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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Zehnter Gesang.
350Kam er bey Nachtzeit wieder zurück, und behorchte verstohlen
Das unglückliche Paar in ihren traurigen Reden,
Und in ihren mancherley Klagen. Er setzte daraus sich
Sein ihm gedrohetes Urtheil zusammen, und da er verstanden,
Daß es im Augenblick nicht, und erst nach künftigen Zeiten
355Jhn erwarte, da gieng er erfreut zur Hölle zurücke,

Mit der fröhlichen Zeitung beschwert. Am Rande des Chaos,
Dicht am Fuße der neuen und wundernswürdigen Brücke,
Sah er auf einmal erstaunt, und wider alles Vermuthen,
Seine werthesten Kinder, die ihm entgegen gekommen.
360Jhre Freude war groß, da sie sich also vereint sahn;

Und noch höher stieg sie bey ihm, indem er den seltnen
Und erstaunlichen Brückenbau sah. Jn stiller Verwundrung
Stand er lange Zeit in sich gekehrt, bis endlich die Sünde,
Seine schöne bezaubernde Tochter, ihn schmeichelnd so anredt.

365
Dieß sind deine herrlichen Thaten und hohen Trophäen,
Ob du, o Vater, sie gleich nicht als dein eigen betrachtest!
Du bist ihr Stifter, ihr erster Bauherr! Jch fühlte sobald nicht
Jn dem Herzen die Ahndung, in diesem Herzen, das immer
Durch den geheimsten harmonischen Zug dem deinigen gleich denkt --
370Kaum errieth ich, daß es dir auf der Erde geglücket,

Welches dein Auge mir deutlich nun sagt, so fühlt' ich in mir auch,
Obgleich Welten zwischen uns lagen -- so fühlt' ich den Trieb doch,
Daß ich mit diesem geliebtesten Sohne dir folgen müßte.
So hat das Verhängniß uns drey miteinander verbunden!
Länger
II. Theil. S

Zehnter Geſang.
350Kam er bey Nachtzeit wieder zuruͤck, und behorchte verſtohlen
Das ungluͤckliche Paar in ihren traurigen Reden,
Und in ihren mancherley Klagen. Er ſetzte daraus ſich
Sein ihm gedrohetes Urtheil zuſammen, und da er verſtanden,
Daß es im Augenblick nicht, und erſt nach kuͤnftigen Zeiten
355Jhn erwarte, da gieng er erfreut zur Hoͤlle zuruͤcke,

Mit der froͤhlichen Zeitung beſchwert. Am Rande des Chaos,
Dicht am Fuße der neuen und wundernswuͤrdigen Bruͤcke,
Sah er auf einmal erſtaunt, und wider alles Vermuthen,
Seine wertheſten Kinder, die ihm entgegen gekommen.
360Jhre Freude war groß, da ſie ſich alſo vereint ſahn;

Und noch hoͤher ſtieg ſie bey ihm, indem er den ſeltnen
Und erſtaunlichen Bruͤckenbau ſah. Jn ſtiller Verwundrung
Stand er lange Zeit in ſich gekehrt, bis endlich die Suͤnde,
Seine ſchoͤne bezaubernde Tochter, ihn ſchmeichelnd ſo anredt.

365
Dieß ſind deine herrlichen Thaten und hohen Trophaͤen,
Ob du, o Vater, ſie gleich nicht als dein eigen betrachteſt!
Du biſt ihr Stifter, ihr erſter Bauherr! Jch fuͤhlte ſobald nicht
Jn dem Herzen die Ahndung, in dieſem Herzen, das immer
Durch den geheimſten harmoniſchen Zug dem deinigen gleich denkt —
370Kaum errieth ich, daß es dir auf der Erde gegluͤcket,

Welches dein Auge mir deutlich nun ſagt, ſo fuͤhlt’ ich in mir auch,
Obgleich Welten zwiſchen uns lagen — ſo fuͤhlt’ ich den Trieb doch,
Daß ich mit dieſem geliebteſten Sohne dir folgen muͤßte.
So hat das Verhaͤngniß uns drey miteinander verbunden!
Laͤnger
II. Theil. S
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[137/0159] Zehnter Geſang. Kam er bey Nachtzeit wieder zuruͤck, und behorchte verſtohlen Das ungluͤckliche Paar in ihren traurigen Reden, Und in ihren mancherley Klagen. Er ſetzte daraus ſich Sein ihm gedrohetes Urtheil zuſammen, und da er verſtanden, Daß es im Augenblick nicht, und erſt nach kuͤnftigen Zeiten Jhn erwarte, da gieng er erfreut zur Hoͤlle zuruͤcke, Mit der froͤhlichen Zeitung beſchwert. Am Rande des Chaos, Dicht am Fuße der neuen und wundernswuͤrdigen Bruͤcke, Sah er auf einmal erſtaunt, und wider alles Vermuthen, Seine wertheſten Kinder, die ihm entgegen gekommen. Jhre Freude war groß, da ſie ſich alſo vereint ſahn; Und noch hoͤher ſtieg ſie bey ihm, indem er den ſeltnen Und erſtaunlichen Bruͤckenbau ſah. Jn ſtiller Verwundrung Stand er lange Zeit in ſich gekehrt, bis endlich die Suͤnde, Seine ſchoͤne bezaubernde Tochter, ihn ſchmeichelnd ſo anredt. Dieß ſind deine herrlichen Thaten und hohen Trophaͤen, Ob du, o Vater, ſie gleich nicht als dein eigen betrachteſt! Du biſt ihr Stifter, ihr erſter Bauherr! Jch fuͤhlte ſobald nicht Jn dem Herzen die Ahndung, in dieſem Herzen, das immer Durch den geheimſten harmoniſchen Zug dem deinigen gleich denkt — Kaum errieth ich, daß es dir auf der Erde gegluͤcket, Welches dein Auge mir deutlich nun ſagt, ſo fuͤhlt’ ich in mir auch, Obgleich Welten zwiſchen uns lagen — ſo fuͤhlt’ ich den Trieb doch, Daß ich mit dieſem geliebteſten Sohne dir folgen muͤßte. So hat das Verhaͤngniß uns drey miteinander verbunden! Laͤnger II. Theil. S

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/159>, abgerufen am 23.11.2024.