Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Tiefe Stille, so still als die Nacht, oder ruhende Lüfte,Jn dem Mittag des Sommers, indem er so anfieng, zu reden: Thronen, und fürstliche Mächte, ätherische Kräfte; des Himmels Nachkommen; oder sollen wir diesen Würden entsagen, 315Und mit veränderten Titeln uns Fürsten der Hölle benennen? Denn so scheint es, als ob sich der Wunsch der meisten erkläre, Hier zu bleiben, und hier ein wachsendes Reich zu errichten; Ohne Zweifel, indem wir träumen, und nicht erwägen, Daß der König des Himmels den schrecklichen Ort zum Gefängniß, 320Nicht zur sichern Zuflucht vor seinem mächtigen Arm uns Angewiesen; nicht hier, von der hohen Herrschaft des Himmels Ausgenommen, zu leben, in einem neuen Verbündniß Wider seinen erhabnen Thron; vielmehr aufs genauste Jn der strengesten Knechtschaft zu bleiben, und, ob wir so fern gleich 325Von ihm verwiesen sind, dennoch als seine gefangenen Schaaren Aufgespart, die Nacken dem schimpflichen Joche zu beugen. Denn Er, seyd es versichert, wird in der Höh und der Tiefe, Wird als der Erst' und der Letzte beständig monarchisch regieren. Er bleibt König allein, und unsers Aufstandes wegen 330Wird er den kleinsten Theil nicht von seiner Herrschaft verlieren; Sondern über die Hölle sein Reich erstrecken, und hier uns Mit dem eisernen Zepter m) regieren, so wie mit dem goldnen Seine Geliebten im Himmel. Was sitzen wir denn, und entwerfen Krieg m) Das eiserne Zepter ist nach Ps. II, 9. so wie das goldne nach Esther
V, 2. Hume. Das verlohrne Paradies. Tiefe Stille, ſo ſtill als die Nacht, oder ruhende Luͤfte,Jn dem Mittag des Sommers, indem er ſo anfieng, zu reden: Thronen, und fuͤrſtliche Maͤchte, aͤtheriſche Kraͤfte; des Himmels Nachkommen; oder ſollen wir dieſen Wuͤrden entſagen, 315Und mit veraͤnderten Titeln uns Fuͤrſten der Hoͤlle benennen? Denn ſo ſcheint es, als ob ſich der Wunſch der meiſten erklaͤre, Hier zu bleiben, und hier ein wachſendes Reich zu errichten; Ohne Zweifel, indem wir traͤumen, und nicht erwaͤgen, Daß der Koͤnig des Himmels den ſchrecklichen Ort zum Gefaͤngniß, 320Nicht zur ſichern Zuflucht vor ſeinem maͤchtigen Arm uns Angewieſen; nicht hier, von der hohen Herrſchaft des Himmels Ausgenommen, zu leben, in einem neuen Verbuͤndniß Wider ſeinen erhabnen Thron; vielmehr aufs genauſte Jn der ſtrengeſten Knechtſchaft zu bleiben, und, ob wir ſo fern gleich 325Von ihm verwieſen ſind, dennoch als ſeine gefangenen Schaaren Aufgeſpart, die Nacken dem ſchimpflichen Joche zu beugen. Denn Er, ſeyd es verſichert, wird in der Hoͤh und der Tiefe, Wird als der Erſt’ und der Letzte beſtaͤndig monarchiſch regieren. Er bleibt Koͤnig allein, und unſers Aufſtandes wegen 330Wird er den kleinſten Theil nicht von ſeiner Herrſchaft verlieren; Sondern uͤber die Hoͤlle ſein Reich erſtrecken, und hier uns Mit dem eiſernen Zepter m) regieren, ſo wie mit dem goldnen Seine Geliebten im Himmel. Was ſitzen wir denn, und entwerfen Krieg m) Das eiſerne Zepter iſt nach Pſ. II, 9. ſo wie das goldne nach Eſther
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Das verlohrne Paradies.
Tiefe Stille, ſo ſtill als die Nacht, oder ruhende Luͤfte,
Jn dem Mittag des Sommers, indem er ſo anfieng, zu reden:
Thronen, und fuͤrſtliche Maͤchte, aͤtheriſche Kraͤfte; des Himmels
Nachkommen; oder ſollen wir dieſen Wuͤrden entſagen,
Und mit veraͤnderten Titeln uns Fuͤrſten der Hoͤlle benennen?
Denn ſo ſcheint es, als ob ſich der Wunſch der meiſten erklaͤre,
Hier zu bleiben, und hier ein wachſendes Reich zu errichten;
Ohne Zweifel, indem wir traͤumen, und nicht erwaͤgen,
Daß der Koͤnig des Himmels den ſchrecklichen Ort zum Gefaͤngniß,
Nicht zur ſichern Zuflucht vor ſeinem maͤchtigen Arm uns
Angewieſen; nicht hier, von der hohen Herrſchaft des Himmels
Ausgenommen, zu leben, in einem neuen Verbuͤndniß
Wider ſeinen erhabnen Thron; vielmehr aufs genauſte
Jn der ſtrengeſten Knechtſchaft zu bleiben, und, ob wir ſo fern gleich
Von ihm verwieſen ſind, dennoch als ſeine gefangenen Schaaren
Aufgeſpart, die Nacken dem ſchimpflichen Joche zu beugen.
Denn Er, ſeyd es verſichert, wird in der Hoͤh und der Tiefe,
Wird als der Erſt’ und der Letzte beſtaͤndig monarchiſch regieren.
Er bleibt Koͤnig allein, und unſers Aufſtandes wegen
Wird er den kleinſten Theil nicht von ſeiner Herrſchaft verlieren;
Sondern uͤber die Hoͤlle ſein Reich erſtrecken, und hier uns
Mit dem eiſernen Zepter m) regieren, ſo wie mit dem goldnen
Seine Geliebten im Himmel. Was ſitzen wir denn, und entwerfen
Krieg
m) Das eiſerne Zepter iſt nach Pſ. II, 9. ſo wie das goldne nach Eſther
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