Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierter Gesang.
445Und sein Lob zu erheben, schuldig; ich bin es beson[verlorenes Material - 2 Zeichen fehlen]
Da mir noch ein weit schöneres Loos gefallen, und da ich
Dich o Adam besitze, dich, der du durch so viel Verdienste
Vor mir den Vorzug behauptest und deines gleichen nicht findest.
Oftmals ruf ich den Tag mir in die Gedanken zurücke [Spaltenumbruch] s),
450Da ich zuerst, vom Schlummer erwacht, mich unter dem Schatten
Ruhend auf Blumen fand; Ganz in Verwunderung, wo ich,
Was ich sey, und woher, und wie ich hieher gebracht worden.
Eine Höhle goß fern nicht davon in murmelnden Wassern
Ein Geräusche hervor; -- in eine flüßige Pläne
455Stand es verbreitet hier still, von nichts sonst bewegt, und so heiter,
Als das Gewölbe des Himmels. Mit unerfahrnen Gedanken
Trat ich hinzu, und legte mich nieder am grünen Gestade,
Jn den hellen, und spiegelnden See, der ein anderer Himmel
Mir zu seyn schien, zu blicken. So wie ich mich niederbückte,
460Jn denselben zu schaun, erschien recht gegen mich über
Jn dem hellen Wasser, ein Bild, das gleichfalls sich bückte
Mich zu schauen: ich fuhr zurücke, das Bild fuhr zurücke;
Aber bald wandt ich vergnügt wieder um; es wandte sich gleichfalls
Bald vergnügt wieder um, mit sanften erwiedernden Blicken,
465Voll von Sympathie und von Liebe. Jch hätte mein Auge
Noch auf diese Stunde davon nicht verwendet, und hätte
Mich mit eiteln Verlangen gemartert, wofern eine Stimme
Nicht mich also gewarnt: das was du, schönes Geschöpfe,

Was
s) Aus dieser und einigen andern
Stellen des Gedichts sieht man, wie
der Dichter vorausgesetzt, daß Adam
[Spaltenumbruch] und Eva einige Zeit im Paradiese vor
ihrem Falle mit einander gelebet. N.
U 2

Vierter Geſang.
445Und ſein Lob zu erheben, ſchuldig; ich bin es beſon[verlorenes Material – 2 Zeichen fehlen]
Da mir noch ein weit ſchoͤneres Loos gefallen, und da ich
Dich o Adam beſitze, dich, der du durch ſo viel Verdienſte
Vor mir den Vorzug behaupteſt und deines gleichen nicht findeſt.
Oftmals ruf ich den Tag mir in die Gedanken zuruͤcke [Spaltenumbruch] s),
450Da ich zuerſt, vom Schlummer erwacht, mich unter dem Schatten
Ruhend auf Blumen fand; Ganz in Verwunderung, wo ich,
Was ich ſey, und woher, und wie ich hieher gebracht worden.
Eine Hoͤhle goß fern nicht davon in murmelnden Waſſern
Ein Geraͤuſche hervor; — in eine fluͤßige Plaͤne
455Stand es verbreitet hier ſtill, von nichts ſonſt bewegt, und ſo heiter,
Als das Gewoͤlbe des Himmels. Mit unerfahrnen Gedanken
Trat ich hinzu, und legte mich nieder am gruͤnen Geſtade,
Jn den hellen, und ſpiegelnden See, der ein anderer Himmel
Mir zu ſeyn ſchien, zu blicken. So wie ich mich niederbuͤckte,
460Jn denſelben zu ſchaun, erſchien recht gegen mich uͤber
Jn dem hellen Waſſer, ein Bild, das gleichfalls ſich buͤckte
Mich zu ſchauen: ich fuhr zuruͤcke, das Bild fuhr zuruͤcke;
Aber bald wandt ich vergnuͤgt wieder um; es wandte ſich gleichfalls
Bald vergnuͤgt wieder um, mit ſanften erwiedernden Blicken,
465Voll von Sympathie und von Liebe. Jch haͤtte mein Auge
Noch auf dieſe Stunde davon nicht verwendet, und haͤtte
Mich mit eiteln Verlangen gemartert, wofern eine Stimme
Nicht mich alſo gewarnt: das was du, ſchoͤnes Geſchoͤpfe,

