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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Das verlohrne Paradies.

Deren Tugend, (indem vom Guten nur Gutes entspringet,
Wenn unmittelbar nicht, doch durch die glücklichen Folgen;)
Diese herrliche Probe von deiner Liebe veranlaßt.
Könnt' ich glauben, es würde der Tod, so wie man gedrohet,
1010Wirklich erfolgen auf das, was geschehn ist: so wollt' ich das ärgste

Lieber allein auf mich nehmen; ich wollte zu nichts dich bereden,
Lieber verlassen, verstoßen seyn, als niedrig, o Adam,
Dich zu einer Handlung verleiten, die allzugefährlich
Deiner Zufriedenheit wäre; zumal, indem du mich eben
1015Deiner treuen, aufrichtgen, und unnachahmlichen Liebe

So unstreitig versicherst. Doch ich empfinde den Ausgang
Jn mir viel anders; ich fühle nicht Tod, nein, höheres Leben,
Offnere Augen, und neue Hoffnungen, neue Vergnügen;
Einen Geschmack, so göttlich, so fein, daß alles, was süß sonst
1020Meinen Sinnen geschmeichelt, itzt matt und herbe mir vorkömmt.

Traue denn meiner Erfahrung, o Adam, und koste du muthig,
Und die Furcht vorm Tode gieb in die verwehenden Winde.

Als sie so sprach, umarmte sie ihn, und weinte vor Freuden,
Zärtlich gerühret, daß er so seine Liebe geadelt,
1025Und aus Mitleid für sie den göttlichen Zorn, und den Tod selbst

Auszustehn großmüthig beschloß. Sie gab zur Belohnung,
(Keine beßre verdiente so schnöde gefällige Nachsicht,)

Jhm mit verschwendrischer Hand vom reizenden Zweige zu essen.
Wider sein besseres Wissen aß er; er ward nicht betrogen,
Sondern

Das verlohrne Paradies.

Deren Tugend, (indem vom Guten nur Gutes entſpringet,
Wenn unmittelbar nicht, doch durch die gluͤcklichen Folgen;)
Dieſe herrliche Probe von deiner Liebe veranlaßt.
Koͤnnt’ ich glauben, es wuͤrde der Tod, ſo wie man gedrohet,
1010Wirklich erfolgen auf das, was geſchehn iſt: ſo wollt’ ich das aͤrgſte

Lieber allein auf mich nehmen; ich wollte zu nichts dich bereden,
Lieber verlaſſen, verſtoßen ſeyn, als niedrig, o Adam,
Dich zu einer Handlung verleiten, die allzugefaͤhrlich
Deiner Zufriedenheit waͤre; zumal, indem du mich eben
1015Deiner treuen, aufrichtgen, und unnachahmlichen Liebe

So unſtreitig verſicherſt. Doch ich empfinde den Ausgang
Jn mir viel anders; ich fuͤhle nicht Tod, nein, hoͤheres Leben,
Offnere Augen, und neue Hoffnungen, neue Vergnuͤgen;
Einen Geſchmack, ſo goͤttlich, ſo fein, daß alles, was ſuͤß ſonſt
1020Meinen Sinnen geſchmeichelt, itzt matt und herbe mir vorkoͤmmt.

Traue denn meiner Erfahrung, o Adam, und koſte du muthig,
Und die Furcht vorm Tode gieb in die verwehenden Winde.

Als ſie ſo ſprach, umarmte ſie ihn, und weinte vor Freuden,
Zaͤrtlich geruͤhret, daß er ſo ſeine Liebe geadelt,
1025Und aus Mitleid fuͤr ſie den goͤttlichen Zorn, und den Tod ſelbſt

Auszuſtehn großmuͤthig beſchloß. Sie gab zur Belohnung,
(Keine beßre verdiente ſo ſchnoͤde gefaͤllige Nachſicht,)

Jhm mit verſchwendriſcher Hand vom reizenden Zweige zu eſſen.
Wider ſein beſſeres Wiſſen aß er; er ward nicht betrogen,
Sondern
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[110/0130] Das verlohrne Paradies. Deren Tugend, (indem vom Guten nur Gutes entſpringet, Wenn unmittelbar nicht, doch durch die gluͤcklichen Folgen;) Dieſe herrliche Probe von deiner Liebe veranlaßt. Koͤnnt’ ich glauben, es wuͤrde der Tod, ſo wie man gedrohet, Wirklich erfolgen auf das, was geſchehn iſt: ſo wollt’ ich das aͤrgſte Lieber allein auf mich nehmen; ich wollte zu nichts dich bereden, Lieber verlaſſen, verſtoßen ſeyn, als niedrig, o Adam, Dich zu einer Handlung verleiten, die allzugefaͤhrlich Deiner Zufriedenheit waͤre; zumal, indem du mich eben Deiner treuen, aufrichtgen, und unnachahmlichen Liebe So unſtreitig verſicherſt. Doch ich empfinde den Ausgang Jn mir viel anders; ich fuͤhle nicht Tod, nein, hoͤheres Leben, Offnere Augen, und neue Hoffnungen, neue Vergnuͤgen; Einen Geſchmack, ſo goͤttlich, ſo fein, daß alles, was ſuͤß ſonſt Meinen Sinnen geſchmeichelt, itzt matt und herbe mir vorkoͤmmt. Traue denn meiner Erfahrung, o Adam, und koſte du muthig, Und die Furcht vorm Tode gieb in die verwehenden Winde. Als ſie ſo ſprach, umarmte ſie ihn, und weinte vor Freuden, Zaͤrtlich geruͤhret, daß er ſo ſeine Liebe geadelt, Und aus Mitleid fuͤr ſie den goͤttlichen Zorn, und den Tod ſelbſt Auszuſtehn großmuͤthig beſchloß. Sie gab zur Belohnung, (Keine beßre verdiente ſo ſchnoͤde gefaͤllige Nachſicht,) Jhm mit verſchwendriſcher Hand vom reizenden Zweige zu eſſen. Wider ſein beſſeres Wiſſen aß er; er ward nicht betrogen, Sondern

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/130>, abgerufen am 25.11.2024.