Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Wärst du doch meinen Worten gefolgt, und wärest geblieben, Wie ich so zärtlich dich bath, als diesen unglücklichen Morgen Die seltsame Begierd' umher zu wandern, dir einfiel, Ohne zu wissen, warum: so wären wir itzo noch glücklich, 1170Nicht, wie leider nunmehr, von allem Guten beraubet, Elend, nackend, beschämt! O suche doch niemand in Zukunft, Wenn die Noth ihn nicht zwingt, die schuldige Treu zu bewähren. Und t) Columbus, der Amerika zuerst im Jahr
1492 entdeckte, fand die Amerikaner so mit [Spaltenumbruch] Federn umgürtet, wie Adam und Eva Schürze von Feigenblättern trugen. N.
Waͤrſt du doch meinen Worten gefolgt, und waͤreſt geblieben, Wie ich ſo zaͤrtlich dich bath, als dieſen ungluͤcklichen Morgen Die ſeltſame Begierd’ umher zu wandern, dir einfiel, Ohne zu wiſſen, warum: ſo waͤren wir itzo noch gluͤcklich, 1170Nicht, wie leider nunmehr, von allem Guten beraubet, Elend, nackend, beſchaͤmt! O ſuche doch niemand in Zukunft, Wenn die Noth ihn nicht zwingt, die ſchuldige Treu zu bewaͤhren. Und t) Columbus, der Amerika zuerſt im Jahr
1492 entdeckte, fand die Amerikaner ſo mit [Spaltenumbruch] Federn umguͤrtet, wie Adam und Eva Schuͤrze von Feigenblaͤttern trugen. N. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <l> <pb facs="#f0138" n="116"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw> </l><lb/> <l>So fand unter den Baͤumen von waldichten Jnſeln und Kuͤſten<lb/><note place="left">1150</note>Auch <hi rendition="#fr">Columbo</hi> <cb/> <note place="foot" n="t)">Columbus, der Amerika zuerſt im Jahr<lb/> 1492 entdeckte, fand die Amerikaner ſo mit<lb/><cb/> Federn umguͤrtet, wie Adam und Eva<lb/> Schuͤrze von Feigenblaͤttern trugen. <hi rendition="#fr">N.</hi></note> den Amerikaner, mit Federn umguͤrtet,</l><lb/> <l>Uebrigens nackend, und wild. Nachdem ſie ſich alſo bekleidet,</l><lb/> <l>Und die beſchwerliche Schaam zum Theil, wie ſie meynten, verhuͤllet,</l><lb/> <l>Ob ihr Herz gleich dadurch nicht ruhiger, leichter geworden:</l><lb/> <l>Saßen ſie nieder, und weinten. Es ſtroͤmten nicht Thraͤnen allein nur<lb/><note place="left">1155</note>Aus den Augen; auch maͤchtige Stuͤrme begannen von innen</l><lb/> <l>Zu entſtehn; Zorn, Mistraun, und Haß, und Zwietracht und Argwohn,</l><lb/> <l>Die ihr Gemuͤth von Grund auf empoͤrten. So wie es vorhero</l><lb/> <l>Still und friedlich geweſen, ſo war es itzt ſtuͤrmiſch und truͤbe.</l><lb/> <l>Denn der Verſtand regierte nicht mehr; der Wille gehorchte<lb/><note place="left">1160</note>Seinen Lehren nicht weiter; ſie waren nur beyde die Sklaven</l><lb/> <l>Sinnlicher Luſt, die aus der Tiefe, woraus ſie ſich aufſchwang,</l><lb/> <l>Ueber die hoͤchſte Vernunft die Oberherrſchaft verlangte.</l><lb/> <l>Aus ſolch einem zerruͤtteten Herzen erneuerte <hi rendition="#fr">Adam,</hi></l><lb/> <l>Mit verſtelltem Geſicht, und ſehr veraͤndertem Tone,<lb/><note place="left">1165</note>Seine traurigen Worte nach langem Schweigen an <hi rendition="#fr">Eva.</hi>.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Waͤrſt du doch meinen Worten gefolgt, und waͤreſt geblieben,</l><lb/> <l>Wie ich ſo zaͤrtlich dich bath, als dieſen ungluͤcklichen Morgen</l><lb/> <l>Die ſeltſame Begierd’ umher zu wandern, dir einfiel,</l><lb/> <l>Ohne zu wiſſen, warum: ſo waͤren wir itzo noch gluͤcklich,<lb/><note place="left">1170</note>Nicht, wie leider nunmehr, von allem Guten beraubet,</l><lb/> <l>Elend, nackend, beſchaͤmt! O ſuche doch niemand in Zukunft,</l><lb/> <l>Wenn die Noth ihn nicht zwingt, die ſchuldige Treu zu bewaͤhren.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [116/0138]
Das verlohrne Paradies.
So fand unter den Baͤumen von waldichten Jnſeln und Kuͤſten
Auch Columbo
t) den Amerikaner, mit Federn umguͤrtet,
Uebrigens nackend, und wild. Nachdem ſie ſich alſo bekleidet,
Und die beſchwerliche Schaam zum Theil, wie ſie meynten, verhuͤllet,
Ob ihr Herz gleich dadurch nicht ruhiger, leichter geworden:
Saßen ſie nieder, und weinten. Es ſtroͤmten nicht Thraͤnen allein nur
Aus den Augen; auch maͤchtige Stuͤrme begannen von innen
Zu entſtehn; Zorn, Mistraun, und Haß, und Zwietracht und Argwohn,
Die ihr Gemuͤth von Grund auf empoͤrten. So wie es vorhero
Still und friedlich geweſen, ſo war es itzt ſtuͤrmiſch und truͤbe.
Denn der Verſtand regierte nicht mehr; der Wille gehorchte
Seinen Lehren nicht weiter; ſie waren nur beyde die Sklaven
Sinnlicher Luſt, die aus der Tiefe, woraus ſie ſich aufſchwang,
Ueber die hoͤchſte Vernunft die Oberherrſchaft verlangte.
Aus ſolch einem zerruͤtteten Herzen erneuerte Adam,
Mit verſtelltem Geſicht, und ſehr veraͤndertem Tone,
Seine traurigen Worte nach langem Schweigen an Eva..
Waͤrſt du doch meinen Worten gefolgt, und waͤreſt geblieben,
Wie ich ſo zaͤrtlich dich bath, als dieſen ungluͤcklichen Morgen
Die ſeltſame Begierd’ umher zu wandern, dir einfiel,
Ohne zu wiſſen, warum: ſo waͤren wir itzo noch gluͤcklich,
Nicht, wie leider nunmehr, von allem Guten beraubet,
Elend, nackend, beſchaͤmt! O ſuche doch niemand in Zukunft,
Wenn die Noth ihn nicht zwingt, die ſchuldige Treu zu bewaͤhren.
Und
t) Columbus, der Amerika zuerſt im Jahr
1492 entdeckte, fand die Amerikaner ſo mit
Federn umguͤrtet, wie Adam und Eva
Schuͤrze von Feigenblaͤttern trugen. N.
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