Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Gesang.
220Jtzt an beyden Seiten, und theilten, in Wellen gerollet,
Sich in der Mitten, ein greuliches Thal! Und alsdann regiert er
Seinen Flug in die Höh mit ausgespanntem Gefieder;
Schwebend auf düsterer Luft, die ungewöhnliche Last fühlt,
Bis er sich aus der Höhe zum trockenen Lande herab ließ,
225Wenn dies Land war, was unaufhörlich von Flammen zerrissen,
Mit gediegener Gluth, wie der See mit flüßiger, brannte.
Und so schien er an Farbe gleich einem fliegenden Felsen,
Den vom Pelorus z) die Macht unterirdischer Winde gerissen;
Oder auch gleich der zerschmetterten Seite des donnernden Aetna,
230Dessen Eingeweid, brennbar und harzig, wofern es in Gluth kömmt,
Mit mineralischer Wuth empor steigt, die Winde verstärket,
Und den versengten Boden in Rauch und Gestank eingehüllet
Hinter sich läßt. Und solche Ruhstatt fanden die Solen
Dieser unseeligen Füße. Jhm folgte sein nächster Gefährte;
235Beyde rühmten sich itzt, daß aus den stygischen Fluthen
Sie als Götter gestiegen, durch sich allein, und durch eigne
Wiedererhaltene Stärke, nicht durch die Nachsicht der Allmacht.

Jst dies die Landschaft, dieses der Boden, und dieses das Clima,
Sprach der gefallene Erzengel drauf; ist dieses der Wohnplatz
240Welchen man mit dem Himmel uns zu vertauschen, gezwungen;
Diese betrübten Schatten an statt des himmlischen Lichtes?
Wohl! es sey so! da der, der nun Monarch ist, verordnet,
Und gebietet, was recht seyn soll; das ist wohl das beste,
Daß
z) Ein Vorgebirge Siciliens; itzo Capo di Faro genannt. N.

Erſter Geſang.
220Jtzt an beyden Seiten, und theilten, in Wellen gerollet,
Sich in der Mitten, ein greuliches Thal! Und alsdann regiert er
Seinen Flug in die Hoͤh mit ausgeſpanntem Gefieder;
Schwebend auf duͤſterer Luft, die ungewoͤhnliche Laſt fuͤhlt,
Bis er ſich aus der Hoͤhe zum trockenen Lande herab ließ,
225Wenn dies Land war, was unaufhoͤrlich von Flammen zerriſſen,
Mit gediegener Gluth, wie der See mit fluͤßiger, brannte.
Und ſo ſchien er an Farbe gleich einem fliegenden Felſen,
Den vom Pelorus z) die Macht unterirdiſcher Winde geriſſen;
Oder auch gleich der zerſchmetterten Seite des donnernden Aetna,
230Deſſen Eingeweid, brennbar und harzig, wofern es in Gluth koͤmmt,
Mit mineraliſcher Wuth empor ſteigt, die Winde verſtaͤrket,
Und den verſengten Boden in Rauch und Geſtank eingehuͤllet
Hinter ſich laͤßt. Und ſolche Ruhſtatt fanden die Solen
Dieſer unſeeligen Fuͤße. Jhm folgte ſein naͤchſter Gefaͤhrte;
235Beyde ruͤhmten ſich itzt, daß aus den ſtygiſchen Fluthen
Sie als Goͤtter geſtiegen, durch ſich allein, und durch eigne
Wiedererhaltene Staͤrke, nicht durch die Nachſicht der Allmacht.

Jſt dies die Landſchaft, dieſes der Boden, und dieſes das Clima,
Sprach der gefallene Erzengel drauf; iſt dieſes der Wohnplatz
240Welchen man mit dem Himmel uns zu vertauſchen, gezwungen;
Dieſe betruͤbten Schatten an ſtatt des himmliſchen Lichtes?
Wohl! es ſey ſo! da der, der nun Monarch iſt, verordnet,
Und gebietet, was recht ſeyn ſoll; das iſt wohl das beſte,
Daß
z) Ein Vorgebirge Siciliens; itzo Capo di Faro genannt. N.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="9">
            <pb facs="#f0029" n="15"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">220</note>Jtzt an beyden Seiten, und theilten, in Wellen gerollet,</l><lb/>
            <l>Sich in der Mitten, ein greuliches Thal! Und alsdann regiert er</l><lb/>
            <l>Seinen Flug in die Ho&#x0364;h mit ausge&#x017F;panntem Gefieder;</l><lb/>
            <l>Schwebend auf du&#x0364;&#x017F;terer Luft, die ungewo&#x0364;hnliche La&#x017F;t fu&#x0364;hlt,</l><lb/>
            <l>Bis er &#x017F;ich aus der Ho&#x0364;he zum trockenen Lande herab ließ,</l><lb/>
            <l><note place="left">225</note>Wenn dies Land war, was unaufho&#x0364;rlich von Flammen zerri&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Mit gediegener Gluth, wie der See mit flu&#x0364;ßiger, brannte.</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;o &#x017F;chien er an Farbe gleich einem fliegenden Fel&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Den vom <hi rendition="#fr">Pelorus</hi> <note place="foot" n="z)">Ein Vorgebirge Siciliens; itzo <hi rendition="#aq">Capo di Faro</hi> genannt. <hi rendition="#fr">N.</hi></note> die Macht unterirdi&#x017F;cher Winde geri&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Oder auch gleich der zer&#x017F;chmetterten Seite des donnernden <hi rendition="#fr">Aetna,</hi></l><lb/>
            <l><note place="left">230</note>De&#x017F;&#x017F;en Eingeweid, brennbar und harzig, wofern es in Gluth ko&#x0364;mmt,</l><lb/>
            <l>Mit minerali&#x017F;cher Wuth empor &#x017F;teigt, die Winde ver&#x017F;ta&#x0364;rket,</l><lb/>
            <l>Und den ver&#x017F;engten Boden in Rauch und Ge&#x017F;tank eingehu&#x0364;llet</l><lb/>
            <l>Hinter &#x017F;ich la&#x0364;ßt. Und &#x017F;olche Ruh&#x017F;tatt fanden die Solen</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;er un&#x017F;eeligen Fu&#x0364;ße. Jhm folgte &#x017F;ein na&#x0364;ch&#x017F;ter Gefa&#x0364;hrte;</l><lb/>
            <l><note place="left">235</note>Beyde ru&#x0364;hmten &#x017F;ich itzt, daß aus den &#x017F;tygi&#x017F;chen Fluthen</l><lb/>
            <l>Sie als Go&#x0364;tter ge&#x017F;tiegen, durch &#x017F;ich allein, und durch eigne</l><lb/>
            <l>Wiedererhaltene Sta&#x0364;rke, nicht durch die Nach&#x017F;icht der Allmacht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <l>J&#x017F;t dies die Land&#x017F;chaft, die&#x017F;es der Boden, und die&#x017F;es das Clima,</l><lb/>
            <l>Sprach der gefallene Erzengel drauf; i&#x017F;t die&#x017F;es der Wohnplatz</l><lb/>
            <l><note place="left">240</note>Welchen man mit dem Himmel uns zu vertau&#x017F;chen, gezwungen;</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e betru&#x0364;bten Schatten an &#x017F;tatt des himmli&#x017F;chen Lichtes?</l><lb/>
            <l>Wohl! es &#x017F;ey &#x017F;o! da der, der nun Monarch i&#x017F;t, verordnet,</l><lb/>
            <l>Und gebietet, was recht &#x017F;eyn &#x017F;oll; das i&#x017F;t wohl das be&#x017F;te,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0029] Erſter Geſang. Jtzt an beyden Seiten, und theilten, in Wellen gerollet, Sich in der Mitten, ein greuliches Thal! Und alsdann regiert er Seinen Flug in die Hoͤh mit ausgeſpanntem Gefieder; Schwebend auf duͤſterer Luft, die ungewoͤhnliche Laſt fuͤhlt, Bis er ſich aus der Hoͤhe zum trockenen Lande herab ließ, Wenn dies Land war, was unaufhoͤrlich von Flammen zerriſſen, Mit gediegener Gluth, wie der See mit fluͤßiger, brannte. Und ſo ſchien er an Farbe gleich einem fliegenden Felſen, Den vom Pelorus z) die Macht unterirdiſcher Winde geriſſen; Oder auch gleich der zerſchmetterten Seite des donnernden Aetna, Deſſen Eingeweid, brennbar und harzig, wofern es in Gluth koͤmmt, Mit mineraliſcher Wuth empor ſteigt, die Winde verſtaͤrket, Und den verſengten Boden in Rauch und Geſtank eingehuͤllet Hinter ſich laͤßt. Und ſolche Ruhſtatt fanden die Solen Dieſer unſeeligen Fuͤße. Jhm folgte ſein naͤchſter Gefaͤhrte; Beyde ruͤhmten ſich itzt, daß aus den ſtygiſchen Fluthen Sie als Goͤtter geſtiegen, durch ſich allein, und durch eigne Wiedererhaltene Staͤrke, nicht durch die Nachſicht der Allmacht. Jſt dies die Landſchaft, dieſes der Boden, und dieſes das Clima, Sprach der gefallene Erzengel drauf; iſt dieſes der Wohnplatz Welchen man mit dem Himmel uns zu vertauſchen, gezwungen; Dieſe betruͤbten Schatten an ſtatt des himmliſchen Lichtes? Wohl! es ſey ſo! da der, der nun Monarch iſt, verordnet, Und gebietet, was recht ſeyn ſoll; das iſt wohl das beſte, Daß z) Ein Vorgebirge Siciliens; itzo Capo di Faro genannt. N.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/29
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/29>, abgerufen am 18.12.2024.