Was
s) Aus dieſer und einigen andern
Stellen des Gedichts ſieht man, wie
der Dichter vorausgeſetzt, daß Adam
[Spaltenumbruch] und Eva einige Zeit im Paradieſe vor
ihrem Falle mit einander gelebet. N.
U 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="9">
            <pb facs="#f0175" n="155"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">445</note>Und &#x017F;ein Lob zu erheben, &#x017F;chuldig; ich bin es be&#x017F;on<gap reason="lost" unit="chars" quantity="2"/></l><lb/>
            <l>Da mir noch ein weit &#x017F;cho&#x0364;neres Loos gefallen, und da ich</l><lb/>
            <l>Dich o <hi rendition="#fr">Adam</hi> be&#x017F;itze, dich, der du durch &#x017F;o viel Verdien&#x017F;te</l><lb/>
            <l>Vor mir den Vorzug behaupte&#x017F;t und deines gleichen nicht finde&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Oftmals ruf ich den Tag mir in die Gedanken zuru&#x0364;cke <cb/>
<note place="foot" n="s)">Aus die&#x017F;er und einigen andern<lb/>
Stellen des Gedichts &#x017F;ieht man, wie<lb/>
der Dichter vorausge&#x017F;etzt, daß Adam<lb/><cb/>
und Eva einige Zeit im Paradie&#x017F;e vor<lb/>
ihrem Falle mit einander gelebet. <hi rendition="#fr">N.</hi></note>,</l><lb/>
            <l><note place="left">450</note>Da ich zuer&#x017F;t, vom Schlummer erwacht, mich unter dem Schatten</l><lb/>
            <l>Ruhend auf Blumen fand; Ganz in Verwunderung, wo ich,</l><lb/>
            <l>Was ich &#x017F;ey, und woher, und wie ich hieher gebracht worden.</l><lb/>
            <l>Eine Ho&#x0364;hle goß fern nicht davon in murmelnden Wa&#x017F;&#x017F;ern</l><lb/>
            <l>Ein Gera&#x0364;u&#x017F;che hervor; &#x2014; in eine flu&#x0364;ßige Pla&#x0364;ne</l><lb/>
            <l><note place="left">455</note>Stand es verbreitet hier &#x017F;till, von nichts &#x017F;on&#x017F;t bewegt, und &#x017F;o heiter,</l><lb/>
            <l>Als das Gewo&#x0364;lbe des Himmels. Mit unerfahrnen Gedanken</l><lb/>
            <l>Trat ich hinzu, und legte mich nieder am gru&#x0364;nen Ge&#x017F;tade,</l><lb/>
            <l>Jn den hellen, und &#x017F;piegelnden See, der ein anderer Himmel</l><lb/>
            <l>Mir zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, zu blicken. So wie ich mich niederbu&#x0364;ckte,</l><lb/>
            <l><note place="left">460</note>Jn den&#x017F;elben zu &#x017F;chaun, er&#x017F;chien recht gegen mich u&#x0364;ber</l><lb/>
            <l>Jn dem hellen Wa&#x017F;&#x017F;er, ein Bild, das gleichfalls &#x017F;ich bu&#x0364;ckte</l><lb/>
            <l>Mich zu &#x017F;chauen: ich fuhr zuru&#x0364;cke, das Bild fuhr zuru&#x0364;cke;</l><lb/>
            <l>Aber bald wandt ich vergnu&#x0364;gt wieder um; es wandte &#x017F;ich gleichfalls</l><lb/>
            <l>Bald vergnu&#x0364;gt wieder um, mit &#x017F;anften erwiedernden Blicken,</l><lb/>
            <l><note place="left">465</note>Voll von Sympathie und von Liebe. Jch ha&#x0364;tte mein Auge</l><lb/>
            <l>Noch auf die&#x017F;e Stunde davon nicht verwendet, und ha&#x0364;tte</l><lb/>
            <l>Mich mit eiteln Verlangen gemartert, wofern eine Stimme</l><lb/>
            <l>Nicht mich al&#x017F;o gewarnt: das was du, &#x017F;cho&#x0364;nes Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">U 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0175] Vierter Geſang. Und ſein Lob zu erheben, ſchuldig; ich bin es beſon__ Da mir noch ein weit ſchoͤneres Loos gefallen, und da ich Dich o Adam beſitze, dich, der du durch ſo viel Verdienſte Vor mir den Vorzug behaupteſt und deines gleichen nicht findeſt. Oftmals ruf ich den Tag mir in die Gedanken zuruͤcke s), Da ich zuerſt, vom Schlummer erwacht, mich unter dem Schatten Ruhend auf Blumen fand; Ganz in Verwunderung, wo ich, Was ich ſey, und woher, und wie ich hieher gebracht worden. Eine Hoͤhle goß fern nicht davon in murmelnden Waſſern Ein Geraͤuſche hervor; — in eine fluͤßige Plaͤne Stand es verbreitet hier ſtill, von nichts ſonſt bewegt, und ſo heiter, Als das Gewoͤlbe des Himmels. Mit unerfahrnen Gedanken Trat ich hinzu, und legte mich nieder am gruͤnen Geſtade, Jn den hellen, und ſpiegelnden See, der ein anderer Himmel Mir zu ſeyn ſchien, zu blicken. So wie ich mich niederbuͤckte, Jn denſelben zu ſchaun, erſchien recht gegen mich uͤber Jn dem hellen Waſſer, ein Bild, das gleichfalls ſich buͤckte Mich zu ſchauen: ich fuhr zuruͤcke, das Bild fuhr zuruͤcke; Aber bald wandt ich vergnuͤgt wieder um; es wandte ſich gleichfalls Bald vergnuͤgt wieder um, mit ſanften erwiedernden Blicken, Voll von Sympathie und von Liebe. Jch haͤtte mein Auge Noch auf dieſe Stunde davon nicht verwendet, und haͤtte Mich mit eiteln Verlangen gemartert, wofern eine Stimme Nicht mich alſo gewarnt: das was du, ſchoͤnes Geſchoͤpfe, Was s) Aus dieſer und einigen andern Stellen des Gedichts ſieht man, wie der Dichter vorausgeſetzt, daß Adam und Eva einige Zeit im Paradieſe vor ihrem Falle mit einander gelebet. N. U 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/175
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/175>, abgerufen am 24.11.2024.