Nonne im Kloster gestorben sey? Er kam den an- dern Tag mit der Nachricht wieder: Eine junge Nonne sey gestorben, und die Schwester Brigitte sey -- man wisse nicht warum? -- ihres Dienstes entsetzt, und eingeschlossen worden. Man erzählte dieses unserm Siegwart nicht, um nicht seinen Schmerz aufs neu rege zu machen. Er fragte auch nicht darnach, weil er Marianen |schon ge- wiß für todt hielt.
Kein Mensch wagte es, den niedergedrückten Siegwart zu trösten; denn für ihn war kein Trost auf Erden mehr. Mann konnte auch fast gar nichts mit ihm sprechen, weil er von zehn Fragen kaum Eine beantwortete. Er sah immer seine Trauer- kleider an, und weinte. Am dritten Morgen suchte er seine Briefschaften sehr sorgfältig durch, verbrannte alle seine Papiere, und band blos die Briefe von Marianen mit einem perlenfarbnen Band zusammen, das sie ihm einmal geschenkt hatte; auch legte er das Sückchen Tafft dazu, das sie ihm einmal gegeben hatte, seinen Finger zu ver- binden. Jhren Ring trug er am Finger.
Hierauf gieng er zu Kronhelm, und sagte: Hast du Briefe von -- --? Kann ich nun ins Kloster? Kronhelm, der indessen Briefe bekommen hatte,
Nonne im Kloſter geſtorben ſey? Er kam den an- dern Tag mit der Nachricht wieder: Eine junge Nonne ſey geſtorben, und die Schweſter Brigitte ſey — man wiſſe nicht warum? — ihres Dienſtes entſetzt, und eingeſchloſſen worden. Man erzaͤhlte dieſes unſerm Siegwart nicht, um nicht ſeinen Schmerz aufs neu rege zu machen. Er fragte auch nicht darnach, weil er Marianen |ſchon ge- wiß fuͤr todt hielt.
Kein Menſch wagte es, den niedergedruͤckten Siegwart zu troͤſten; denn fuͤr ihn war kein Troſt auf Erden mehr. Mann konnte auch faſt gar nichts mit ihm ſprechen, weil er von zehn Fragen kaum Eine beantwortete. Er ſah immer ſeine Trauer- kleider an, und weinte. Am dritten Morgen ſuchte er ſeine Briefſchaften ſehr ſorgfaͤltig durch, verbrannte alle ſeine Papiere, und band blos die Briefe von Marianen mit einem perlenfarbnen Band zuſammen, das ſie ihm einmal geſchenkt hatte; auch legte er das Suͤckchen Tafft dazu, das ſie ihm einmal gegeben hatte, ſeinen Finger zu ver- binden. Jhren Ring trug er am Finger.
Hierauf gieng er zu Kronhelm, und ſagte: Haſt du Briefe von — —? Kann ich nun ins Kloſter? Kronhelm, der indeſſen Briefe bekommen hatte,
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Nonne im Kloſter geſtorben ſey? Er kam den an-
dern Tag mit der Nachricht wieder: Eine junge
Nonne ſey geſtorben, und die Schweſter Brigitte
ſey — man wiſſe nicht warum? — ihres Dienſtes
entſetzt, und eingeſchloſſen worden. Man erzaͤhlte
dieſes unſerm Siegwart nicht, um nicht ſeinen
Schmerz aufs neu rege zu machen. Er fragte
auch nicht darnach, weil er Marianen |ſchon ge-
wiß fuͤr todt hielt.
Kein Menſch wagte es, den niedergedruͤckten
Siegwart zu troͤſten; denn fuͤr ihn war kein Troſt
auf Erden mehr. Mann konnte auch faſt gar nichts
mit ihm ſprechen, weil er von zehn Fragen kaum
Eine beantwortete. Er ſah immer ſeine Trauer-
kleider an, und weinte. Am dritten Morgen
ſuchte er ſeine Briefſchaften ſehr ſorgfaͤltig durch,
verbrannte alle ſeine Papiere, und band blos die
Briefe von Marianen mit einem perlenfarbnen
Band zuſammen, das ſie ihm einmal geſchenkt
hatte; auch legte er das Suͤckchen Tafft dazu, das
ſie ihm einmal gegeben hatte, ſeinen Finger zu ver-
binden. Jhren Ring trug er am Finger.
Hierauf gieng er zu Kronhelm, und ſagte: Haſt
du Briefe von — —? Kann ich nun ins Kloſter?
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 1020. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/600>, abgerufen am 25.11.2024.
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