Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Erster Gesang. Lagen auch diese gefalln, und verlohren, die Fluthen bedeckend,Ueber den scheußlichen Wechsel in tiefe Betäubung versunken. Satan rief itzt so laut, daß die hohlen Tiefen der Hölle 310Wiederschallten: Jhr Fürsten, und Potentaten, und Helden, Jhr der Ausbund des Himmels, der euer war, nun verloren, Wenn ein solches Erstaunen, wie dieses, ewige Geister Fassen kann; oder habt ihr den Platz euch darum erwählet, Hier nach der Arbeit der Schlacht die ermüdete Tapferkeit wieder 315Auszuruhn, weil ihr hier eben so süß den Schlummer gefunden, Als in den Thälern des Himmels? Wie! oder habt ihr geschworen, Euren Ueberwinder in dieser niedrigen Stellung Anzubeten? Er sieht in der Fluth itzt den Cherub und Seraph Unter zerstreuten Waffen und Fahnen sich wälzen, bis plötzlich 320Seine schnellen Verfolger von jenen himmlischen Thoren Jhren Vortheil bemerken, auf uns herunter sich stürzen, Und uns vollends danieder treten, indem wir so träumen; Oder auch mit zusammengeketteten Donnerkeilen [Spaltenumbruch] f) Auf den Boden von diesem Abgrund uns heften. Erwachet! 325Raffet, raffet euch auf, oder seyd auf ewig gefallen. Und sie hörten sein mächtiges Wort, und schämten sich; alle Fuhren auf ihren Flügeln itzt auf; wie Männer, bestimmet, Wegen des Feindes zu wachen, wenn ihr gefürchteter Obrer Schla- f) So sagt Virgil vom Ajax Oile- us: Aen. I, 44, 45. Illum expirantem transfixo pecto- re flammas Turbine corripuit, scopuloque in- fixit acuto. [Spaltenumbruch] Da er die Flammen, welche das Herz ihm durchbohret, noch ausblies, Riß sie schnell ihn im Wirbelwind fort, und heftet ihn rächend Auf den spitzigen Fels -- -- C 2
Erſter Geſang. Lagen auch dieſe gefalln, und verlohren, die Fluthen bedeckend,Ueber den ſcheußlichen Wechſel in tiefe Betaͤubung verſunken. Satan rief itzt ſo laut, daß die hohlen Tiefen der Hoͤlle 310Wiederſchallten: Jhr Fuͤrſten, und Potentaten, und Helden, Jhr der Ausbund des Himmels, der euer war, nun verloren, Wenn ein ſolches Erſtaunen, wie dieſes, ewige Geiſter Faſſen kann; oder habt ihr den Platz euch darum erwaͤhlet, Hier nach der Arbeit der Schlacht die ermuͤdete Tapferkeit wieder 315Auszuruhn, weil ihr hier eben ſo ſuͤß den Schlummer gefunden, Als in den Thaͤlern des Himmels? Wie! oder habt ihr geſchworen, Euren Ueberwinder in dieſer niedrigen Stellung Anzubeten? Er ſieht in der Fluth itzt den Cherub und Seraph Unter zerſtreuten Waffen und Fahnen ſich waͤlzen, bis ploͤtzlich 320Seine ſchnellen Verfolger von jenen himmliſchen Thoren Jhren Vortheil bemerken, auf uns herunter ſich ſtuͤrzen, Und uns vollends danieder treten, indem wir ſo traͤumen; Oder auch mit zuſammengeketteten Donnerkeilen [Spaltenumbruch] f) Auf den Boden von dieſem Abgrund uns heften. Erwachet! 325Raffet, raffet euch auf, oder ſeyd auf ewig gefallen. Und ſie hoͤrten ſein maͤchtiges Wort, und ſchaͤmten ſich; alle Fuhren auf ihren Fluͤgeln itzt auf; wie Maͤnner, beſtimmet, Wegen des Feindes zu wachen, wenn ihr gefuͤrchteter Obrer Schla- f) So ſagt Virgil vom Ajax Oile- us: Aen. I, 44, 45. Illum expirantem transfixo pecto- re flammas Turbine corripuit, ſcopuloque in- fixit acuto. [Spaltenumbruch] Da er die Flammen, welche das Herz ihm durchbohret, noch ausblies, Riß ſie ſchnell ihn im Wirbelwind fort, und heftet ihn raͤchend Auf den ſpitzigen Fels — — C 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="12"> <pb facs="#f0033" n="19"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Lagen auch dieſe gefalln, und verlohren, die Fluthen bedeckend,</l><lb/> <l>Ueber den ſcheußlichen Wechſel in tiefe Betaͤubung verſunken.