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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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seine Hand ausstreckte, als ob er die Hand seines
Freundes suchte. -- Sie hat ausgelitten, sagte
P. Anton. -- Nun Gottlob! sagte Siegwart,
und faltete die Hände; bald auch ich. ...

Und wo bin ich jetzt? -- fragte er nach einiger
Zeit wieder .. Jn ihrem Kloster, war die Ant-
wort. . -- Jhr so nah? ... Gott sey Dank! ..
Jhr so nah ...

P. Anton war im tiefsten Schmerz. Siegwart
wurde immer schwächer; sprach zuweilen nur ganz
abgebrochen: Gottlob! .. Engel! ... Mariane!
Gott sey Dank! Jesus!, bald! ...! u. s. w.

Man hatte nach einem Arzt geschickt. Dieser
machte höchstens noch auf fünf bis sechs Tage Hof-
nung. Kann ich nicht noch meinen Kronhelm se-
hen, und Theresen? sagte Siegwart.

Man schickte nach ihnen, und sie kamen. Sieg-
wart hatte wieder etwas wenige Kräfte bekommen,
als sie kamen, und saß in einem Lehnstuhl. P.
Anton, der beständig um ihn war, hatte sich nur
etliche Stunden entfernt, um nach seinem Kloster
zu gehen. Also war Siegwart allein, als Kron-
helm und Therese ins Zimmer traten. -- Bruder!
riefen beyde, giengen auf ihn zu, und lehnten sich
zu beyden Seiten schweigend an den Lehnstuhl.



ſeine Hand ausſtreckte, als ob er die Hand ſeines
Freundes ſuchte. — Sie hat ausgelitten, ſagte
P. Anton. — Nun Gottlob! ſagte Siegwart,
und faltete die Haͤnde; bald auch ich. …

Und wo bin ich jetzt? — fragte er nach einiger
Zeit wieder .. Jn ihrem Kloſter, war die Ant-
wort. . — Jhr ſo nah? … Gott ſey Dank! ..
Jhr ſo nah …

P. Anton war im tiefſten Schmerz. Siegwart
wurde immer ſchwaͤcher; ſprach zuweilen nur ganz
abgebrochen: Gottlob! .. Engel! … Mariane!
Gott ſey Dank! Jeſus!, bald! …! u. ſ. w.

Man hatte nach einem Arzt geſchickt. Dieſer
machte hoͤchſtens noch auf fuͤnf bis ſechs Tage Hof-
nung. Kann ich nicht noch meinen Kronhelm ſe-
hen, und Thereſen? ſagte Siegwart.

Man ſchickte nach ihnen, und ſie kamen. Sieg-
wart hatte wieder etwas wenige Kraͤfte bekommen,
als ſie kamen, und ſaß in einem Lehnſtuhl. P.
Anton, der beſtaͤndig um ihn war, hatte ſich nur
etliche Stunden entfernt, um nach ſeinem Kloſter
zu gehen. Alſo war Siegwart allein, als Kron-
helm und Thereſe ins Zimmer traten. — Bruder!
riefen beyde, giengen auf ihn zu, und lehnten ſich
zu beyden Seiten ſchweigend an den Lehnſtuhl.

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[1064/0644] ſeine Hand ausſtreckte, als ob er die Hand ſeines Freundes ſuchte. — Sie hat ausgelitten, ſagte P. Anton. — Nun Gottlob! ſagte Siegwart, und faltete die Haͤnde; bald auch ich. … Und wo bin ich jetzt? — fragte er nach einiger Zeit wieder .. Jn ihrem Kloſter, war die Ant- wort. . — Jhr ſo nah? … Gott ſey Dank! .. Jhr ſo nah … P. Anton war im tiefſten Schmerz. Siegwart wurde immer ſchwaͤcher; ſprach zuweilen nur ganz abgebrochen: Gottlob! .. Engel! … Mariane! Gott ſey Dank! Jeſus!, bald! …! u. ſ. w. Man hatte nach einem Arzt geſchickt. Dieſer machte hoͤchſtens noch auf fuͤnf bis ſechs Tage Hof- nung. Kann ich nicht noch meinen Kronhelm ſe- hen, und Thereſen? ſagte Siegwart. Man ſchickte nach ihnen, und ſie kamen. Sieg- wart hatte wieder etwas wenige Kraͤfte bekommen, als ſie kamen, und ſaß in einem Lehnſtuhl. P. Anton, der beſtaͤndig um ihn war, hatte ſich nur etliche Stunden entfernt, um nach ſeinem Kloſter zu gehen. Alſo war Siegwart allein, als Kron- helm und Thereſe ins Zimmer traten. — Bruder! riefen beyde, giengen auf ihn zu, und lehnten ſich zu beyden Seiten ſchweigend an den Lehnſtuhl.

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 1064. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/644>, abgerufen am 24.11.2024.