Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Zweyter Gesang. Noch erwarten läßt; da dies Loos zwar itzo nicht glücklich,Doch nur schlimm ist; schlimm, doch nicht das schlimmste, wofern wir Selbst nicht Ursach geben zu neuen und größeren Schmerzen. Belial rieth so mit Worten, die in das Gewand der Vernunft sich 230Eingekleidet, unedle Ruh, und friedvolle Faulheit, Aber nicht wahren Frieden. Und Mammon sprach nach ihm also: Wir bekriegen entweder, wofern der Krieg zu erwählen, Jhn zu entthronen, den König des Himmels; oder wir suchen Unser eignes verlohrnes Recht aufs neu zu erobern. 235Jhn zu entthronen, mögen wir dann vergeblich nicht hoffen, Wenn das ewige Schicksal dem unbeständigen Zufall Weichen wird, und das Chaos den großen Streit wird entscheiden. Eitel ist es, das erste zu hoffen, und eben so eitel Jst das letzte. Denn was für ein Platz kann für uns in des Himmels 240Grenzen seyn, wenn wir nicht ihn, den obersten Herrscher des Himmels, Ueberwinden? Gesetzt, in seinem Zorne besänftigt, Böt' er uns allen Vergebung an, wofern wir von neuem Jhm Gehorsam versprächen; mit welchem Antlitze könnten Wir vor ihm gedemüthigt stehn, und die scharfen Gesetze 245Von ihm empfangen; -- vor seinem Thron mit harmonischen Hymnen Jhm zu feyern, und seiner Gottheit so manches gezwungne Hallelujah zu singen, indem er, als unser Beherrscher, Auf dem so beneideten Stuhle gebieterisch säße, Und von seinem Altar ambrosialische Düfte, Und
Zweyter Geſang. Noch erwarten laͤßt; da dies Loos zwar itzo nicht gluͤcklich,Doch nur ſchlimm iſt; ſchlimm, doch nicht das ſchlimmſte, wofern wir Selbſt nicht Urſach geben zu neuen und groͤßeren Schmerzen. Belial rieth ſo mit Worten, die in das Gewand der Vernunft ſich 230Eingekleidet, unedle Ruh, und friedvolle Faulheit, Aber nicht wahren Frieden. Und Mammon ſprach nach ihm alſo: Wir bekriegen entweder, wofern der Krieg zu erwaͤhlen, Jhn zu entthronen, den Koͤnig des Himmels; oder wir ſuchen Unſer eignes verlohrnes Recht aufs neu zu erobern. 235Jhn zu entthronen, moͤgen wir dann vergeblich nicht hoffen, Wenn das ewige Schickſal dem unbeſtaͤndigen Zufall Weichen wird, und das Chaos den großen Streit wird entſcheiden. Eitel iſt es, das erſte zu hoffen, und eben ſo eitel Jſt das letzte. Denn was fuͤr ein Platz kann fuͤr uns in des Himmels 240Grenzen ſeyn, wenn wir nicht ihn, den oberſten Herrſcher des Himmels, Ueberwinden? Geſetzt, in ſeinem Zorne beſaͤnftigt, Boͤt’ er uns allen Vergebung an, wofern wir von neuem Jhm Gehorſam verſpraͤchen; mit welchem Antlitze koͤnnten Wir vor ihm gedemuͤthigt ſtehn, und die ſcharfen Geſetze 245Von ihm empfangen; — vor ſeinem Thron mit harmoniſchen Hymnen Jhm zu feyern, und ſeiner Gottheit ſo manches gezwungne Hallelujah zu ſingen, indem er, als unſer Beherrſcher, Auf dem ſo beneideten Stuhle gebieteriſch ſaͤße, Und von ſeinem Altar ambroſialiſche Duͤfte, Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="5"> <pb facs="#f0071" n="55"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Noch erwarten laͤßt; da dies Loos zwar itzo nicht gluͤcklich,</l><lb/> <l>Doch nur ſchlimm iſt; ſchlimm, doch nicht das ſchlimmſte, wofern wir</l><lb/> <l>Selbſt nicht Urſach geben zu neuen und groͤßeren Schmerzen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l><hi rendition="#fr">Belial</hi> rieth ſo mit Worten, die in das Gewand der Vernunft ſich</l><lb/> <l><note place="left">230</note>Eingekleidet, unedle Ruh, und friedvolle Faulheit,</l><lb/> <l>Aber nicht wahren Frieden. Und <hi rendition="#fr">Mammon</hi> ſprach nach ihm alſo:</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wir bekriegen entweder, wofern der Krieg zu erwaͤhlen,</l><lb/> <l>Jhn zu entthronen, den Koͤnig des Himmels; oder wir ſuchen</l><lb/> <l>Unſer eignes verlohrnes Recht aufs neu zu erobern.</l><lb/> <l><note place="left">235</note>Jhn zu entthronen, moͤgen wir dann vergeblich nicht hoffen,</l><lb/> <l>Wenn das ewige Schickſal dem unbeſtaͤndigen Zufall</l><lb/> <l>Weichen wird, und das Chaos den großen Streit wird entſcheiden.</l><lb/> <l>Eitel iſt es, das erſte zu hoffen, und eben ſo eitel</l><lb/> <l>Jſt das letzte. Denn was fuͤr ein Platz kann fuͤr uns in des Himmels</l><lb/> <l><note place="left">240</note>Grenzen ſeyn, wenn wir nicht ihn, den oberſten Herrſcher des Himmels,</l><lb/> <l>Ueberwinden? Geſetzt, in ſeinem Zorne beſaͤnftigt,</l><lb/> <l>Boͤt’ er uns allen Vergebung an, wofern wir von neuem</l><lb/> <l>Jhm Gehorſam verſpraͤchen; mit welchem Antlitze koͤnnten</l><lb/> <l>Wir vor ihm gedemuͤthigt ſtehn, und die ſcharfen Geſetze</l><lb/> <l><note place="left">245</note>Von ihm empfangen; — vor ſeinem Thron mit harmoniſchen Hymnen</l><lb/> <l>Jhm zu feyern, und ſeiner Gottheit ſo manches gezwungne</l><lb/> <l>Hallelujah zu ſingen, indem er, als unſer Beherrſcher,</l><lb/> <l>Auf dem ſo beneideten Stuhle gebieteriſch ſaͤße,</l><lb/> <l>Und von ſeinem Altar ambroſialiſche Duͤfte,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [55/0071]
Zweyter Geſang.
Noch erwarten laͤßt; da dies Loos zwar itzo nicht gluͤcklich,
Doch nur ſchlimm iſt; ſchlimm, doch nicht das ſchlimmſte, wofern wir
Selbſt nicht Urſach geben zu neuen und groͤßeren Schmerzen.
Belial rieth ſo mit Worten, die in das Gewand der Vernunft ſich
Eingekleidet, unedle Ruh, und friedvolle Faulheit,
Aber nicht wahren Frieden. Und Mammon ſprach nach ihm alſo:
Wir bekriegen entweder, wofern der Krieg zu erwaͤhlen,
Jhn zu entthronen, den Koͤnig des Himmels; oder wir ſuchen
Unſer eignes verlohrnes Recht aufs neu zu erobern.
Jhn zu entthronen, moͤgen wir dann vergeblich nicht hoffen,
Wenn das ewige Schickſal dem unbeſtaͤndigen Zufall
Weichen wird, und das Chaos den großen Streit wird entſcheiden.
Eitel iſt es, das erſte zu hoffen, und eben ſo eitel
Jſt das letzte. Denn was fuͤr ein Platz kann fuͤr uns in des Himmels
Grenzen ſeyn, wenn wir nicht ihn, den oberſten Herrſcher des Himmels,
Ueberwinden? Geſetzt, in ſeinem Zorne beſaͤnftigt,
Boͤt’ er uns allen Vergebung an, wofern wir von neuem
Jhm Gehorſam verſpraͤchen; mit welchem Antlitze koͤnnten
Wir vor ihm gedemuͤthigt ſtehn, und die ſcharfen Geſetze
Von ihm empfangen; — vor ſeinem Thron mit harmoniſchen Hymnen
Jhm zu feyern, und ſeiner Gottheit ſo manches gezwungne
Hallelujah zu ſingen, indem er, als unſer Beherrſcher,
Auf dem ſo beneideten Stuhle gebieteriſch ſaͤße,
Und von ſeinem Altar ambroſialiſche Duͤfte,
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |