Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.weil man vor einigen Jahren einen Kerl, der sich selbst erhenkt hatte, darinn begraben habe, und da sey nun die allgemeine Sage, er geh im Wald um, und thu den Leuten allerley Spuck an; wir könn- ten also hier ganz sicher wohnen. Er brachte einen Zwerchsack voll Brod und Käse, und allerley Bau- werkzeuge mit. Den andern Tag hauten wir ei- nige junge Tannen ab, schlugen davon vier Pfähle in die Erde, gruben die Erde auf; flochten Wände von schlankem Tannenreiß, verklebten sie mit Leim, legten etlich Stangen quer über die Hütte, mach- ten ein Dach von Tannenreiß, und waren in et- lich Tagen mit unsrer Wohnung fertig. Den Platz dort gruben wir zu einem Kohlgärtchen um. Mein | Heinrich kaufte auf dem Dorf Samen, die sehr gut gedeihten, so daß wir im Herbst schon Kohl und Rüben und dergleichen hatten. Er brachte auch zwo Waldbrüderkleidungen mit, für mich, und ihn. Jm Herbst kaufte er die Obst- bäume, die du hier gepflanzet siehst. Sie sind nun bald zwölf Jahr alt, und gedeihen, gottlob! gut. Wir richteten uns jeden Tag bequemer ein, säeten auch etwas Winterfrucht aus, so daß wir nun nicht mehr so oft etwas aus dem Dorf brauchten. Man erfuhrs in den umliegenden Dörfern bald, weil man vor einigen Jahren einen Kerl, der ſich ſelbſt erhenkt hatte, darinn begraben habe, und da ſey nun die allgemeine Sage, er geh im Wald um, und thu den Leuten allerley Spuck an; wir koͤnn- ten alſo hier ganz ſicher wohnen. Er brachte einen Zwerchſack voll Brod und Kaͤſe, und allerley Bau- werkzeuge mit. Den andern Tag hauten wir ei- nige junge Tannen ab, ſchlugen davon vier Pfaͤhle in die Erde, gruben die Erde auf; flochten Waͤnde von ſchlankem Tannenreiß, verklebten ſie mit Leim, legten etlich Stangen quer uͤber die Huͤtte, mach- ten ein Dach von Tannenreiß, und waren in et- lich Tagen mit unſrer Wohnung fertig. Den Platz dort gruben wir zu einem Kohlgaͤrtchen um. Mein | Heinrich kaufte auf dem Dorf Samen, die ſehr gut gedeihten, ſo daß wir im Herbſt ſchon Kohl und Ruͤben und dergleichen hatten. Er brachte auch zwo Waldbruͤderkleidungen mit, fuͤr mich, und ihn. Jm Herbſt kaufte er die Obſt- baͤume, die du hier gepflanzet ſiehſt. Sie ſind nun bald zwoͤlf Jahr alt, und gedeihen, gottlob! gut. Wir richteten uns jeden Tag bequemer ein, ſaͤeten auch etwas Winterfrucht aus, ſo daß wir nun nicht mehr ſo oft etwas aus dem Dorf brauchten. Man erfuhrs in den umliegenden Doͤrfern bald, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0534" n="954"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> weil man vor einigen Jahren einen Kerl, der ſich ſelbſt<lb/> erhenkt hatte, darinn begraben habe, und da ſey<lb/> nun die allgemeine Sage, er geh im Wald um,<lb/> und thu den Leuten allerley Spuck an; wir koͤnn-<lb/> ten alſo hier ganz ſicher wohnen. Er brachte einen<lb/> Zwerchſack voll Brod und Kaͤſe, und allerley Bau-<lb/> werkzeuge mit. Den andern Tag hauten wir ei-<lb/> nige junge Tannen ab, ſchlugen davon vier Pfaͤhle<lb/> in die Erde, gruben die Erde auf; flochten Waͤnde<lb/> von ſchlankem Tannenreiß, verklebten ſie mit Leim,<lb/> legten etlich Stangen quer uͤber die Huͤtte, mach-<lb/> ten ein Dach von Tannenreiß, und waren in et-<lb/> lich Tagen mit unſrer Wohnung fertig. Den<lb/> Platz dort gruben wir zu einem Kohlgaͤrtchen um.<lb/> Mein | Heinrich kaufte auf dem Dorf Samen, die<lb/> ſehr gut gedeihten, ſo daß wir im Herbſt ſchon<lb/> Kohl und Ruͤben und dergleichen hatten. Er<lb/> brachte auch zwo Waldbruͤderkleidungen mit, fuͤr<lb/> mich, und ihn. Jm Herbſt kaufte er die Obſt-<lb/> baͤume, die du hier gepflanzet ſiehſt. Sie ſind<lb/> nun bald zwoͤlf Jahr alt, und gedeihen, gottlob!<lb/> gut. Wir richteten uns jeden Tag bequemer ein,<lb/> ſaͤeten auch etwas Winterfrucht aus, ſo daß wir nun<lb/> nicht mehr ſo oft etwas aus dem Dorf brauchten.<lb/> Man erfuhrs in den umliegenden Doͤrfern bald,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [954/0534]
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erhenkt hatte, darinn begraben habe, und da ſey
nun die allgemeine Sage, er geh im Wald um,
und thu den Leuten allerley Spuck an; wir koͤnn-
ten alſo hier ganz ſicher wohnen. Er brachte einen
Zwerchſack voll Brod und Kaͤſe, und allerley Bau-
werkzeuge mit. Den andern Tag hauten wir ei-
nige junge Tannen ab, ſchlugen davon vier Pfaͤhle
in die Erde, gruben die Erde auf; flochten Waͤnde
von ſchlankem Tannenreiß, verklebten ſie mit Leim,
legten etlich Stangen quer uͤber die Huͤtte, mach-
ten ein Dach von Tannenreiß, und waren in et-
lich Tagen mit unſrer Wohnung fertig. Den
Platz dort gruben wir zu einem Kohlgaͤrtchen um.
Mein | Heinrich kaufte auf dem Dorf Samen, die
ſehr gut gedeihten, ſo daß wir im Herbſt ſchon
Kohl und Ruͤben und dergleichen hatten. Er
brachte auch zwo Waldbruͤderkleidungen mit, fuͤr
mich, und ihn. Jm Herbſt kaufte er die Obſt-
baͤume, die du hier gepflanzet ſiehſt. Sie ſind
nun bald zwoͤlf Jahr alt, und gedeihen, gottlob!
gut. Wir richteten uns jeden Tag bequemer ein,
ſaͤeten auch etwas Winterfrucht aus, ſo daß wir nun
nicht mehr ſo oft etwas aus dem Dorf brauchten.
Man erfuhrs in den umliegenden Doͤrfern bald,
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