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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Neunter Gesang.

Und wenn jemand mit Ernst dergleichen Prüfung sich wünschet,
O so denke man nur, daß er zu fehlen schon anfängt.

1175
Plötzlich empört durch diese Beschuldgung, gab Eva zur Antwort:
Welche beleidgende Worte sind deinen Lippen entfallen,
Strenger Adam! Wie giebst du die Schuld nun meinem Versehen,
Oder der Lust umherzuwandern, so wie du es nennest?
Hätte dieß Unglück vielleicht nicht eben so gut uns betroffen,
1180Wenn du zugegen gewesen? vielleicht dich selber betroffen? --

Wärst du auch bey mir geblieben, und wäre die listge Versuchung
Hier auch geschehn: so hättest du doch gewiß bey der Schlange,
Die so redete, wie sie geredt, Betrug nicht gemerket.
Nicht der mindeste Grund war da von Feindschaft vorhanden,
1185Oder zu fürchten, sie wolle voll List in Unglück mich stürzen.

Sagst du: wär ich doch nie dir von der Seiten gekommen!
Eben so gerne wär ich, als eine leblose Ribbe,
Ewig dran kleben geblieben. So wie ich einmal gemacht bin,
Warum hast du, mein Oberhaupt, denn mir durchaus nicht befohlen,
1190Nicht zu gehn, wenn ich, wie du glaubiest, in solche Gefahr lief?

Du warst selost zu gelinde; du hast nicht sehr mich bestritten,
Hast es gebilligt, erlaubt, und freundlich mich von dir gelassen.
Hättest du ernster und fester auf deiner Verweigrung beharret,
So hätt' ich nicht gefehlt, so wärst du mit mir nicht gefallen.
1195
Jtzt zum erstenmal zornig gab Adam ihr dieses zur Antwort-
Jst dieß die Lieb'? Jst dieß die Belohnung der treuesten Liebe,
Die
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Neunter Geſang.

Und wenn jemand mit Ernſt dergleichen Pruͤfung ſich wuͤnſchet,
O ſo denke man nur, daß er zu fehlen ſchon anfaͤngt.

1175
Ploͤtzlich empoͤrt durch dieſe Beſchuldgung, gab Eva zur Antwort:
Welche beleidgende Worte ſind deinen Lippen entfallen,
Strenger Adam! Wie giebſt du die Schuld nun meinem Verſehen,
Oder der Luſt umherzuwandern, ſo wie du es nenneſt?
Haͤtte dieß Ungluͤck vielleicht nicht eben ſo gut uns betroffen,
1180Wenn du zugegen geweſen? vielleicht dich ſelber betroffen? —

Waͤrſt du auch bey mir geblieben, und waͤre die liſtge Verſuchung
Hier auch geſchehn: ſo haͤtteſt du doch gewiß bey der Schlange,
Die ſo redete, wie ſie geredt, Betrug nicht gemerket.
Nicht der mindeſte Grund war da von Feindſchaft vorhanden,
1185Oder zu fuͤrchten, ſie wolle voll Liſt in Ungluͤck mich ſtuͤrzen.

Sagſt du: waͤr ich doch nie dir von der Seiten gekommen!
Eben ſo gerne waͤr ich, als eine lebloſe Ribbe,
Ewig dran kleben geblieben. So wie ich einmal gemacht bin,
Warum haſt du, mein Oberhaupt, denn mir durchaus nicht befohlen,
1190Nicht zu gehn, wenn ich, wie du glaubieſt, in ſolche Gefahr lief?

Du warſt ſeloſt zu gelinde; du haſt nicht ſehr mich beſtritten,
Haſt es gebilligt, erlaubt, und freundlich mich von dir gelaſſen.
Haͤtteſt du ernſter und feſter auf deiner Verweigrung beharret,
So haͤtt’ ich nicht gefehlt, ſo waͤrſt du mit mir nicht gefallen.
1195
Jtzt zum erſtenmal zornig gab Adam ihr dieſes zur Antwort-
Jſt dieß die Lieb’? Jſt dieß die Belohnung der treueſten Liebe,
Die
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[117/0139] Neunter Geſang. Und wenn jemand mit Ernſt dergleichen Pruͤfung ſich wuͤnſchet, O ſo denke man nur, daß er zu fehlen ſchon anfaͤngt. Ploͤtzlich empoͤrt durch dieſe Beſchuldgung, gab Eva zur Antwort: Welche beleidgende Worte ſind deinen Lippen entfallen, Strenger Adam! Wie giebſt du die Schuld nun meinem Verſehen, Oder der Luſt umherzuwandern, ſo wie du es nenneſt? Haͤtte dieß Ungluͤck vielleicht nicht eben ſo gut uns betroffen, Wenn du zugegen geweſen? vielleicht dich ſelber betroffen? — Waͤrſt du auch bey mir geblieben, und waͤre die liſtge Verſuchung Hier auch geſchehn: ſo haͤtteſt du doch gewiß bey der Schlange, Die ſo redete, wie ſie geredt, Betrug nicht gemerket. Nicht der mindeſte Grund war da von Feindſchaft vorhanden, Oder zu fuͤrchten, ſie wolle voll Liſt in Ungluͤck mich ſtuͤrzen. Sagſt du: waͤr ich doch nie dir von der Seiten gekommen! Eben ſo gerne waͤr ich, als eine lebloſe Ribbe, Ewig dran kleben geblieben. So wie ich einmal gemacht bin, Warum haſt du, mein Oberhaupt, denn mir durchaus nicht befohlen, Nicht zu gehn, wenn ich, wie du glaubieſt, in ſolche Gefahr lief? Du warſt ſeloſt zu gelinde; du haſt nicht ſehr mich beſtritten, Haſt es gebilligt, erlaubt, und freundlich mich von dir gelaſſen. Haͤtteſt du ernſter und feſter auf deiner Verweigrung beharret, So haͤtt’ ich nicht gefehlt, ſo waͤrſt du mit mir nicht gefallen. Jtzt zum erſtenmal zornig gab Adam ihr dieſes zur Antwort- Jſt dieß die Lieb’? Jſt dieß die Belohnung der treueſten Liebe, Die P 3

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/139>, abgerufen am 24.11.2024.