Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Sechster Gesang. Jn der Heiligen Heer war es weit anders. Sie zogen385Undurchdringlich gewaffnet, und unverwundbar, ohn Abbruch Fort, im festen kubischen Phalanx; so großen Vortheil Hatten sie durch die Unschuld von ihren Feinden, dieweil sie Nicht gesündigt, nicht abgefallen. Sie standen im Treffen Unüberwunden, und unbesorgt, verwundet zu werden, 390Wenn die Gewalt sie auch gleich von ihrer Stelle gehoben [Spaltenumbruch] n). Jtzo naht sich die Nacht, und breitet über die Himmel Finsterniß aus; das wilde Getöse der lärmenden Waffen Sank in erwünschte Stille; die Sieger und Ueberwundnen Zogen sich unter die Decke der Schatten. Doch nahm auf dem Schlachtfeld 395Michael mit den siegenden Engeln sein Lager; und stellte Rund um das Heer cherubische Wachen, hochflammende Feuer. Tief in die Nacht hin verschwand mit seinem rebellischen Haufen Satan; und rastlos berief er die mächtigen Potentaten Bey der Stille der Nacht zum Kriegsrath [Spaltenumbruch] o). Nachdem sie erschienen, 400Sprach er mit ungebändigtem Muth also zur Versammlung: O getreue Gefährten, nun in Gefahren geprüfet! Die ihr nunmehr überzeugt seyd, daß keine Gewalt nicht der Waffen Euch überwältigen kann, ihr Helden, nicht nur der Freyheit Würdig, (sie wäre zu klein die Fordrung) nein aller der Ehre, Aller n) Dieser Umstand hereitet den Le- ser zu dem vor, was in der künftigen Schlacht erfolgt. N. o) So beruft Agamemnon, nach- dem die Griechen geschlagen worden, einen Kriegsrath bey Nacht zusam- men. II. IX. N. H h 3
Sechſter Geſang. Jn der Heiligen Heer war es weit anders. Sie zogen385Undurchdringlich gewaffnet, und unverwundbar, ohn Abbruch Fort, im feſten kubiſchen Phalanx; ſo großen Vortheil Hatten ſie durch die Unſchuld von ihren Feinden, dieweil ſie Nicht geſuͤndigt, nicht abgefallen. Sie ſtanden im Treffen Unuͤberwunden, und unbeſorgt, verwundet zu werden, 390Wenn die Gewalt ſie auch gleich von ihrer Stelle gehoben [Spaltenumbruch] n). Jtzo naht ſich die Nacht, und breitet uͤber die Himmel Finſterniß aus; das wilde Getoͤſe der laͤrmenden Waffen Sank in erwuͤnſchte Stille; die Sieger und Ueberwundnen Zogen ſich unter die Decke der Schatten. Doch nahm auf dem Schlachtfeld 395Michael mit den ſiegenden Engeln ſein Lager; und ſtellte Rund um das Heer cherubiſche Wachen, hochflammende Feuer. Tief in die Nacht hin verſchwand mit ſeinem rebelliſchen Haufen Satan; und raſtlos berief er die maͤchtigen Potentaten Bey der Stille der Nacht zum Kriegsrath [Spaltenumbruch] o). Nachdem ſie erſchienen, 400Sprach er mit ungebaͤndigtem Muth alſo zur Verſammlung: O getreue Gefaͤhrten, nun in Gefahren gepruͤfet! Die ihr nunmehr uͤberzeugt ſeyd, daß keine Gewalt nicht der Waffen Euch uͤberwaͤltigen kann, ihr Helden, nicht nur der Freyheit Wuͤrdig, (ſie waͤre zu klein die Fordrung) nein aller der Ehre, Aller n) Dieſer Umſtand hereitet den Le- ſer zu dem vor, was in der kuͤnftigen Schlacht erfolgt. N. o) So beruft Agamemnon, nach- dem die Griechen geſchlagen worden, einen Kriegsrath bey Nacht zuſam- men. II. IX. N. H h 3
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Sechſter Geſang.
Jn der Heiligen Heer war es weit anders. Sie zogen
Undurchdringlich gewaffnet, und unverwundbar, ohn Abbruch
Fort, im feſten kubiſchen Phalanx; ſo großen Vortheil
Hatten ſie durch die Unſchuld von ihren Feinden, dieweil ſie
Nicht geſuͤndigt, nicht abgefallen. Sie ſtanden im Treffen
Unuͤberwunden, und unbeſorgt, verwundet zu werden,
Wenn die Gewalt ſie auch gleich von ihrer Stelle gehoben
n).
Jtzo naht ſich die Nacht, und breitet uͤber die Himmel
Finſterniß aus; das wilde Getoͤſe der laͤrmenden Waffen
Sank in erwuͤnſchte Stille; die Sieger und Ueberwundnen
Zogen ſich unter die Decke der Schatten. Doch nahm auf dem Schlachtfeld
Michael mit den ſiegenden Engeln ſein Lager; und ſtellte
Rund um das Heer cherubiſche Wachen, hochflammende Feuer.
Tief in die Nacht hin verſchwand mit ſeinem rebelliſchen Haufen
Satan; und raſtlos berief er die maͤchtigen Potentaten
Bey der Stille der Nacht zum Kriegsrath
o). Nachdem ſie erſchienen,
Sprach er mit ungebaͤndigtem Muth alſo zur Verſammlung:
O getreue Gefaͤhrten, nun in Gefahren gepruͤfet!
Die ihr nunmehr uͤberzeugt ſeyd, daß keine Gewalt nicht der Waffen
Euch uͤberwaͤltigen kann, ihr Helden, nicht nur der Freyheit
Wuͤrdig, (ſie waͤre zu klein die Fordrung) nein aller der Ehre,
Aller
n) Dieſer Umſtand hereitet den Le-
ſer zu dem vor, was in der kuͤnftigen
Schlacht erfolgt.
N.
o) So beruft Agamemnon, nach-
dem die Griechen geſchlagen worden,
einen Kriegsrath bey Nacht zuſam-
men. II. IX. N.
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