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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Kronhelm wagten sie es nicht, etwas drüber zu
sagen, weil dieser ihnen erst vorher seinen Erban-
theil geschenkt hatte. Man fand das Päckchen mit
Dukaten. Kronhelm sagte: steck es ein, und ver-
brauch es, wie, und zu was du willst! Die Uni-
versitätskosten übernehme ich, wie ich schon gesagt
habe. Therese fand auch den Ring ihres Vaters,
küßte, und steckte ihn mit Thränen an den Finger.
Sie giengen wieder in den Garten, und brachten
den Abend gröstentheils mit wehmüthigen Gesprä-
chen hin. Therese wollte das Grab ihres Vaters
besuchen; aber Kronhelm bat sie sehr, es nicht zu
thun, weil er fürchtete, es möchte sie der Schmerz
zu sehr angreifen, und ihrer Gesundheit, da sie
schwanger war, Schaden thun. Dagegen mußte
er ihr versprechen, zu andrer Zeit einmal das Grab
mit ihr zu besuchen. Als Siegwart Gelegenheit hatte,
allein mit ihr zu reden, entdeckte er ihr einen Ent-
wurf, den er in Absicht auf sein Geld gemacht
hatte. Salome dauert mich, sagte er; sie ist am
wenigsten unter uns versorgt, seit die Base in
München todt ist. Da dein lieber Mann seine
Großmuth so weit treibt, daß er mich ganz auf sei-
ne Kosten will studieren lassen, so kann ich, mei-
ner Einsicht nach, das Geld von unserm seligen



Kronhelm wagten ſie es nicht, etwas druͤber zu
ſagen, weil dieſer ihnen erſt vorher ſeinen Erban-
theil geſchenkt hatte. Man fand das Paͤckchen mit
Dukaten. Kronhelm ſagte: ſteck es ein, und ver-
brauch es, wie, und zu was du willſt! Die Uni-
verſitaͤtskoſten uͤbernehme ich, wie ich ſchon geſagt
habe. Thereſe fand auch den Ring ihres Vaters,
kuͤßte, und ſteckte ihn mit Thraͤnen an den Finger.
Sie giengen wieder in den Garten, und brachten
den Abend groͤſtentheils mit wehmuͤthigen Geſpraͤ-
chen hin. Thereſe wollte das Grab ihres Vaters
beſuchen; aber Kronhelm bat ſie ſehr, es nicht zu
thun, weil er fuͤrchtete, es moͤchte ſie der Schmerz
zu ſehr angreifen, und ihrer Geſundheit, da ſie
ſchwanger war, Schaden thun. Dagegen mußte
er ihr verſprechen, zu andrer Zeit einmal das Grab
mit ihr zu beſuchen. Als Siegwart Gelegenheit hatte,
allein mit ihr zu reden, entdeckte er ihr einen Ent-
wurf, den er in Abſicht auf ſein Geld gemacht
hatte. Salome dauert mich, ſagte er; ſie iſt am
wenigſten unter uns verſorgt, ſeit die Baſe in
Muͤnchen todt iſt. Da dein lieber Mann ſeine
Großmuth ſo weit treibt, daß er mich ganz auf ſei-
ne Koſten will ſtudieren laſſen, ſo kann ich, mei-
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[894/0474] Kronhelm wagten ſie es nicht, etwas druͤber zu ſagen, weil dieſer ihnen erſt vorher ſeinen Erban- theil geſchenkt hatte. Man fand das Paͤckchen mit Dukaten. Kronhelm ſagte: ſteck es ein, und ver- brauch es, wie, und zu was du willſt! Die Uni- verſitaͤtskoſten uͤbernehme ich, wie ich ſchon geſagt habe. Thereſe fand auch den Ring ihres Vaters, kuͤßte, und ſteckte ihn mit Thraͤnen an den Finger. Sie giengen wieder in den Garten, und brachten den Abend groͤſtentheils mit wehmuͤthigen Geſpraͤ- chen hin. Thereſe wollte das Grab ihres Vaters beſuchen; aber Kronhelm bat ſie ſehr, es nicht zu thun, weil er fuͤrchtete, es moͤchte ſie der Schmerz zu ſehr angreifen, und ihrer Geſundheit, da ſie ſchwanger war, Schaden thun. Dagegen mußte er ihr verſprechen, zu andrer Zeit einmal das Grab mit ihr zu beſuchen. Als Siegwart Gelegenheit hatte, allein mit ihr zu reden, entdeckte er ihr einen Ent- wurf, den er in Abſicht auf ſein Geld gemacht hatte. Salome dauert mich, ſagte er; ſie iſt am wenigſten unter uns verſorgt, ſeit die Baſe in Muͤnchen todt iſt. Da dein lieber Mann ſeine Großmuth ſo weit treibt, daß er mich ganz auf ſei- ne Koſten will ſtudieren laſſen, ſo kann ich, mei- ner Einſicht nach, das Geld von unſerm ſeligen

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 894. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/474>, abgerufen am 24.11.2024.