Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. 150Und ambrosialische Blumen die Lüfte durchhauchten,Unsre sklavischen Opfer. Dies müßte das einz'ge Geschäffte, Unser einzigs Vergnügen im Himmel seyn. O wie verdrüßlich Wäre die Ewigkeit nicht, die wir mit dessen Anbetung Zubringen müßten, den wir so hassen! Laßt darum nicht länger 255Nach dem vorigen Stande der glänzenden Knechtschaft uns streben. Er ist nicht mit Gewalt zu erlangen, und, eine Gnade, Jst er, auch selber im Himmel, nicht anzunehmen. Nein, lieber Suchen wir unser eigenes Heil in uns selber, und leben Jn dem unsern, für uns allein; hier im wüsten Bezirk zwar, 260Aber doch frey und unabhängig. Laßt denn uns die Freyheit, Harte Freyheit, dem leichteren Joche des sklavischen Pompes Herzhaft vorziehn. Unsere Größe wird dann sich am hellsten Zeigen, wenn wir aus kleinen Dingen erhabene Dinge, Nutzen aus unserem Schaden, und Glück aus Unglück erschaffen; 265Und, an welchem Ort es auch sey, selbst unter dem Unglück Herrlicher werden, und Ruh und Vergnügen durch Arbeit und Leiden Aus der Marter heraus wirken können. Wie? fürchten wir etwan Diese tiefe finstere Welt? Wie oft liebt des Himmels Alles beherrschender Herr in düstern schrecklichen Wolken, [Spaltenumbruch] h) 270Ohne daß sich sein Glanz dadurch verdunkelt, zu sitzen, Und hüllt seinen Thron in majestätische Nacht ein. Tiefe h) Nach Ps. XVIII, 13. Sein
Gezelt um ihn her war finster, und schwarze dicke Wolken, dar- inn er verborgen war. -- Der Herr donnerte im Himmel, und [Spaltenumbruch] der Herr ließ seinen Donner aus mit Hagel und Blitzen. Und nach Ps. XCVII, 2. Wolken und Dunkel ist um ihn her. N. Das verlohrne Paradies. 150Und ambroſialiſche Blumen die Luͤfte durchhauchten,Unſre ſklaviſchen Opfer. Dies muͤßte das einz’ge Geſchaͤffte, Unſer einzigs Vergnuͤgen im Himmel ſeyn. O wie verdruͤßlich Waͤre die Ewigkeit nicht, die wir mit deſſen Anbetung Zubringen muͤßten, den wir ſo haſſen! Laßt darum nicht laͤnger 255Nach dem vorigen Stande der glaͤnzenden Knechtſchaft uns ſtreben. Er iſt nicht mit Gewalt zu erlangen, und, eine Gnade, Jſt er, auch ſelber im Himmel, nicht anzunehmen. Nein, lieber Suchen wir unſer eigenes Heil in uns ſelber, und leben Jn dem unſern, fuͤr uns allein; hier im wuͤſten Bezirk zwar, 260Aber doch frey und unabhaͤngig. Laßt denn uns die Freyheit, Harte Freyheit, dem leichteren Joche des ſklaviſchen Pompes Herzhaft vorziehn. Unſere Groͤße wird dann ſich am hellſten Zeigen, wenn wir aus kleinen Dingen erhabene Dinge, Nutzen aus unſerem Schaden, und Gluͤck aus Ungluͤck erſchaffen; 265Und, an welchem Ort es auch ſey, ſelbſt unter dem Ungluͤck Herrlicher werden, und Ruh und Vergnuͤgen durch Arbeit und Leiden Aus der Marter heraus wirken koͤnnen. Wie? fuͤrchten wir etwan Dieſe tiefe finſtere Welt? Wie oft liebt des Himmels Alles beherrſchender Herr in duͤſtern ſchrecklichen Wolken, [Spaltenumbruch] h) 270Ohne daß ſich ſein Glanz dadurch verdunkelt, zu ſitzen, Und huͤllt ſeinen Thron in majeſtaͤtiſche Nacht ein. Tiefe h) Nach Pſ. XVIII, 13. Sein
Gezelt um ihn her war finſter, und ſchwarze dicke Wolken, dar- inn er verborgen war. — Der Herr donnerte im Himmel, und [Spaltenumbruch] der Herr ließ ſeinen Donner aus mit Hagel und Blitzen. Und nach Pſ. XCVII, 2. Wolken und Dunkel iſt um ihn her. N. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <pb facs="#f0072" n="56"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l><note place="left">150</note>Und ambroſialiſche Blumen die Luͤfte durchhauchten,</l><lb/> <l>Unſre ſklaviſchen Opfer. Dies muͤßte das einz’ge Geſchaͤffte,</l><lb/> <l>Unſer einzigs Vergnuͤgen im Himmel ſeyn. O wie verdruͤßlich</l><lb/> <l>Waͤre die Ewigkeit nicht, die wir mit deſſen Anbetung</l><lb/> <l>Zubringen muͤßten, den wir ſo haſſen! Laßt darum nicht laͤnger</l><lb/> <l><note place="left">255</note>Nach dem vorigen Stande der glaͤnzenden Knechtſchaft uns ſtreben.