Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Kann, oder will? Ob er kann, daran ist billig zu zweifeln;155Daß er nimmer will, ist gewiß. Wird Er, der Allweise, Seinen Zorn, entweder aus Schwachheit, oder Versehen, Auf einmal, und so sehr, auf unsere Häupter verschütten, Daß er dadurch die Wünsche von seinen Feinden erfülle, Und in seinem Zorn sie zernichte; da eben sein Zorn sie 160Zu unendlichen Strafen verspart? Was zaudern wir also, Sagen die, so zum Krieg uns rathen? Zu ewigen Schmerzen Sind wir verurtheilt, bestimmt, und aufgehoben, wir mögen Thun, |was wir können, und wollen; was können wir mehr denn noch leiden, Und was können wir ärgers leiden! -- Jst dies denn das ärgste, 165So zu sitzen? so Rath zu halten? und so in den Waffen? Was! indem wir erschrocken dahinflohn, verfolgt und getroffen Von des Himmls strafendem Donner, und unten die Tiefe Baten, uns zu bedecken: Da schien uns auch diese Hölle Eine Zuflucht vor jenen Wunden; und als wir gefesselt 170Auf dem brennenden Abgrunde lagen; gewiß, das war ärger! Oder wenn itzo der Athem, der diese grimmigen Feuer [Spaltenumbruch] f) Anzündet, wieder erwacht, und zu siebenfältiger Wuth sie Anbläst, und in die Flammen uns stürzet; oder von oben Jene blitzende Rechte der nachgelassenen Rache 175Wieder von neuem sich waffnet, um uns zu plagen? Wie, wenn sie Alle f) Es. XXX, 33. Denn die Gru-
be ist von gestern her zugericht -- tief und weit genug, so ist die Wohnung darinnen, Feuer und [Spaltenumbruch] Holz die Menge. Der Odem des Herrn wird sie anzünden, wie ei- nen Schwefelstrom. N. Das verlohrne Paradies. Kann, oder will? Ob er kann, daran iſt billig zu zweifeln;155Daß er nimmer will, iſt gewiß. Wird Er, der Allweiſe, Seinen Zorn, entweder aus Schwachheit, oder Verſehen, Auf einmal, und ſo ſehr, auf unſere Haͤupter verſchuͤtten, Daß er dadurch die Wuͤnſche von ſeinen Feinden erfuͤlle, Und in ſeinem Zorn ſie zernichte; da eben ſein Zorn ſie 160Zu unendlichen Strafen verſpart? Was zaudern wir alſo, Sagen die, ſo zum Krieg uns rathen? Zu ewigen Schmerzen Sind wir verurtheilt, beſtimmt, und aufgehoben, wir moͤgen Thun, |was wir koͤnnen, und wollen; was koͤnnen wir mehr denn noch leiden, Und was koͤnnen wir aͤrgers leiden! — Jſt dies denn das aͤrgſte, 165So zu ſitzen? ſo Rath zu halten? und ſo in den Waffen? Was! indem wir erſchrocken dahinflohn, verfolgt und getroffen Von des Himmls ſtrafendem Donner, und unten die Tiefe Baten, uns zu bedecken: Da ſchien uns auch dieſe Hoͤlle Eine Zuflucht vor jenen Wunden; und als wir gefeſſelt 170Auf dem brennenden Abgrunde lagen; gewiß, das war aͤrger! Oder wenn itzo der Athem, der dieſe grimmigen Feuer [Spaltenumbruch] f) Anzuͤndet, wieder erwacht, und zu ſiebenfaͤltiger Wuth ſie Anblaͤſt, und in die Flammen uns ſtuͤrzet; oder von oben Jene blitzende Rechte der nachgelaſſenen Rache 175Wieder von neuem ſich waffnet, um uns zu plagen? Wie, wenn ſie Alle f) Eſ. XXX, 33. Denn die Gru-
be iſt von geſtern her zugericht — tief und weit genug, ſo iſt die Wohnung darinnen, Feuer und [Spaltenumbruch] Holz die Menge. Der Odem des Herrn wird ſie anzünden, wie ei- nen Schwefelſtrom. N. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="5"> <pb facs="#f0068" n="52"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l>Kann, oder will? Ob er kann, daran iſt billig zu zweifeln;</l><lb/> <l><note place="left">155</note>Daß er nimmer will, iſt gewiß. Wird Er, der Allweiſe,</l><lb/> <l>Seinen Zorn, entweder aus Schwachheit, oder Verſehen,</l><lb/> <l>Auf einmal, und ſo ſehr, auf unſere Haͤupter verſchuͤtten,</l><lb/> <l>Daß er dadurch die Wuͤnſche von ſeinen Feinden erfuͤlle,</l><lb/> <l>Und in ſeinem Zorn ſie zernichte; da eben ſein Zorn ſie</l><lb/> <l><note place="left">160</note>Zu unendlichen Strafen verſpart? Was zaudern wir alſo,</l><lb/> <l>Sagen die, ſo zum Krieg uns rathen? Zu ewigen Schmerzen</l><lb/> <l>Sind wir verurtheilt, beſtimmt, und aufgehoben, wir moͤgen</l><lb/> <l>Thun, |was wir koͤnnen, und wollen; was koͤnnen wir mehr denn noch leiden,</l><lb/> <l>Und was koͤnnen wir aͤrgers leiden! — Jſt dies denn das aͤrgſte,</l><lb/> <l><note place="left">165</note>So zu ſitzen? ſo Rath zu halten? und ſo in den Waffen?</l><lb/> <l>Was! indem wir erſchrocken dahinflohn, verfolgt und getroffen</l><lb/> <l>Von des Himmls ſtrafendem Donner, und unten die Tiefe</l><lb/> <l>Baten, uns zu bedecken: Da ſchien uns auch dieſe Hoͤlle</l><lb/> <l>Eine Zuflucht vor jenen Wunden; und als wir gefeſſelt</l><lb/> <l><note place="left">170</note>Auf dem brennenden Abgrunde lagen; gewiß, das war aͤrger!</l><lb/> <l>Oder wenn itzo der Athem, der dieſe grimmigen Feuer <cb/> <note place="foot" n="f)">Eſ. <hi rendition="#aq">XXX,</hi> 33. <hi rendition="#fr">Denn die Gru-<lb/> be iſt von geſtern her zugericht —<lb/> tief und weit genug, ſo iſt die<lb/> Wohnung darinnen, Feuer und<lb/><cb/> Holz die Menge. Der Odem des<lb/> Herrn wird ſie anzünden, wie ei-<lb/> nen Schwefelſtrom. N.</hi></note></l><lb/> <l>Anzuͤndet, wieder erwacht, und zu ſiebenfaͤltiger Wuth ſie</l><lb/> <l>Anblaͤſt, und in die Flammen uns ſtuͤrzet; oder von oben</l><lb/> <l>Jene blitzende Rechte der nachgelaſſenen Rache</l><lb/> <l><note place="left">175</note>Wieder von neuem ſich waffnet, um uns zu plagen? Wie, wenn ſie</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Alle</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [52/0068]
Das verlohrne Paradies.
Kann, oder will? Ob er kann, daran iſt billig zu zweifeln;
Daß er nimmer will, iſt gewiß. Wird Er, der Allweiſe,
Seinen Zorn, entweder aus Schwachheit, oder Verſehen,
Auf einmal, und ſo ſehr, auf unſere Haͤupter verſchuͤtten,
Daß er dadurch die Wuͤnſche von ſeinen Feinden erfuͤlle,
Und in ſeinem Zorn ſie zernichte; da eben ſein Zorn ſie
Zu unendlichen Strafen verſpart? Was zaudern wir alſo,
Sagen die, ſo zum Krieg uns rathen? Zu ewigen Schmerzen
Sind wir verurtheilt, beſtimmt, und aufgehoben, wir moͤgen
Thun, |was wir koͤnnen, und wollen; was koͤnnen wir mehr denn noch leiden,
Und was koͤnnen wir aͤrgers leiden! — Jſt dies denn das aͤrgſte,
So zu ſitzen? ſo Rath zu halten? und ſo in den Waffen?
Was! indem wir erſchrocken dahinflohn, verfolgt und getroffen
Von des Himmls ſtrafendem Donner, und unten die Tiefe
Baten, uns zu bedecken: Da ſchien uns auch dieſe Hoͤlle
Eine Zuflucht vor jenen Wunden; und als wir gefeſſelt
Auf dem brennenden Abgrunde lagen; gewiß, das war aͤrger!
Oder wenn itzo der Athem, der dieſe grimmigen Feuer
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Anzuͤndet, wieder erwacht, und zu ſiebenfaͤltiger Wuth ſie
Anblaͤſt, und in die Flammen uns ſtuͤrzet; oder von oben
Jene blitzende Rechte der nachgelaſſenen Rache
Wieder von neuem ſich waffnet, um uns zu plagen? Wie, wenn ſie
Alle
f) Eſ. XXX, 33. Denn die Gru-
be iſt von geſtern her zugericht —
tief und weit genug, ſo iſt die
Wohnung darinnen, Feuer und
Holz die Menge. Der Odem des
Herrn wird ſie anzünden, wie ei-
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