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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

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Das verlohrne Paradies.
Jhnen folgeten diese, die von des alten Euphrates
Grenzfluthen an, bis zum Strom, der Egypten von Syrien trennet,
Allgemeinere Namen von Baal, und Astharoth [Spaltenumbruch] m), führten.
Diese männlich, die andern weiblich, (nach ihrem Gefallen
415Können Geister n) jedes Geschlecht, oder beyde zugleich auch,
Annehmen; denn so sanft ist ihr reines Wesen, verknüpft nicht,
Oder zusammengeschlossen mit Gliedern, oder Gelenken,
Noch auch auf der Gebeine zerbrechliche Stärke gebauet,
Gleich dem hindernden Fleisch) doch welche Gestalt sie erwählen,
420Ausgedehnt, oder zusammengezogen; hell, oder auch dunkel,
Können sie doch die geistgen Entschlüsse zur Ausführung bringen,
Oder Werke des Hasses, und Werke der Liebe vollführen.
Um sie verließ oft Jsraels Stamm die lebendige Stärke,
Ließ unbesucht den heilgen Altar, und beugte sich nieder
425Vor den thierischen Götzen zur Erde; da wurden zur Strafe
Jhre Häupter gebeugt in der Schlacht, und sanken vor Speeren
Jhrer verachteten Feinde darnieder. -- Drauf kam in den Haufen
Astho-
m) Dieses waren die allgemeinen
Namen von den Göttern und Göttin-
nen in Syrien, Palästina, und den
benachbarten Gegenden. Man glaubt,
daß die Sonne, und das himmlische
Heer darunter verstanden werde. N.
n) Man meynt, daß Milton diese
Begriffe von den Geistern aus einem
Gespräch des Michael Psellus ent-
lehnt; und Herr Newton lobt ihn sehr
wegen seiner mannichfaltigen Gelehr-
samkeit. Jch weis aber nicht, ob Mil-
ton diese Belesenheit in allen Arten
[Spaltenumbruch] von Schriftstellern hier sehr schicklich
angebracht habe. Zu welchem End-
zwecke sollen Geister auch weiblich seyn
können? Der Leser kann dadurch zu
leicht auf Begriffe gerathen, die der
Würde der Geister unanständig sind.
Milton hätte, dünkt mich, diesen Um-
stand desto eher weglassen sollen, da er
von dieser Erfindung in seinem ganzen
Gedicht keinen weitern Gebrauch
macht. Das übrige dienet, den Leser
zu der wunderbaren Zusammenzie-
hung der Geister, zu Ende dieses Ge-
sanges, vorzubereiten. Z.
Das verlohrne Paradies.
Jhnen folgeten dieſe, die von des alten Euphrates
Grenzfluthen an, bis zum Strom, der Egypten von Syrien trennet,
Allgemeinere Namen von Baal, und Aſtharoth [Spaltenumbruch] m), fuͤhrten.
Dieſe maͤnnlich, die andern weiblich, (nach ihrem Gefallen
415Koͤnnen Geiſter n) jedes Geſchlecht, oder beyde zugleich auch,
Annehmen; denn ſo ſanft iſt ihr reines Weſen, verknuͤpft nicht,
Oder zuſammengeſchloſſen mit Gliedern, oder Gelenken,
Noch auch auf der Gebeine zerbrechliche Staͤrke gebauet,
Gleich dem hindernden Fleiſch) doch welche Geſtalt ſie erwaͤhlen,
420Ausgedehnt, oder zuſammengezogen; hell, oder auch dunkel,
Koͤnnen ſie doch die geiſtgen Entſchluͤſſe zur Ausfuͤhrung bringen,
Oder Werke des Haſſes, und Werke der Liebe vollfuͤhren.
