aus, bis es ausgelöscht wurde. Endlich gieng er, vergnügt wie ein Engel, zu Bette.
Um vier Uhr ward er durch das Horn des Kuh- hirten, durch das Geblök der Kühe, und das Schnattern der Gänse, die man austrieb, schon wieder wach gemacht; auch unten in seinem Hau- se war schon alles munter. Er zog sich an, und gieng hinab. Ey, Ey, sagte Thomas, auch schon auf? Das hätt ich nicht gedacht, daß die Stadt- herren so bald aus den Federn könnten. Komm, Anne, so hieß sein Weib, grüß den Herrn! Du hast ihn doch noch nicht gesehen. 's ist meiner Seel ein braver Herr, und so gemein; denn er spricht mit unser einem, wie mit seines Gleichen. Anne war ein freundliches Weib, und both Sieg- wart an, in die Stube zu gehen, und Haberbrey mit zu essen. Thomas lachte sie über dieses Aner- bieten aus; Siegwart aber sagte, daß er alles mitmache, und gieng in die Stube. Das Gesin- de saß um eine große, dampfende Breypfanne herum, den rechten Arm auf den Linken gestützt, und aß nach Herzenslust. Sie gafften unsern Siegwart staunend an, und winkten sich einander zu, als ob sie sagen wollten: Sieh! das ist ein rechter Herr! Er sah auf seine Taschenuhr, und zog sie auf. Die
aus, bis es ausgeloͤſcht wurde. Endlich gieng er, vergnuͤgt wie ein Engel, zu Bette.
Um vier Uhr ward er durch das Horn des Kuh- hirten, durch das Gebloͤk der Kuͤhe, und das Schnattern der Gaͤnſe, die man austrieb, ſchon wieder wach gemacht; auch unten in ſeinem Hau- ſe war ſchon alles munter. Er zog ſich an, und gieng hinab. Ey, Ey, ſagte Thomas, auch ſchon auf? Das haͤtt ich nicht gedacht, daß die Stadt- herren ſo bald aus den Federn koͤnnten. Komm, Anne, ſo hieß ſein Weib, gruͤß den Herrn! Du haſt ihn doch noch nicht geſehen. ’s iſt meiner Seel ein braver Herr, und ſo gemein; denn er ſpricht mit unſer einem, wie mit ſeines Gleichen. Anne war ein freundliches Weib, und both Sieg- wart an, in die Stube zu gehen, und Haberbrey mit zu eſſen. Thomas lachte ſie uͤber dieſes Aner- bieten aus; Siegwart aber ſagte, daß er alles mitmache, und gieng in die Stube. Das Geſin- de ſaß um eine große, dampfende Breypfanne herum, den rechten Arm auf den Linken geſtuͤtzt, und aß nach Herzensluſt. Sie gafften unſern Siegwart ſtaunend an, und winkten ſich einander zu, als ob ſie ſagen wollten: Sieh! das iſt ein rechter Herr! Er ſah auf ſeine Taſchenuhr, und zog ſie auf. Die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0430"n="850"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
aus, bis es ausgeloͤſcht wurde. Endlich gieng er,<lb/>
vergnuͤgt wie ein Engel, zu Bette.</p><lb/><p>Um vier Uhr ward er durch das Horn des Kuh-<lb/>
hirten, durch das Gebloͤk der Kuͤhe, und das<lb/>
Schnattern der Gaͤnſe, die man austrieb, ſchon<lb/>
wieder wach gemacht; auch unten in ſeinem Hau-<lb/>ſe war ſchon alles munter. Er zog ſich an, und<lb/>
gieng hinab. Ey, Ey, ſagte Thomas, auch ſchon<lb/>
auf? Das haͤtt ich nicht gedacht, daß die Stadt-<lb/>
herren ſo bald aus den Federn koͤnnten. Komm,<lb/>
Anne, ſo hieß ſein Weib, gruͤß den Herrn! Du<lb/>
haſt ihn doch noch nicht geſehen. ’s iſt meiner<lb/>
Seel ein braver Herr, und ſo gemein; denn er<lb/>ſpricht mit unſer einem, wie mit ſeines Gleichen.<lb/>
Anne war ein freundliches Weib, und both Sieg-<lb/>
wart an, in die Stube zu gehen, und Haberbrey<lb/>
mit zu eſſen. Thomas lachte ſie uͤber dieſes Aner-<lb/>
bieten aus; Siegwart aber ſagte, daß er alles<lb/>
mitmache, und gieng in die Stube. Das Geſin-<lb/>
de ſaß um eine große, dampfende Breypfanne herum,<lb/>
den rechten Arm auf den Linken geſtuͤtzt, und aß<lb/>
nach Herzensluſt. Sie gafften unſern Siegwart<lb/>ſtaunend an, und winkten ſich einander zu, als ob<lb/>ſie ſagen wollten: Sieh! das iſt ein rechter Herr!<lb/>
Er ſah auf ſeine Taſchenuhr, und zog ſie auf. Die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[850/0430]
aus, bis es ausgeloͤſcht wurde. Endlich gieng er,
vergnuͤgt wie ein Engel, zu Bette.
Um vier Uhr ward er durch das Horn des Kuh-
hirten, durch das Gebloͤk der Kuͤhe, und das
Schnattern der Gaͤnſe, die man austrieb, ſchon
wieder wach gemacht; auch unten in ſeinem Hau-
ſe war ſchon alles munter. Er zog ſich an, und
gieng hinab. Ey, Ey, ſagte Thomas, auch ſchon
auf? Das haͤtt ich nicht gedacht, daß die Stadt-
herren ſo bald aus den Federn koͤnnten. Komm,
Anne, ſo hieß ſein Weib, gruͤß den Herrn! Du
haſt ihn doch noch nicht geſehen. ’s iſt meiner
Seel ein braver Herr, und ſo gemein; denn er
ſpricht mit unſer einem, wie mit ſeines Gleichen.
Anne war ein freundliches Weib, und both Sieg-
wart an, in die Stube zu gehen, und Haberbrey
mit zu eſſen. Thomas lachte ſie uͤber dieſes Aner-
bieten aus; Siegwart aber ſagte, daß er alles
mitmache, und gieng in die Stube. Das Geſin-
de ſaß um eine große, dampfende Breypfanne herum,
den rechten Arm auf den Linken geſtuͤtzt, und aß
nach Herzensluſt. Sie gafften unſern Siegwart
ſtaunend an, und winkten ſich einander zu, als ob
ſie ſagen wollten: Sieh! das iſt ein rechter Herr!
Er ſah auf ſeine Taſchenuhr, und zog ſie auf. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 850. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/430>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.