Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. 510Aus einander, und vorwärts in Ordnung traten die großenHöllischen Fürsten. Jhr mächtiges Oberhaupt kam in der Mitte, Und schien auch schon allein der Gegner des Himmels; nichts schlechters, Als der gefürchtete Kayser der Höllen, im höhesten Pompe, Und mit nachgeahmtem gottähnlichen Staat. Jhn umschlossen 515Feurige Seraphim, rund umher, mit reich blasonirten Fahnen, und starrenden Spießen. Dann gieng der Befehl aus, es sollte Bey dem weittönenden Klang der Trompeten der große Reichsschluß Allen verkündiget werden. Vier schnelle Cherubim setzten Jhr hellschallendes Erz an den Mund, nach allen vier Winden 520Ruften der Herolde Stimmen ihn aus. Der hallende Abgrund Höret sie weit und breit, und alle Heere der Hölle Wiederholen es laut mit einem betäubenden Zuruf. Und die geschloßnen Schaaren begaben sich drauf aus einander Jtzt mit leichterem Herzen, und etwas gestärket von falscher, 525Scheinender Hoffnung, und wandernd nahm jeder, so wie ihn die Neigung, Oder die traurige Wahl in die Jrre führte, besonders Seinen einsamen Weg, um für die empörten Gedanken Einige Ruhe zu finden, und die verdrießlichen Stunden Bis zur erwünschten Zurückkunft des großen Führers zu täuschen. 530Einige kämpften untereinander [Spaltenumbruch] t) in offenen Ebnen Oder t) Diese kriegrischen Uebungen der
gefallnen Engel scheinen nach dem Ho- mer Il. II. 774. geschildert zu seyn, nur daß die Bilder nach der Natur [Spaltenumbruch] der hier beschriebnen Wesen erhöht worden. Vielleicht hatte der Dich- ter auch die Zeitverkürzungen der ab- geschiednen Helden in den elysäischen Fel- Das verlohrne Paradies. 510Aus einander, und vorwaͤrts in Ordnung traten die großenHoͤlliſchen Fuͤrſten. Jhr maͤchtiges Oberhaupt kam in der Mitte, Und ſchien auch ſchon allein der Gegner des Himmels; nichts ſchlechters, Als der gefuͤrchtete Kayſer der Hoͤllen, im hoͤheſten Pompe, Und mit nachgeahmtem gottaͤhnlichen Staat. Jhn umſchloſſen 515Feurige Seraphim, rund umher, mit reich blaſonirten Fahnen, und ſtarrenden Spießen. Dann gieng der Befehl aus, es ſollte Bey dem weittoͤnenden Klang der Trompeten der große Reichsſchluß Allen verkuͤndiget werden. Vier ſchnelle Cherubim ſetzten Jhr hellſchallendes Erz an den Mund, nach allen vier Winden 520Ruften der Herolde Stimmen ihn aus. Der hallende Abgrund Hoͤret ſie weit und breit, und alle Heere der Hoͤlle Wiederholen es laut mit einem betaͤubenden Zuruf. Und die geſchloßnen Schaaren begaben ſich drauf aus einander Jtzt mit leichterem Herzen, und etwas geſtaͤrket von falſcher, 525Scheinender Hoffnung, und wandernd nahm jeder, ſo wie ihn die Neigung, Oder die traurige Wahl in die Jrre fuͤhrte, beſonders Seinen einſamen Weg, um fuͤr die empoͤrten Gedanken Einige Ruhe zu finden, und die verdrießlichen Stunden Bis zur erwuͤnſchten Zuruͤckkunft des großen Fuͤhrers zu taͤuſchen. 530Einige kaͤmpften untereinander [Spaltenumbruch] t) in offenen Ebnen Oder t) Dieſe kriegriſchen Uebungen der
gefallnen Engel ſcheinen nach dem Ho- mer Il. II. 774. geſchildert zu ſeyn, nur daß die Bilder nach der Natur [Spaltenumbruch] der hier beſchriebnen Weſen erhoͤht worden. Vielleicht hatte der Dich- ter auch die Zeitverkuͤrzungen der ab- geſchiednen Helden in den elyſaͤiſchen Fel- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="11"> <pb facs="#f0086" n="70"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l><note place="left">510</note>Aus einander, und vorwaͤrts in Ordnung traten die großen</l><lb/> <l>Hoͤlliſchen Fuͤrſten. Jhr maͤchtiges Oberhaupt kam in der Mitte,</l><lb/> <l>Und ſchien auch ſchon allein der Gegner des Himmels; nichts ſchlechters,</l><lb/> <l>Als der gefuͤrchtete Kayſer der Hoͤllen, im hoͤheſten Pompe,</l><lb/> <l>Und mit nachgeahmtem gottaͤhnlichen Staat. Jhn umſchloſſen</l><lb/> <l><note place="left">515</note>Feurige Seraphim, rund umher, mit reich blaſonirten</l><lb/> <l>Fahnen, und ſtarrenden Spießen. Dann gieng der Befehl aus, es ſollte</l><lb/> <l>Bey dem weittoͤnenden Klang der Trompeten der große Reichsſchluß</l><lb/> <l>Allen verkuͤndiget werden. Vier ſchnelle Cherubim ſetzten</l><lb/> <l>Jhr hellſchallendes Erz an den Mund, nach allen vier Winden</l><lb/> <l><note place="left">520</note>Ruften der Herolde Stimmen ihn aus. Der hallende Abgrund</l><lb/> <l>Hoͤret ſie weit und breit, und alle Heere der Hoͤlle</l><lb/> <l>Wiederholen es laut mit einem betaͤubenden Zuruf.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Und die geſchloßnen Schaaren begaben ſich drauf aus einander</l><lb/> <l>Jtzt mit leichterem Herzen, und etwas geſtaͤrket von falſcher,</l><lb/> <l><note place="left">525</note>Scheinender Hoffnung, und wandernd nahm jeder, ſo wie ihn die Neigung,</l><lb/> <l>Oder die traurige Wahl in die Jrre fuͤhrte, beſonders</l><lb/> <l>Seinen einſamen Weg, um fuͤr die empoͤrten Gedanken</l><lb/> <l>Einige Ruhe zu finden, und die verdrießlichen Stunden</l><lb/> <l>Bis zur erwuͤnſchten Zuruͤckkunft des großen Fuͤhrers zu taͤuſchen.</l><lb/> <l><note place="left">530</note>Einige kaͤmpften untereinander <cb/> <note xml:id="a13" next="#a14" place="foot" n="t)">Dieſe kriegriſchen Uebungen der<lb/> gefallnen Engel ſcheinen nach dem Ho-<lb/> mer <hi rendition="#aq">Il. II.</hi> 774. geſchildert zu ſeyn,<lb/> nur daß die Bilder nach der Natur<lb/><cb/> der hier beſchriebnen Weſen erhoͤht<lb/> worden. Vielleicht hatte der Dich-<lb/> ter auch die Zeitverkuͤrzungen der ab-<lb/> geſchiednen Helden in den elyſaͤiſchen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Fel-</fw></note> in offenen Ebnen</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Oder</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [70/0086]
Das verlohrne Paradies.
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Hoͤlliſchen Fuͤrſten. Jhr maͤchtiges Oberhaupt kam in der Mitte,
Und ſchien auch ſchon allein der Gegner des Himmels; nichts ſchlechters,
Als der gefuͤrchtete Kayſer der Hoͤllen, im hoͤheſten Pompe,
Und mit nachgeahmtem gottaͤhnlichen Staat. Jhn umſchloſſen
Feurige Seraphim, rund umher, mit reich blaſonirten
Fahnen, und ſtarrenden Spießen. Dann gieng der Befehl aus, es ſollte
Bey dem weittoͤnenden Klang der Trompeten der große Reichsſchluß
Allen verkuͤndiget werden. Vier ſchnelle Cherubim ſetzten
Jhr hellſchallendes Erz an den Mund, nach allen vier Winden
Ruften der Herolde Stimmen ihn aus. Der hallende Abgrund
Hoͤret ſie weit und breit, und alle Heere der Hoͤlle
Wiederholen es laut mit einem betaͤubenden Zuruf.
Und die geſchloßnen Schaaren begaben ſich drauf aus einander
Jtzt mit leichterem Herzen, und etwas geſtaͤrket von falſcher,
Scheinender Hoffnung, und wandernd nahm jeder, ſo wie ihn die Neigung,
Oder die traurige Wahl in die Jrre fuͤhrte, beſonders
Seinen einſamen Weg, um fuͤr die empoͤrten Gedanken
Einige Ruhe zu finden, und die verdrießlichen Stunden
Bis zur erwuͤnſchten Zuruͤckkunft des großen Fuͤhrers zu taͤuſchen.
Einige kaͤmpften untereinander
t) in offenen Ebnen
Oder
t) Dieſe kriegriſchen Uebungen der
gefallnen Engel ſcheinen nach dem Ho-
mer Il. II. 774. geſchildert zu ſeyn,
nur daß die Bilder nach der Natur
der hier beſchriebnen Weſen erhoͤht
worden. Vielleicht hatte der Dich-
ter auch die Zeitverkuͤrzungen der ab-
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