Um ſie verließ oft Jſraels Stamm die lebendige Staͤrke,
Ließ unbeſucht den heilgen Altar, und beugte ſich nieder
425Vor den thieriſchen Goͤtzen zur Erde; da wurden zur Strafe
Jhre Haͤupter gebeugt in der Schlacht, und ſanken vor Speeren
Jhrer verachteten Feinde darnieder. — Drauf kam in den Haufen
Aſtho-
m) Dieſes waren die allgemeinen
Namen von den Goͤttern und Goͤttin-
nen in Syrien, Palaͤſtina, und den
benachbarten Gegenden. Man glaubt,
daß die Sonne, und das himmliſche
Heer darunter verſtanden werde. N.
n) Man meynt, daß Milton dieſe
Begriffe von den Geiſtern aus einem
Geſpraͤch des Michael Pſellus ent-
lehnt; und Herr Newton lobt ihn ſehr
wegen ſeiner mannichfaltigen Gelehr-
ſamkeit. Jch weis aber nicht, ob Mil-
ton dieſe Beleſenheit in allen Arten
[Spaltenumbruch] von Schriftſtellern hier ſehr ſchicklich
angebracht habe. Zu welchem End-
zwecke ſollen Geiſter auch weiblich ſeyn
koͤnnen? Der Leſer kann dadurch zu
leicht auf Begriffe gerathen, die der
Wuͤrde der Geiſter unanſtaͤndig ſind.
Milton haͤtte, duͤnkt mich, dieſen Um-
ſtand deſto eher weglaſſen ſollen, da er
von dieſer Erfindung in ſeinem ganzen
Gedicht keinen weitern Gebrauch
macht. Das uͤbrige dienet, den Leſer
zu der wunderbaren Zuſammenzie-
hung der Geiſter, zu Ende dieſes Ge-
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[24/0038] Das verlohrne Paradies. Jhnen folgeten dieſe, die von des alten Euphrates Grenzfluthen an, bis zum Strom, der Egypten von Syrien trennet, Allgemeinere Namen von Baal, und Aſtharoth m), fuͤhrten. Dieſe maͤnnlich, die andern weiblich, (nach ihrem Gefallen Koͤnnen Geiſter n) jedes Geſchlecht, oder beyde zugleich auch, Annehmen; denn ſo ſanft iſt ihr reines Weſen, verknuͤpft nicht, Oder zuſammengeſchloſſen mit Gliedern, oder Gelenken, Noch auch auf der Gebeine zerbrechliche Staͤrke gebauet, Gleich dem hindernden Fleiſch) doch welche Geſtalt ſie erwaͤhlen, Ausgedehnt, oder zuſammengezogen; hell, oder auch dunkel, Koͤnnen ſie doch die geiſtgen Entſchluͤſſe zur Ausfuͤhrung bringen, Oder Werke des Haſſes, und Werke der Liebe vollfuͤhren. Um ſie verließ oft Jſraels Stamm die lebendige Staͤrke, Ließ unbeſucht den heilgen Altar, und beugte ſich nieder Vor den thieriſchen Goͤtzen zur Erde; da wurden zur Strafe Jhre Haͤupter gebeugt in der Schlacht, und ſanken vor Speeren Jhrer verachteten Feinde darnieder. — Drauf kam in den Haufen Aſtho- m) Dieſes waren die allgemeinen Namen von den Goͤttern und Goͤttin- nen in Syrien, Palaͤſtina, und den benachbarten Gegenden. Man glaubt, daß die Sonne, und das himmliſche Heer darunter verſtanden werde. N. n) Man meynt, daß Milton dieſe Begriffe von den Geiſtern aus einem Geſpraͤch des Michael Pſellus ent- lehnt; und Herr Newton lobt ihn ſehr wegen ſeiner mannichfaltigen Gelehr- ſamkeit. Jch weis aber nicht, ob Mil- ton dieſe Beleſenheit in allen Arten von Schriftſtellern hier ſehr ſchicklich angebracht habe. Zu welchem End- zwecke ſollen Geiſter auch weiblich ſeyn koͤnnen? Der Leſer kann dadurch zu leicht auf Begriffe gerathen, die der Wuͤrde der Geiſter unanſtaͤndig ſind. Milton haͤtte, duͤnkt mich, dieſen Um- ſtand deſto eher weglaſſen ſollen, da er von dieſer Erfindung in ſeinem ganzen Gedicht keinen weitern Gebrauch macht. Das uͤbrige dienet, den Leſer zu der wunderbaren Zuſammenzie- hung der Geiſter, zu Ende dieſes Ge- ſanges, vorzubereiten. Z.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/38>, abgerufen am 27.11.2024.