</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">Satan</hi> rief itzt ſo laut, daß die hohlen Tiefen der Hoͤlle</l><lb/> <l><note place="left">310</note>Wiederſchallten: Jhr Fuͤrſten, und Potentaten, und Helden,</l><lb/> <l>Jhr der Ausbund des Himmels, der euer war, nun verloren,</l><lb/> <l>Wenn ein ſolches Erſtaunen, wie dieſes, ewige Geiſter</l><lb/> <l>Faſſen kann; oder habt ihr den Platz euch darum erwaͤhlet,</l><lb/> <l>Hier nach der Arbeit der Schlacht die ermuͤdete Tapferkeit wieder</l><lb/> <l><note place="left">315</note>Auszuruhn, weil ihr hier eben ſo ſuͤß den Schlummer gefunden,</l><lb/> <l>Als in den Thaͤlern des Himmels? Wie! oder habt ihr geſchworen,</l><lb/> <l>Euren Ueberwinder in dieſer niedrigen Stellung</l><lb/> <l>Anzubeten? Er ſieht in der Fluth itzt den Cherub und Seraph</l><lb/> <l>Unter zerſtreuten Waffen und Fahnen ſich waͤlzen, bis ploͤtzlich</l><lb/> <l><note place="left">320</note>Seine ſchnellen Verfolger von jenen himmliſchen Thoren</l><lb/> <l>Jhren Vortheil bemerken, auf uns herunter ſich ſtuͤrzen,</l><lb/> <l>Und uns vollends danieder treten, indem wir ſo traͤumen;</l><lb/> <l>Oder auch mit zuſammengeketteten Donnerkeilen <cb/> <note place="foot" n="f)">So ſagt Virgil vom Ajax Oile-<lb/> us: <hi rendition="#aq">Aen. I, 44, 45.<lb/> Illum expirantem transfixo pecto-<lb/><hi rendition="#et">re flammas</hi><lb/> Turbine corripuit, ſcopuloque in-<lb/><hi rendition="#et">fixit acuto.</hi></hi><lb/><cb/> Da er die Flammen, welche das Herz<lb/> ihm durchbohret, noch ausblies,<lb/> Riß ſie ſchnell ihn im Wirbelwind<lb/> fort, und heftet ihn raͤchend<lb/> Auf den ſpitzigen Fels — —</note></l><lb/> <l>Auf den Boden von dieſem Abgrund uns heften. Erwachet!</l><lb/> <l><note place="left">325</note>Raffet, raffet euch auf, oder ſeyd auf ewig gefallen.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Und ſie hoͤrten ſein maͤchtiges Wort, und ſchaͤmten ſich; alle</l><lb/> <l>Fuhren auf ihren Fluͤgeln itzt auf; wie Maͤnner, beſtimmet,</l><lb/> <l>Wegen des Feindes zu wachen, wenn ihr gefuͤrchteter Obrer</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Schla-</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [19/0033]
Erſter Geſang.
Lagen auch dieſe gefalln, und verlohren, die Fluthen bedeckend,
Ueber den ſcheußlichen Wechſel in tiefe Betaͤubung verſunken.
Satan rief itzt ſo laut, daß die hohlen Tiefen der Hoͤlle
Wiederſchallten: Jhr Fuͤrſten, und Potentaten, und Helden,
Jhr der Ausbund des Himmels, der euer war, nun verloren,
Wenn ein ſolches Erſtaunen, wie dieſes, ewige Geiſter
Faſſen kann; oder habt ihr den Platz euch darum erwaͤhlet,
Hier nach der Arbeit der Schlacht die ermuͤdete Tapferkeit wieder
Auszuruhn, weil ihr hier eben ſo ſuͤß den Schlummer gefunden,
Als in den Thaͤlern des Himmels? Wie! oder habt ihr geſchworen,
Euren Ueberwinder in dieſer niedrigen Stellung
Anzubeten? Er ſieht in der Fluth itzt den Cherub und Seraph
Unter zerſtreuten Waffen und Fahnen ſich waͤlzen, bis ploͤtzlich
Seine ſchnellen Verfolger von jenen himmliſchen Thoren
Jhren Vortheil bemerken, auf uns herunter ſich ſtuͤrzen,
Und uns vollends danieder treten, indem wir ſo traͤumen;
Oder auch mit zuſammengeketteten Donnerkeilen
f)
Auf den Boden von dieſem Abgrund uns heften. Erwachet!
Raffet, raffet euch auf, oder ſeyd auf ewig gefallen.
Und ſie hoͤrten ſein maͤchtiges Wort, und ſchaͤmten ſich; alle
Fuhren auf ihren Fluͤgeln itzt auf; wie Maͤnner, beſtimmet,
Wegen des Feindes zu wachen, wenn ihr gefuͤrchteter Obrer
Schla-
f) So ſagt Virgil vom Ajax Oile-
us: Aen. I, 44, 45.
Illum expirantem transfixo pecto-
re flammas
Turbine corripuit, ſcopuloque in-
fixit acuto.
Da er die Flammen, welche das Herz
ihm durchbohret, noch ausblies,
Riß ſie ſchnell ihn im Wirbelwind
fort, und heftet ihn raͤchend
Auf den ſpitzigen Fels — —
C 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |