Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.dachtsübungen ein. Er war fleißig bey den Land- leuten, bey denen er ausserordentlich beliebt war. Er predigte viel bey ihnen und stiftete sehr grossen Nutzen, denn sein Vortrag war so faßlich, daß ihn jedes Kind verstehen konnte. Er hatte den Grundsatz, den jeder Prediger haben sollte: Wenn mich der gemeinste Mann vom schwächsten Ver- stand versteht, so versteht mich auch der Aufgeklär- te, und ich werde allen nützlich. Da er die Ge- meinden, und die einzelnen Glieder derselben ge- nau kannte, so war sein Vortrag immer so we- nig allgemein, daß er nur auf die Gemeinde, der er predigte, allein paßte. Alle seine Betrachtun- gen, Bewegungsgründe und Gleichnisse waren vom Landleben und vom Ackerbau hergenommen, und paßten auf keine Stadtgemeinde. Diese Kunst hatte er von Christo gelernt, der die Veranlassun- gen zu seinen Reden immer von denen Gegenstän- den hernahm, die seine Zuhörer vor sich sahen, oder womit sie sich beschäftigten. Wenn er Leute auf dem Feld antraf, so machte er sie auf die Na- tur, und auf den Segen aufmerksam, den Gott überall so reichlich ausgestreut hat. Dadurch flößte er ihnen Liebe und Vertrauen gegen Gott ein, die die beyden Hauptquellen eines reinen und aufrich- dachtsuͤbungen ein. Er war fleißig bey den Land- leuten, bey denen er auſſerordentlich beliebt war. Er predigte viel bey ihnen und ſtiftete ſehr groſſen Nutzen, denn ſein Vortrag war ſo faßlich, daß ihn jedes Kind verſtehen konnte. Er hatte den Grundſatz, den jeder Prediger haben ſollte: Wenn mich der gemeinſte Mann vom ſchwaͤchſten Ver- ſtand verſteht, ſo verſteht mich auch der Aufgeklaͤr- te, und ich werde allen nuͤtzlich. Da er die Ge- meinden, und die einzelnen Glieder derſelben ge- nau kannte, ſo war ſein Vortrag immer ſo we- nig allgemein, daß er nur auf die Gemeinde, der er predigte, allein paßte. Alle ſeine Betrachtun- gen, Bewegungsgruͤnde und Gleichniſſe waren vom Landleben und vom Ackerbau hergenommen, und paßten auf keine Stadtgemeinde. Dieſe Kunſt hatte er von Chriſto gelernt, der die Veranlaſſun- gen zu ſeinen Reden immer von denen Gegenſtaͤn- den hernahm, die ſeine Zuhoͤrer vor ſich ſahen, oder womit ſie ſich beſchaͤftigten. Wenn er Leute auf dem Feld antraf, ſo machte er ſie auf die Na- tur, und auf den Segen aufmerkſam, den Gott uͤberall ſo reichlich ausgeſtreut hat. Dadurch floͤßte er ihnen Liebe und Vertrauen gegen Gott ein, die die beyden Hauptquellen eines reinen und aufrich- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0631" n="1051"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> dachtsuͤbungen ein. Er war fleißig bey den Land-<lb/> leuten, bey denen er auſſerordentlich beliebt war.<lb/> Er predigte viel bey ihnen und ſtiftete ſehr groſſen<lb/> Nutzen, denn ſein Vortrag war ſo faßlich, daß<lb/> ihn jedes Kind verſtehen konnte. Er hatte den<lb/> Grundſatz, den jeder Prediger haben ſollte: Wenn<lb/> mich der gemeinſte Mann vom ſchwaͤchſten Ver-<lb/> ſtand verſteht, ſo verſteht mich auch der Aufgeklaͤr-<lb/> te, und ich werde allen nuͤtzlich. Da er die Ge-<lb/> meinden, und die einzelnen Glieder derſelben ge-<lb/> nau kannte, ſo war ſein Vortrag immer ſo we-<lb/> nig allgemein, daß er nur auf die Gemeinde, der<lb/> er predigte, allein paßte. Alle ſeine Betrachtun-<lb/> gen, Bewegungsgruͤnde und Gleichniſſe waren vom<lb/> Landleben und vom Ackerbau hergenommen, und<lb/> paßten auf keine Stadtgemeinde. Dieſe Kunſt<lb/> hatte er von Chriſto gelernt, der die Veranlaſſun-<lb/> gen zu ſeinen Reden immer von denen Gegenſtaͤn-<lb/> den hernahm, die ſeine Zuhoͤrer vor ſich ſahen,<lb/> oder womit ſie ſich beſchaͤftigten. Wenn er Leute<lb/> auf dem Feld antraf, ſo machte er ſie auf die Na-<lb/> tur, und auf den Segen aufmerkſam, den Gott<lb/> uͤberall ſo reichlich ausgeſtreut hat. Dadurch floͤßte<lb/> er ihnen Liebe und Vertrauen gegen Gott ein, die<lb/> die beyden Hauptquellen eines reinen und aufrich-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [1051/0631]
dachtsuͤbungen ein. Er war fleißig bey den Land-
leuten, bey denen er auſſerordentlich beliebt war.
Er predigte viel bey ihnen und ſtiftete ſehr groſſen
Nutzen, denn ſein Vortrag war ſo faßlich, daß
ihn jedes Kind verſtehen konnte. Er hatte den
Grundſatz, den jeder Prediger haben ſollte: Wenn
mich der gemeinſte Mann vom ſchwaͤchſten Ver-
ſtand verſteht, ſo verſteht mich auch der Aufgeklaͤr-
te, und ich werde allen nuͤtzlich. Da er die Ge-
meinden, und die einzelnen Glieder derſelben ge-
nau kannte, ſo war ſein Vortrag immer ſo we-
nig allgemein, daß er nur auf die Gemeinde, der
er predigte, allein paßte. Alle ſeine Betrachtun-
gen, Bewegungsgruͤnde und Gleichniſſe waren vom
Landleben und vom Ackerbau hergenommen, und
paßten auf keine Stadtgemeinde. Dieſe Kunſt
hatte er von Chriſto gelernt, der die Veranlaſſun-
gen zu ſeinen Reden immer von denen Gegenſtaͤn-
den hernahm, die ſeine Zuhoͤrer vor ſich ſahen,
oder womit ſie ſich beſchaͤftigten. Wenn er Leute
auf dem Feld antraf, ſo machte er ſie auf die Na-
tur, und auf den Segen aufmerkſam, den Gott
uͤberall ſo reichlich ausgeſtreut hat. Dadurch floͤßte
er ihnen Liebe und Vertrauen gegen Gott ein, die
die beyden Hauptquellen eines reinen und aufrich-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |