Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Eva, nun seh ich, wie sehr du in dem feinsten Geschmacke 1050Meine Lehrerinn bist. Er ist das schlechteste Stück nicht Unserer Weisheit, indem wir ihn selbst vom Gedanken gebrauchen, Und den Gaumen verständig nennen. Nimm dieses mein Lob an, Da der heutige Tag von dir so trefflich besorgt ist. Welches
Eva, nun ſeh ich, wie ſehr du in dem feinſten Geſchmacke 1050Meine Lehrerinn biſt. Er iſt das ſchlechteſte Stuͤck nicht Unſerer Weisheit, indem wir ihn ſelbſt vom Gedanken gebrauchen, Und den Gaumen verſtaͤndig nennen. Nimm dieſes mein Lob an, Da der heutige Tag von dir ſo trefflich beſorgt iſt. Welches
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="41"> <l><pb facs="#f0131" n="111"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Neunter Geſang.</hi></fw><lb/><note place="left">1030</note>Sondern thoͤricht beſiegt vom Reize der weiblichen Schoͤnheit.</l><lb/> <l>Jtzt erbebte die Erd’ im innerſten Eingeweide,</l><lb/> <l>Wie vom neuen im Kampfe des Todes; die bange Natur ſtieß</l><lb/> <l>Jhre Seufzer zum zweytenmal aus; es umwoͤlkte die Luft ſich,</l><lb/> <l>Und ein dumpfichter Donner durchrollte den Himmel, und weinte<lb/><note place="left">1035</note>Einige traurige Tropfen, daß nun die toͤdtliche Suͤnde</l><lb/> <l>So vollbracht war. <hi rendition="#fr">Adam</hi> indeß bemerkt nicht die Zeichen,</l><lb/> <l>Sondern ſaͤttiget ſich nach ſeinem Gefallen; auch <hi rendition="#fr">Eva</hi></l><lb/> <l>Schenet ſich nicht, die begangene Suͤnde von neuem zu wagen,</l><lb/> <l>Um mit ihrer geliebten Geſellſchaft noch mehr ihm zu ſchmeicheln.<lb/><note place="left">1040</note>Beyde ſchwimmen nunmehr, als wie von Weine berauſchet,</l><lb/> <l>Jn Vergnuͤgen und Freuden; ſie fuͤhlen in ihren Gedanken</l><lb/> <l>Schon die wachſenden Fluͤgel zur Gottheit, womit ſie der Erde</l><lb/> <l>Spotten wollten im Flug. Doch eine ganz andere Wirkung</l><lb/> <l>Zeigte bereits die betruͤgliche Frucht. Zu fleiſchlichen Luͤſten<lb/><note place="left">1045</note>Wurden ſie bald drauf entflammt. Er ſchoß am erſten auf <hi rendition="#fr">Even</hi></l><lb/> <l>Seine luͤſternen Blicke; ſie gab ſie eben ſo luͤſtern</l><lb/> <l>Jhm mit wildem Verlangen zuruͤck. Sie brannten vor Wolluſt,</l><lb/> <l>Bis er zum Wunſche der Liebe mit folgenden Worten ſie fodert.</l> </lg><lb/> <lg n="42"> <l><hi rendition="#fr">Eva,</hi> nun ſeh ich, wie ſehr du in dem feinſten Geſchmacke<lb/><note place="left">1050</note>Meine Lehrerinn biſt. Er iſt das ſchlechteſte Stuͤck nicht</l><lb/> <l>Unſerer Weisheit, indem wir ihn ſelbſt vom Gedanken gebrauchen,</l><lb/> <l>Und den Gaumen verſtaͤndig nennen. Nimm dieſes mein Lob an,</l><lb/> <l>Da der heutige Tag von dir ſo trefflich beſorgt iſt.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Welches</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [111/0131]
Neunter Geſang.
Sondern thoͤricht beſiegt vom Reize der weiblichen Schoͤnheit.
Jtzt erbebte die Erd’ im innerſten Eingeweide,
Wie vom neuen im Kampfe des Todes; die bange Natur ſtieß
Jhre Seufzer zum zweytenmal aus; es umwoͤlkte die Luft ſich,
Und ein dumpfichter Donner durchrollte den Himmel, und weinte
Einige traurige Tropfen, daß nun die toͤdtliche Suͤnde
So vollbracht war. Adam indeß bemerkt nicht die Zeichen,
Sondern ſaͤttiget ſich nach ſeinem Gefallen; auch Eva
Schenet ſich nicht, die begangene Suͤnde von neuem zu wagen,
Um mit ihrer geliebten Geſellſchaft noch mehr ihm zu ſchmeicheln.
Beyde ſchwimmen nunmehr, als wie von Weine berauſchet,
Jn Vergnuͤgen und Freuden; ſie fuͤhlen in ihren Gedanken
Schon die wachſenden Fluͤgel zur Gottheit, womit ſie der Erde
Spotten wollten im Flug. Doch eine ganz andere Wirkung
Zeigte bereits die betruͤgliche Frucht. Zu fleiſchlichen Luͤſten
Wurden ſie bald drauf entflammt. Er ſchoß am erſten auf Even
Seine luͤſternen Blicke; ſie gab ſie eben ſo luͤſtern
Jhm mit wildem Verlangen zuruͤck. Sie brannten vor Wolluſt,
Bis er zum Wunſche der Liebe mit folgenden Worten ſie fodert.
Eva, nun ſeh ich, wie ſehr du in dem feinſten Geſchmacke
Meine Lehrerinn biſt. Er iſt das ſchlechteſte Stuͤck nicht
Unſerer Weisheit, indem wir ihn ſelbſt vom Gedanken gebrauchen,
Und den Gaumen verſtaͤndig nennen. Nimm dieſes mein Lob an,
Da der heutige Tag von dir ſo trefflich beſorgt iſt.
Welches
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