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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Recht; alles geht nach Wunsch. Meinem Vater
hab ich nun auch geschrieben, und in höchstens vier-
zehn Tagen hab ich Antwort. Lieber Engel! ach,
wir müssen glücklich werden! -- Lieb und Selig-
keit umschwebte nun wieder unser keusches Paar. --
Was macht Jhr Finger? sagte sie nach einiger Zeit.
Jst er wieder heil? Sie haben ja nicht mehr den
Tafft drauf, den ich Jhnen gab. Hier ist er, sag-
te er, und zog seine Brieftasche heraus; das ist mir
ein Heiligthum, das ich bey mir tragen werde,
noch im Grab. Und ich dieses, sagte Mariane,
und zog ein weisses Schnupftuch aus der Tasche,
auf dem ein Tropfen von seinem Blut war. Die-
sen Blutstropfen hab ich aufgefangen; das Schnupf-
tuch geb ich nie aus meiner Hand; auch solls nie
gewaschen werden. -- Liebes, liebes Mädchen!
rief er aus, und drückte sie ans Herz. Dieser
Tropfen hat einst dir geschlagen; jeder andrer soll
dir schlagen; bis ich todt bin! -- Sie nahmen
hierauf Verabredungen wegen Marianens Reise
aufs Land. Sie sagte, daß sie schon mit ihrer
Freundin drüber gesprochen habe. Diese woll
ihn Einmal einladen, damit er mit ihrer Tante
bekannt werde, und dann könn' er ohne Anstand
alle Tage kommen, denn die Tante sey die billigste



Recht; alles geht nach Wunſch. Meinem Vater
hab ich nun auch geſchrieben, und in hoͤchſtens vier-
zehn Tagen hab ich Antwort. Lieber Engel! ach,
wir muͤſſen gluͤcklich werden! — Lieb und Selig-
keit umſchwebte nun wieder unſer keuſches Paar. —
Was macht Jhr Finger? ſagte ſie nach einiger Zeit.
Jſt er wieder heil? Sie haben ja nicht mehr den
Tafft drauf, den ich Jhnen gab. Hier iſt er, ſag-
te er, und zog ſeine Brieftaſche heraus; das iſt mir
ein Heiligthum, das ich bey mir tragen werde,
noch im Grab. Und ich dieſes, ſagte Mariane,
und zog ein weiſſes Schnupftuch aus der Taſche,
auf dem ein Tropfen von ſeinem Blut war. Die-
ſen Blutstropfen hab ich aufgefangen; das Schnupf-
tuch geb ich nie aus meiner Hand; auch ſolls nie
gewaſchen werden. — Liebes, liebes Maͤdchen!
rief er aus, und druͤckte ſie ans Herz. Dieſer
Tropfen hat einſt dir geſchlagen; jeder andrer ſoll
dir ſchlagen; bis ich todt bin! — Sie nahmen
hierauf Verabredungen wegen Marianens Reiſe
aufs Land. Sie ſagte, daß ſie ſchon mit ihrer
Freundin druͤber geſprochen habe. Dieſe woll
ihn Einmal einladen, damit er mit ihrer Tante
bekannt werde, und dann koͤnn’ er ohne Anſtand
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[831/0411] Recht; alles geht nach Wunſch. Meinem Vater hab ich nun auch geſchrieben, und in hoͤchſtens vier- zehn Tagen hab ich Antwort. Lieber Engel! ach, wir muͤſſen gluͤcklich werden! — Lieb und Selig- keit umſchwebte nun wieder unſer keuſches Paar. — Was macht Jhr Finger? ſagte ſie nach einiger Zeit. Jſt er wieder heil? Sie haben ja nicht mehr den Tafft drauf, den ich Jhnen gab. Hier iſt er, ſag- te er, und zog ſeine Brieftaſche heraus; das iſt mir ein Heiligthum, das ich bey mir tragen werde, noch im Grab. Und ich dieſes, ſagte Mariane, und zog ein weiſſes Schnupftuch aus der Taſche, auf dem ein Tropfen von ſeinem Blut war. Die- ſen Blutstropfen hab ich aufgefangen; das Schnupf- tuch geb ich nie aus meiner Hand; auch ſolls nie gewaſchen werden. — Liebes, liebes Maͤdchen! rief er aus, und druͤckte ſie ans Herz. Dieſer Tropfen hat einſt dir geſchlagen; jeder andrer ſoll dir ſchlagen; bis ich todt bin! — Sie nahmen hierauf Verabredungen wegen Marianens Reiſe aufs Land. Sie ſagte, daß ſie ſchon mit ihrer Freundin druͤber geſprochen habe. Dieſe woll ihn Einmal einladen, damit er mit ihrer Tante bekannt werde, und dann koͤnn’ er ohne Anſtand alle Tage kommen, denn die Tante ſey die billigſte

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 831. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/411>, abgerufen am 22.11.2024.