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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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gestützt, am Tisch, und seine Frau neben ihm.
Wo fehlts, Thomas? sagte Siegwart. Ach, über-
all, Herr! antwortete der Bauer. Wir sind eben
geschlagene Leute, seit uns unser Herr Gott so
heimgesucht, und all unser Korn durch den Ha-
gel weggenommen hat. Da sitzen meine Leute
nun, und haben nichts zu thun, als die Aecker, wo
die liebe Saat gestanden hat, umzupflügen, und
allenfalls Rüben oder Wickenfutter drauf zu säen.
Jch weis nicht, wie's mir auf den Winter gehen
wird, zumal wenn die Herrschaft doch die Gebühr
haben will. Stand nicht unser Feld so schön, und
als ich da nach dem Hagelwetter hinauskomm, steht
kein Halm mehr, und das Wasser läuft mir strom-
weis entgegen, und die Leute liegen auf den
Knien, schlagen die Händ' über'm Kopf zusammen,
und fangen ein Geheul an, daß ich bald mein
eignes Elend drob vergessen hätte. Es ist, weis
Gott! ein Hartes; und, wenns nicht von Gott
herkäme, wüßt ich mich nicht drein zu finden! Er
klagte noch eine gute Zeit so fort, und sagte: wenn
er nur zwölf Gulden hätte, um neues Saamen-
korn einzukaufen, und seine Haushaltung etwas
zu bestreiten, so gieng's noch an, sonst müss' er
einen Acker verkaufen; und jetzt gebe niemand



geſtuͤtzt, am Tiſch, und ſeine Frau neben ihm.
Wo fehlts, Thomas? ſagte Siegwart. Ach, uͤber-
all, Herr! antwortete der Bauer. Wir ſind eben
geſchlagene Leute, ſeit uns unſer Herr Gott ſo
heimgeſucht, und all unſer Korn durch den Ha-
gel weggenommen hat. Da ſitzen meine Leute
nun, und haben nichts zu thun, als die Aecker, wo
die liebe Saat geſtanden hat, umzupfluͤgen, und
allenfalls Ruͤben oder Wickenfutter drauf zu ſaͤen.
Jch weis nicht, wie’s mir auf den Winter gehen
wird, zumal wenn die Herrſchaft doch die Gebuͤhr
haben will. Stand nicht unſer Feld ſo ſchoͤn, und
als ich da nach dem Hagelwetter hinauskomm, ſteht
kein Halm mehr, und das Waſſer laͤuft mir ſtrom-
weis entgegen, und die Leute liegen auf den
Knien, ſchlagen die Haͤnd’ uͤber’m Kopf zuſammen,
und fangen ein Geheul an, daß ich bald mein
eignes Elend drob vergeſſen haͤtte. Es iſt, weis
Gott! ein Hartes; und, wenns nicht von Gott
herkaͤme, wuͤßt ich mich nicht drein zu finden! Er
klagte noch eine gute Zeit ſo fort, und ſagte: wenn
er nur zwoͤlf Gulden haͤtte, um neues Saamen-
korn einzukaufen, und ſeine Haushaltung etwas
zu beſtreiten, ſo gieng’s noch an, ſonſt muͤſſ’ er
einen Acker verkaufen; und jetzt gebe niemand

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[858/0438] geſtuͤtzt, am Tiſch, und ſeine Frau neben ihm. Wo fehlts, Thomas? ſagte Siegwart. Ach, uͤber- all, Herr! antwortete der Bauer. Wir ſind eben geſchlagene Leute, ſeit uns unſer Herr Gott ſo heimgeſucht, und all unſer Korn durch den Ha- gel weggenommen hat. Da ſitzen meine Leute nun, und haben nichts zu thun, als die Aecker, wo die liebe Saat geſtanden hat, umzupfluͤgen, und allenfalls Ruͤben oder Wickenfutter drauf zu ſaͤen. Jch weis nicht, wie’s mir auf den Winter gehen wird, zumal wenn die Herrſchaft doch die Gebuͤhr haben will. Stand nicht unſer Feld ſo ſchoͤn, und als ich da nach dem Hagelwetter hinauskomm, ſteht kein Halm mehr, und das Waſſer laͤuft mir ſtrom- weis entgegen, und die Leute liegen auf den Knien, ſchlagen die Haͤnd’ uͤber’m Kopf zuſammen, und fangen ein Geheul an, daß ich bald mein eignes Elend drob vergeſſen haͤtte. Es iſt, weis Gott! ein Hartes; und, wenns nicht von Gott herkaͤme, wuͤßt ich mich nicht drein zu finden! Er klagte noch eine gute Zeit ſo fort, und ſagte: wenn er nur zwoͤlf Gulden haͤtte, um neues Saamen- korn einzukaufen, und ſeine Haushaltung etwas zu beſtreiten, ſo gieng’s noch an, ſonſt muͤſſ’ er einen Acker verkaufen; und jetzt gebe niemand

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 858. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/438>, abgerufen am 25.11.2024.