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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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machte. Mit diesen Worten machte der Bediente
die Hausthüre auf, als ob er unserm Siegwart den
Weg weisen wollte. Dieser gieng weg, und zit-
terte vor Zorn und Unwillen. Zu Haus stampfte
er auf die Erde. Das sind Menschen! sagte er,
und knirschte mit den Zähnen. Er weinte vor un-
terdrückter Wuth. Pfuy den Hundskerl! sagte er,
und spie aus. So will ich mich denn auf keinen Men-
schen mehr verlassen! Keiner ist einen Heller werth,
Pfuy! Je vornehmer, desto liederlicher und stol-
zer, Pfuy! -- Zuletzt gieng seine Verachtung wie-
der in Wehmuth und in Thränen über. Er dachte
sich seine Mariane, seinen Vater, und überließ
sich seinem Schmerz. Abends gieng er bald zu
Bett, und konnte doch nicht schlafen. Er sprach
mit sich selber, redete bald den einen, bald den andern
von seinen Freunden an, und klagte ihnen seinen
Jammer. Endlich fielen ihm Fran Held und Ka-
roline ein, und, mit ihnen, der Gedanke, sie
morgen zu besuchen; und bey ihnen wenigstens
den Trost zu finden, seinem Schmerz durch Er-
zählung etwas Luft zu machen. Dieser Gedanke
beschäftigte ihn noch so lange, bis er endlich mit
einem, ganz erleichterten Herzen, einschlief.



machte. Mit dieſen Worten machte der Bediente
die Hausthuͤre auf, als ob er unſerm Siegwart den
Weg weiſen wollte. Dieſer gieng weg, und zit-
terte vor Zorn und Unwillen. Zu Haus ſtampfte
er auf die Erde. Das ſind Menſchen! ſagte er,
und knirſchte mit den Zaͤhnen. Er weinte vor un-
terdruͤckter Wuth. Pfuy den Hundskerl! ſagte er,
und ſpie aus. So will ich mich denn auf keinen Men-
ſchen mehr verlaſſen! Keiner iſt einen Heller werth,
Pfuy! Je vornehmer, deſto liederlicher und ſtol-
zer, Pfuy! — Zuletzt gieng ſeine Verachtung wie-
der in Wehmuth und in Thraͤnen uͤber. Er dachte
ſich ſeine Mariane, ſeinen Vater, und uͤberließ
ſich ſeinem Schmerz. Abends gieng er bald zu
Bett, und konnte doch nicht ſchlafen. Er ſprach
mit ſich ſelber, redete bald den einen, bald den andern
von ſeinen Freunden an, und klagte ihnen ſeinen
Jammer. Endlich fielen ihm Fran Held und Ka-
roline ein, und, mit ihnen, der Gedanke, ſie
morgen zu beſuchen; und bey ihnen wenigſtens
den Troſt zu finden, ſeinem Schmerz durch Er-
zaͤhlung etwas Luft zu machen. Dieſer Gedanke
beſchaͤftigte ihn noch ſo lange, bis er endlich mit
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[925/0505] machte. Mit dieſen Worten machte der Bediente die Hausthuͤre auf, als ob er unſerm Siegwart den Weg weiſen wollte. Dieſer gieng weg, und zit- terte vor Zorn und Unwillen. Zu Haus ſtampfte er auf die Erde. Das ſind Menſchen! ſagte er, und knirſchte mit den Zaͤhnen. Er weinte vor un- terdruͤckter Wuth. Pfuy den Hundskerl! ſagte er, und ſpie aus. So will ich mich denn auf keinen Men- ſchen mehr verlaſſen! Keiner iſt einen Heller werth, Pfuy! Je vornehmer, deſto liederlicher und ſtol- zer, Pfuy! — Zuletzt gieng ſeine Verachtung wie- der in Wehmuth und in Thraͤnen uͤber. Er dachte ſich ſeine Mariane, ſeinen Vater, und uͤberließ ſich ſeinem Schmerz. Abends gieng er bald zu Bett, und konnte doch nicht ſchlafen. Er ſprach mit ſich ſelber, redete bald den einen, bald den andern von ſeinen Freunden an, und klagte ihnen ſeinen Jammer. Endlich fielen ihm Fran Held und Ka- roline ein, und, mit ihnen, der Gedanke, ſie morgen zu beſuchen; und bey ihnen wenigſtens den Troſt zu finden, ſeinem Schmerz durch Er- zaͤhlung etwas Luft zu machen. Dieſer Gedanke beſchaͤftigte ihn noch ſo lange, bis er endlich mit einem, ganz erleichterten Herzen, einſchlief.

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 925. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/505>, abgerufen am 22.11.2024.