</l><lb/> <l>Er iſt nicht mit Gewalt zu erlangen, und, eine Gnade,</l><lb/> <l>Jſt er, auch ſelber im Himmel, nicht anzunehmen. Nein, lieber</l><lb/> <l>Suchen wir unſer eigenes Heil in uns ſelber, und leben</l><lb/> <l>Jn dem unſern, fuͤr uns allein; hier im wuͤſten Bezirk zwar,</l><lb/> <l><note place="left">260</note>Aber doch frey und unabhaͤngig. Laßt denn uns die Freyheit,</l><lb/> <l>Harte Freyheit, dem leichteren Joche des ſklaviſchen Pompes</l><lb/> <l>Herzhaft vorziehn. Unſere Groͤße wird dann ſich am hellſten</l><lb/> <l>Zeigen, wenn wir aus kleinen Dingen erhabene Dinge,</l><lb/> <l>Nutzen aus unſerem Schaden, und Gluͤck aus Ungluͤck erſchaffen;</l><lb/> <l><note place="left">265</note>Und, an welchem Ort es auch ſey, ſelbſt unter dem Ungluͤck</l><lb/> <l>Herrlicher werden, und Ruh und Vergnuͤgen durch Arbeit und Leiden</l><lb/> <l>Aus der Marter heraus wirken koͤnnen. Wie? fuͤrchten wir etwan</l><lb/> <l>Dieſe tiefe finſtere Welt? Wie oft liebt des Himmels</l><lb/> <l>Alles beherrſchender Herr in duͤſtern ſchrecklichen Wolken, <cb/> <note place="foot" n="h)">Nach Pſ. <hi rendition="#aq">XVIII,</hi> 13. <hi rendition="#fr">Sein<lb/> Gezelt um ihn her war finſter,<lb/> und ſchwarze dicke Wolken, dar-<lb/> inn er verborgen war. — Der<lb/> Herr donnerte im Himmel, und<lb/><cb/> der Herr ließ ſeinen Donner aus<lb/> mit Hagel und Blitzen.</hi> Und nach<lb/> Pſ. <hi rendition="#aq">XCVII,</hi> 2. <hi rendition="#fr">Wolken und Dunkel<lb/> iſt um ihn her. N.</hi></note></l><lb/> <l><note place="left">270</note>Ohne daß ſich ſein Glanz dadurch verdunkelt, zu ſitzen,</l><lb/> <l>Und huͤllt ſeinen Thron in majeſtaͤtiſche Nacht ein.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Tiefe</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [56/0072]
Das verlohrne Paradies.
Und ambroſialiſche Blumen die Luͤfte durchhauchten,
Unſre ſklaviſchen Opfer. Dies muͤßte das einz’ge Geſchaͤffte,
Unſer einzigs Vergnuͤgen im Himmel ſeyn. O wie verdruͤßlich
Waͤre die Ewigkeit nicht, die wir mit deſſen Anbetung
Zubringen muͤßten, den wir ſo haſſen! Laßt darum nicht laͤnger
Nach dem vorigen Stande der glaͤnzenden Knechtſchaft uns ſtreben.
Er iſt nicht mit Gewalt zu erlangen, und, eine Gnade,
Jſt er, auch ſelber im Himmel, nicht anzunehmen. Nein, lieber
Suchen wir unſer eigenes Heil in uns ſelber, und leben
Jn dem unſern, fuͤr uns allein; hier im wuͤſten Bezirk zwar,
Aber doch frey und unabhaͤngig. Laßt denn uns die Freyheit,
Harte Freyheit, dem leichteren Joche des ſklaviſchen Pompes
Herzhaft vorziehn. Unſere Groͤße wird dann ſich am hellſten
Zeigen, wenn wir aus kleinen Dingen erhabene Dinge,
Nutzen aus unſerem Schaden, und Gluͤck aus Ungluͤck erſchaffen;
Und, an welchem Ort es auch ſey, ſelbſt unter dem Ungluͤck
Herrlicher werden, und Ruh und Vergnuͤgen durch Arbeit und Leiden
Aus der Marter heraus wirken koͤnnen. Wie? fuͤrchten wir etwan
Dieſe tiefe finſtere Welt? Wie oft liebt des Himmels
Alles beherrſchender Herr in duͤſtern ſchrecklichen Wolken,
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Ohne daß ſich ſein Glanz dadurch verdunkelt, zu ſitzen,
Und huͤllt ſeinen Thron in majeſtaͤtiſche Nacht ein.
Tiefe
h) Nach Pſ. XVIII, 13. Sein
Gezelt um ihn her war finſter,
und ſchwarze dicke Wolken, dar-
inn er verborgen war. — Der
Herr donnerte im Himmel, und
der Herr ließ ſeinen Donner aus
mit Hagel und Blitzen. Und nach
Pſ. XCVII, 2. Wolken und Dunkel
iſt um ihn her. N.
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