Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Mit den hellen glücklichen Ebnen von Eden entdeckten:Beugten sie tief sich zur Erden, und beteten an, und erhuben Jhre Seufzer, die jedweden Morgen sie pflichtmäßig thaten Jn verändertem Ausdruck; denn weder veränderter Ausdruck, 150Noch auch fromme Begeistrung, war ihnen versagt, mit Gesängen Jhren Schöpfer geschickt zu preisen; sie sprachen und sangen, (Solche fertige Wohlredenheit entströmte den Lippen,) Ohne darauf zu sinnen, in Pros' und harmonischen Versen, Musikalscher, als daß sie der Laute noch Harfe bedurften 155Sie noch angenehmer zu machen. Drauf huben sie so an: Dieses sind deine herrlichen Werke, du Vater des Guten, Großer Allmächtiger; Dein ist dieser gesammte Weltbau, Den du so wunderbar schön geschaffen; wie wunderbar mußt du Selbst denn nicht seyn, du Unaussprechlicher, der du erhaben, 160Ueber diese Himmel erhaben, unsichtbar für uns bist, Oder nur dunkel gesehn wirst, in deinen niedrigsten Werken. Aber auch diese verkündigen weit über alle Gedanken Deine Güt' und göttliche Kraft. Jhr Söhne des Lichtes, Die ihr am besten zu sprechen vermögt, sprecht ihr, o ihr Engel, 165Denn ihr seht ihn. Jm Tag ohne Nacht umringet ihr jauchzend Seinen Thron mit lauten Gesängen und schallenden Chören. Jhr,
Das verlohrne Paradies. Mit den hellen gluͤcklichen Ebnen von Eden entdeckten:Beugten ſie tief ſich zur Erden, und beteten an, und erhuben Jhre Seufzer, die jedweden Morgen ſie pflichtmaͤßig thaten Jn veraͤndertem Ausdruck; denn weder veraͤnderter Ausdruck, 150Noch auch fromme Begeiſtrung, war ihnen verſagt, mit Geſaͤngen Jhren Schoͤpfer geſchickt zu preiſen; ſie ſprachen und ſangen, (Solche fertige Wohlredenheit entſtroͤmte den Lippen,) Ohne darauf zu ſinnen, in Proſ’ und harmoniſchen Verſen, Muſikalſcher, als daß ſie der Laute noch Harfe bedurften 155Sie noch angenehmer zu machen. Drauf huben ſie ſo an: Dieſes ſind deine herrlichen Werke, du Vater des Guten, Großer Allmaͤchtiger; Dein iſt dieſer geſammte Weltbau, Den du ſo wunderbar ſchoͤn geſchaffen; wie wunderbar mußt du Selbſt denn nicht ſeyn, du Unausſprechlicher, der du erhaben, 160Ueber dieſe Himmel erhaben, unſichtbar fuͤr uns biſt, Oder nur dunkel geſehn wirſt, in deinen niedrigſten Werken. Aber auch dieſe verkuͤndigen weit uͤber alle Gedanken Deine Guͤt’ und goͤttliche Kraft. Jhr Soͤhne des Lichtes, Die ihr am beſten zu ſprechen vermoͤgt, ſprecht ihr, o ihr Engel, 165Denn ihr ſeht ihn. Jm Tag ohne Nacht umringet ihr jauchzend Seinen Thron mit lauten Geſaͤngen und ſchallenden Choͤren. Jhr,
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Das verlohrne Paradies.
Mit den hellen gluͤcklichen Ebnen von Eden entdeckten:
Beugten ſie tief ſich zur Erden, und beteten an, und erhuben
Jhre Seufzer, die jedweden Morgen ſie pflichtmaͤßig thaten
Jn veraͤndertem Ausdruck; denn weder veraͤnderter Ausdruck,
Noch auch fromme Begeiſtrung, war ihnen verſagt, mit Geſaͤngen
Jhren Schoͤpfer geſchickt zu preiſen; ſie ſprachen und ſangen,
(Solche fertige Wohlredenheit entſtroͤmte den Lippen,)
Ohne darauf zu ſinnen, in Proſ’ und harmoniſchen Verſen,
Muſikalſcher, als daß ſie der Laute noch Harfe bedurften
Sie noch angenehmer zu machen. Drauf huben ſie ſo an:
Dieſes ſind deine herrlichen Werke, du Vater des Guten,
Großer Allmaͤchtiger; Dein iſt dieſer geſammte Weltbau,
Den du ſo wunderbar ſchoͤn geſchaffen; wie wunderbar mußt du
Selbſt denn nicht ſeyn, du Unausſprechlicher, der du erhaben,
Ueber dieſe Himmel erhaben, unſichtbar fuͤr uns biſt,
Oder nur dunkel geſehn wirſt, in deinen niedrigſten Werken.
Aber auch dieſe verkuͤndigen weit uͤber alle Gedanken
Deine Guͤt’ und goͤttliche Kraft. Jhr Soͤhne des Lichtes,
Die ihr am beſten zu ſprechen vermoͤgt, ſprecht ihr, o ihr Engel,
Denn ihr ſeht ihn. Jm Tag ohne Nacht umringet ihr jauchzend
Seinen Thron mit lauten Geſaͤngen und ſchallenden Choͤren.
Jhr,
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