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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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was zu regnen. -- Seys! sagte Mariane; wir
haben nun doch noch die Schlittenfahrt gehabt.
Vielleicht können Sie auch morgen noch nicht rei-
sen. Kronhelm sagte, sie müsten, wo möglich, fort.
Nun stellte sich Mariane an den Flügel, schlug,
ohne hinzusehen, ein paar Töne, sah ihren Sieg-
wart an, gab ihm die Hand, und sank in seinen
Arm. Seligkeit des Himmels ward um ihn herum,
und noch mehr in seiner Seele. -- Du must spie-
len, sagte er zu Kronhelm, damit man unten
und im Hause glaubt, wir machen Musik. Kron-
helm spielte sich, ganz allein, auf seiner Violine
recht müde; oft ganz wild, und heftig wie der Tau-
mel der Liebe; dann wieder schmachtend und zärtlich,
gleich der Empfindung unsrer Liebenden. Sie sas-
sen im Kanapee beysammen, glücklicher als alle
Könige der Erden. Jhre Zunge konnte nicht re-
den; nur ihr Auge sprach, und ihr Händedruck.
Liebes Mädchen! Lieber Engel! war alles, was
zuweilen Siegwart sagte. Dann lehnte sie wieder
ihr Gesicht an seine Brust. Er küßte sie auf ihre
schönen Augen. Sie sah auf, erhub sich etwas
und küßte seine offne, hochgewölbte Stirne. Wenn
ihre Blicke sich begegneten, wenn ihr Auge scharf
in seines sah, dann schoß ihm eine Thräne drein,



was zu regnen. — Seys! ſagte Mariane; wir
haben nun doch noch die Schlittenfahrt gehabt.
Vielleicht koͤnnen Sie auch morgen noch nicht rei-
ſen. Kronhelm ſagte, ſie muͤſten, wo moͤglich, fort.
Nun ſtellte ſich Mariane an den Fluͤgel, ſchlug,
ohne hinzuſehen, ein paar Toͤne, ſah ihren Sieg-
wart an, gab ihm die Hand, und ſank in ſeinen
Arm. Seligkeit des Himmels ward um ihn herum,
und noch mehr in ſeiner Seele. — Du muſt ſpie-
len, ſagte er zu Kronhelm, damit man unten
und im Hauſe glaubt, wir machen Muſik. Kron-
helm ſpielte ſich, ganz allein, auf ſeiner Violine
recht muͤde; oft ganz wild, und heftig wie der Tau-
mel der Liebe; dann wieder ſchmachtend und zaͤrtlich,
gleich der Empfindung unſrer Liebenden. Sie ſaſ-
ſen im Kanapee beyſammen, gluͤcklicher als alle
Koͤnige der Erden. Jhre Zunge konnte nicht re-
den; nur ihr Auge ſprach, und ihr Haͤndedruck.
Liebes Maͤdchen! Lieber Engel! war alles, was
zuweilen Siegwart ſagte. Dann lehnte ſie wieder
ihr Geſicht an ſeine Bruſt. Er kuͤßte ſie auf ihre
ſchoͤnen Augen. Sie ſah auf, erhub ſich etwas
und kuͤßte ſeine offne, hochgewoͤlbte Stirne. Wenn
ihre Blicke ſich begegneten, wenn ihr Auge ſcharf
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[711/0291] was zu regnen. — Seys! ſagte Mariane; wir haben nun doch noch die Schlittenfahrt gehabt. Vielleicht koͤnnen Sie auch morgen noch nicht rei- ſen. Kronhelm ſagte, ſie muͤſten, wo moͤglich, fort. Nun ſtellte ſich Mariane an den Fluͤgel, ſchlug, ohne hinzuſehen, ein paar Toͤne, ſah ihren Sieg- wart an, gab ihm die Hand, und ſank in ſeinen Arm. Seligkeit des Himmels ward um ihn herum, und noch mehr in ſeiner Seele. — Du muſt ſpie- len, ſagte er zu Kronhelm, damit man unten und im Hauſe glaubt, wir machen Muſik. Kron- helm ſpielte ſich, ganz allein, auf ſeiner Violine recht muͤde; oft ganz wild, und heftig wie der Tau- mel der Liebe; dann wieder ſchmachtend und zaͤrtlich, gleich der Empfindung unſrer Liebenden. Sie ſaſ- ſen im Kanapee beyſammen, gluͤcklicher als alle Koͤnige der Erden. Jhre Zunge konnte nicht re- den; nur ihr Auge ſprach, und ihr Haͤndedruck. Liebes Maͤdchen! Lieber Engel! war alles, was zuweilen Siegwart ſagte. Dann lehnte ſie wieder ihr Geſicht an ſeine Bruſt. Er kuͤßte ſie auf ihre ſchoͤnen Augen. Sie ſah auf, erhub ſich etwas und kuͤßte ſeine offne, hochgewoͤlbte Stirne. Wenn ihre Blicke ſich begegneten, wenn ihr Auge ſcharf in ſeines ſah, dann ſchoß ihm eine Thraͤne drein,

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/291>, abgerufen am 22.11.2024.