Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.Das verlohrne Paradies. Da er das grausame Werk itzt beginnt. Der Ausführung nahe,Wallt es in seiner aufrührischen Brust, und schlägt auf ihn selber, Als ein teuflisches Werkzeug, zurück. Die verwirrten Gedanken 20Werden von Grausen und Zweifel zerrissen, die in ihm die Hölle Von Grund auf entzünden; Denn er bringt mit sich die Hölle, Jn sich, und rund um sich her; und durch die Verändrung des Ortes Kann er der Hölle so wenig, als wie von sich selber entfliehen. Das Gewissen weckt itzt die Verzweiflung, die in ihm geschlummert; 25Weckt in ihm die bittre Erinnrung des vorigen Zustands, Was er war, was er ist, und was ihm noch schlimmers bevorsteht, Denn auf schlimmere Thaten erfolgen noch schlimmere Strafen. Manchmal lenkt er voll Gram die traurigen Blicke gen Eden, Das itzt in lachender Anmuth ihn im Gesicht lag; und manchmal 30Nach dem Himmel hinauf, und nach der hellglänzenden Sonne, Die erhaben itzt saß in ihrem mittäglichen Thurme [Spaltenumbruch] c). Voll von tausend Gedanken, beginnt er drauf also mit Seufzen: Du, mit ausnehmendem Glanze [Spaltenumbruch]
d) gekrönt, du, die du herabsiehst Von dem hohen monarchschen Gebiet, als wenn du der Gott wärst 35Dieser neuerschaffenen Welt; vor welcher die Sterne Jhre dunkelern Häupter, so bald du hervorgehst, verhüllen; An c) Zur Mittagszeit ist die Sonne wie auf einem Thurm erhaben. So sagt Virgil in seinem Culex v. 41. Igneus aethereas jam sol penetra- rat in arces. Zu den ätherischen Thürmen war schon die feurige Sonne Aufgestiegen. Richardson. d) Als Milton aus dem verlohrnen
Paradiese nur ein bloßes Trauerspiel machen wollte, waren diese zehn er- sten Zeilen der Anfang davon, die er seinem Neffen Eduard Philips, und andern gezeigt. N. Das verlohrne Paradies. Da er das grauſame Werk itzt beginnt. Der Ausfuͤhrung nahe,Wallt es in ſeiner aufruͤhriſchen Bruſt, und ſchlaͤgt auf ihn ſelber, Als ein teufliſches Werkzeug, zuruͤck. Die verwirrten Gedanken 20Werden von Grauſen und Zweifel zerriſſen, die in ihm die Hoͤlle Von Grund auf entzuͤnden; Denn er bringt mit ſich die Hoͤlle, Jn ſich, und rund um ſich her; und durch die Veraͤndrung des Ortes Kann er der Hoͤlle ſo wenig, als wie von ſich ſelber entfliehen. Das Gewiſſen weckt itzt die Verzweiflung, die in ihm geſchlummert; 25Weckt in ihm die bittre Erinnrung des vorigen Zuſtands, Was er war, was er iſt, und was ihm noch ſchlimmers bevorſteht, Denn auf ſchlimmere Thaten erfolgen noch ſchlimmere Strafen. Manchmal lenkt er voll Gram die traurigen Blicke gen Eden, Das itzt in lachender Anmuth ihn im Geſicht lag; und manchmal 30Nach dem Himmel hinauf, und nach der hellglaͤnzenden Sonne, Die erhaben itzt ſaß in ihrem mittaͤglichen Thurme [Spaltenumbruch] c). Voll von tauſend Gedanken, beginnt er drauf alſo mit Seufzen: Du, mit ausnehmendem Glanze [Spaltenumbruch]
d) gekroͤnt, du, die du herabſiehſt Von dem hohen monarchſchen Gebiet, als wenn du der Gott waͤrſt 35Dieſer neuerſchaffenen Welt; vor welcher die Sterne Jhre dunkelern Haͤupter, ſo bald du hervorgehſt, verhuͤllen; An c) Zur Mittagszeit iſt die Sonne wie auf einem Thurm erhaben. So ſagt Virgil in ſeinem Culex v. 41. Igneus aethereas jam ſol penetrâ- rat in arces. Zu den aͤtheriſchen Thürmen war ſchon die feurige Sonne Aufgeſtiegen. Richardſon. d) Als Milton aus dem verlohrnen
Paradieſe nur ein bloßes Trauerſpiel machen wollte, waren dieſe zehn er- ſten Zeilen der Anfang davon, die er ſeinem Neffen Eduard Philips, und andern gezeigt. N. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0156" n="136"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l>Da er das grauſame Werk itzt beginnt. Der Ausfuͤhrung nahe,</l><lb/> <l>Wallt es in ſeiner aufruͤhriſchen Bruſt, und ſchlaͤgt auf ihn ſelber,</l><lb/> <l>Als ein teufliſches Werkzeug, zuruͤck. Die verwirrten Gedanken</l><lb/> <l><note place="left">20</note>Werden von Grauſen und Zweifel zerriſſen, die in ihm die Hoͤlle</l><lb/> <l>Von Grund auf entzuͤnden; Denn er bringt mit ſich die Hoͤlle,</l><lb/> <l>Jn ſich, und rund um ſich her; und durch die Veraͤndrung des Ortes</l><lb/> <l>Kann er der Hoͤlle ſo wenig, als wie von ſich ſelber entfliehen.</l><lb/> <l>Das Gewiſſen weckt itzt die Verzweiflung, die in ihm geſchlummert;</l><lb/> <l><note place="left">25</note>Weckt in ihm die bittre Erinnrung des vorigen Zuſtands,</l><lb/> <l>Was er war, was er iſt, und was ihm noch ſchlimmers bevorſteht,</l><lb/> <l>Denn auf ſchlimmere Thaten erfolgen noch ſchlimmere Strafen.</l><lb/> <l>Manchmal lenkt er voll Gram die traurigen Blicke gen <hi rendition="#fr">Eden,</hi></l><lb/> <l>Das itzt in lachender Anmuth ihn im Geſicht lag; und manchmal</l><lb/> <l><note place="left">30</note>Nach dem Himmel hinauf, und nach der hellglaͤnzenden Sonne,</l><lb/> <l>Die erhaben itzt ſaß in ihrem mittaͤglichen Thurme <cb/> <note place="foot" n="c)">Zur Mittagszeit iſt die Sonne<lb/> wie auf einem Thurm erhaben. So<lb/> ſagt Virgil in ſeinem <hi rendition="#aq">Culex v.</hi> 41.<lb/><hi rendition="#aq">Igneus aethereas jam ſol penetrâ-<lb/><hi rendition="#et">rat in <hi rendition="#i">arces.</hi></hi></hi><lb/> Zu den aͤtheriſchen <hi rendition="#fr">Thürmen</hi> war<lb/><hi rendition="#et">ſchon die feurige Sonne</hi><lb/> Aufgeſtiegen. <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Richardſon.</hi></hi></note>.</l><lb/> <l>Voll von tauſend Gedanken, beginnt er drauf alſo mit Seufzen:</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Du, mit ausnehmendem Glanze <cb/> <note place="foot" n="d)">Als Milton aus dem verlohrnen<lb/> Paradieſe nur ein bloßes Trauerſpiel<lb/> machen wollte, waren dieſe zehn er-<lb/> ſten Zeilen der Anfang davon, die er<lb/> ſeinem Neffen Eduard Philips, und<lb/> andern gezeigt. <hi rendition="#fr">N.</hi></note> gekroͤnt, du, die du herabſiehſt</l><lb/> <l>Von dem hohen monarchſchen Gebiet, als wenn du der Gott waͤrſt</l><lb/> <l><note place="left">35</note>Dieſer neuerſchaffenen Welt; vor welcher die Sterne</l><lb/> <l>Jhre dunkelern Haͤupter, ſo bald du hervorgehſt, verhuͤllen;</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">An</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [136/0156]
Das verlohrne Paradies.
Da er das grauſame Werk itzt beginnt. Der Ausfuͤhrung nahe,
Wallt es in ſeiner aufruͤhriſchen Bruſt, und ſchlaͤgt auf ihn ſelber,
Als ein teufliſches Werkzeug, zuruͤck. Die verwirrten Gedanken
Werden von Grauſen und Zweifel zerriſſen, die in ihm die Hoͤlle
Von Grund auf entzuͤnden; Denn er bringt mit ſich die Hoͤlle,
Jn ſich, und rund um ſich her; und durch die Veraͤndrung des Ortes
Kann er der Hoͤlle ſo wenig, als wie von ſich ſelber entfliehen.
Das Gewiſſen weckt itzt die Verzweiflung, die in ihm geſchlummert;
Weckt in ihm die bittre Erinnrung des vorigen Zuſtands,
Was er war, was er iſt, und was ihm noch ſchlimmers bevorſteht,
Denn auf ſchlimmere Thaten erfolgen noch ſchlimmere Strafen.
Manchmal lenkt er voll Gram die traurigen Blicke gen Eden,
Das itzt in lachender Anmuth ihn im Geſicht lag; und manchmal
Nach dem Himmel hinauf, und nach der hellglaͤnzenden Sonne,
Die erhaben itzt ſaß in ihrem mittaͤglichen Thurme
c).
Voll von tauſend Gedanken, beginnt er drauf alſo mit Seufzen:
Du, mit ausnehmendem Glanze
d) gekroͤnt, du, die du herabſiehſt
Von dem hohen monarchſchen Gebiet, als wenn du der Gott waͤrſt
Dieſer neuerſchaffenen Welt; vor welcher die Sterne
Jhre dunkelern Haͤupter, ſo bald du hervorgehſt, verhuͤllen;
An
c) Zur Mittagszeit iſt die Sonne
wie auf einem Thurm erhaben. So
ſagt Virgil in ſeinem Culex v. 41.
Igneus aethereas jam ſol penetrâ-
rat in arces.
Zu den aͤtheriſchen Thürmen war
ſchon die feurige Sonne
Aufgeſtiegen. Richardſon.
d) Als Milton aus dem verlohrnen
Paradieſe nur ein bloßes Trauerſpiel
machen wollte, waren dieſe zehn er-
ſten Zeilen der Anfang davon, die er
ſeinem Neffen Eduard Philips, und
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