nen Brautgesang singen; aber Brautgesänge sollten freudig seyn. Jch schreib euch aber doch das Lied ab, ob ich gleich nicht sagen konnte, was ich woll- te. Es kam doch aus brüderlichem Herzen. Jch will an eurem Hochzeittage für Euch beten, und mein Leid vergessen. Liebt Euch treu, und seyd gesegnet! Dieß ist alles, was ich wünschen kann. Betet auch zuweilen in Eurem Glück für Euren Bruder! Denn ich glaube, das Gebeth der Glück- lichen vermag viel. Betrübt Euch nicht zu sehr! Meine Leiden sind nicht ewig, und ich glaub an einen Gott, der unser aller Vater ist, auch wenn Er züchtiget. Hier ist noch das Lied.
Jch bin ewig Euer Bruder
Xaver Siegwart.
Auf die Vermählung meiner theuren Schwe- ster und meines theuren Kronhelms.
Keimen sah ich Eure Liebe, Wie den Weidenzweig am Quell; Oft war Euch der Himmel trübe, Oft schien Euch die Sonne hell.
Stürme beugten oft Euch nieder, Drohten Untergang und Tod, Aber Jhr erhobt Euch wieder Jm erhellten Abendroth. --
nen Brautgeſang ſingen; aber Brautgeſaͤnge ſollten freudig ſeyn. Jch ſchreib euch aber doch das Lied ab, ob ich gleich nicht ſagen konnte, was ich woll- te. Es kam doch aus bruͤderlichem Herzen. Jch will an eurem Hochzeittage fuͤr Euch beten, und mein Leid vergeſſen. Liebt Euch treu, und ſeyd geſegnet! Dieß iſt alles, was ich wuͤnſchen kann. Betet auch zuweilen in Eurem Gluͤck fuͤr Euren Bruder! Denn ich glaube, das Gebeth der Gluͤck- lichen vermag viel. Betruͤbt Euch nicht zu ſehr! Meine Leiden ſind nicht ewig, und ich glaub an einen Gott, der unſer aller Vater iſt, auch wenn Er zuͤchtiget. Hier iſt noch das Lied.
Jch bin ewig Euer Bruder
Xaver Siegwart.
Auf die Vermaͤhlung meiner theuren Schwe- ſter und meines theuren Kronhelms.
Keimen ſah ich Eure Liebe, Wie den Weidenzweig am Quell; Oft war Euch der Himmel truͤbe, Oft ſchien Euch die Sonne hell.
Stuͤrme beugten oft Euch nieder, Drohten Untergang und Tod, Aber Jhr erhobt Euch wieder Jm erhellten Abendroth. —
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nen Brautgeſang ſingen; aber Brautgeſaͤnge ſollten
freudig ſeyn. Jch ſchreib euch aber doch das Lied
ab, ob ich gleich nicht ſagen konnte, was ich woll-
te. Es kam doch aus bruͤderlichem Herzen. Jch
will an eurem Hochzeittage fuͤr Euch beten, und
mein Leid vergeſſen. Liebt Euch treu, und ſeyd
geſegnet! Dieß iſt alles, was ich wuͤnſchen kann.
Betet auch zuweilen in Eurem Gluͤck fuͤr Euren
Bruder! Denn ich glaube, das Gebeth der Gluͤck-
lichen vermag viel. Betruͤbt Euch nicht zu ſehr!
Meine Leiden ſind nicht ewig, und ich glaub an
einen Gott, der unſer aller Vater iſt, auch wenn
Er zuͤchtiget. Hier iſt noch das Lied.
Jch bin ewig
Euer Bruder
Xaver Siegwart.
Auf die Vermaͤhlung meiner theuren Schwe-
ſter und meines theuren Kronhelms.
Keimen ſah ich Eure Liebe,
Wie den Weidenzweig am Quell;
Oft war Euch der Himmel truͤbe,
Oft ſchien Euch die Sonne hell.
Stuͤrme beugten oft Euch nieder,
Drohten Untergang und Tod,
Aber Jhr erhobt Euch wieder
Jm erhellten Abendroth. —
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 799. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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