchenkt ward, Welches ich nimmer geſucht. Wie haſt du zu deſſen Verluſte, Strafe fuͤr mich ſchon genug, noch die Empfindung der Schmerzen, Endloſer Schmerzen gefuͤgt! O deine Gerechtigkeit ſcheint mir Unerklaͤrlich! Jedoch, ich muß es geſtehen, ich zanke Mit dir itzo zu ſpaͤt. Die Bedingungen, wie ſie auch waren, Haͤtt ich damals ſogleich, da ſie mir vorgelegt wurden, Standhaft verwerfen ſollen. Jedoch du haſt ſie erwaͤhlet! Willſt du das Gute genießen, und dann der Bedingungen wegen Mit ihm ſtreiten? Geſetzt, auch ohne daß du ihn batheſt, Haͤtte dein Gott dich gemacht: wuͤrdſt du wohl dieſes ertragen, Wenn dein eigener Sohn dir ungehorſam geworden, Und, wenn du ihn beſtrafteſt, ſich ſo entſchuldigen wollte: Warum zeugteſt du mich? hab’ ich dich darum gebethen? Wuͤrdeſt du dieſe ſtolze Vertheidgung von ſeinem Vergehen Billigen? Und doch war es nicht Wahl, durch die du ihn zeugteſt, Sondern allein der Natur nothwendige Folge. Dich aber Schuf mit freyem Willen dein Gott. Er ſchuf dich ſein eigen, Schuf vom Seinigen dich, damit du ihm dienteſt! Aus Gnaden Gab er dir deine Belohnung. Demnach ſteht eben ſo billig Deine Strafe bey ihm. Wohlan! ich muß mich ergeben! Denn ſein Urtheil, daß ich, als Staub, auch wieder zu Staube Werden ſoll, iſt gerecht. O mir willkommene Strafe, Wenn du auch koͤmmſt! Doch warum verzoͤgert er, was er gedrohet, Noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/178
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/178>, abgerufen am 27.11.2024.