Sie gingen nun aus, um Pferde zu bestellen. Dahlmund kam drauf zu ihnen, und klagte, daß ihm seine Brünette gestern ungetreu geworden sey. Sie habe sich mit einem schlechten Kerl abgegeben, der schon zwey- oder dreymal Schulden und lie- derlicher Streiche halben auf dem Karzer gesessen habe. Er that ganz verzweifelt und untröstlich, schlug sich vor die Stirne, knirschte mit den Zähnen, weinte vor Wuth, und sagte endlich: Entweder ich muß sterben, oder Er? Feder und Dinte her! Jch schick ihm eine Ausforderung. Kronhelm, du must mir sekundiren!
Bist du toll, Dahlmund? sagte Kronhelm. Mit dem schlechten Kerl dich schlagen! Dein Leben an ihn setzen! Was hast du davon, wenn du ihn nie- derstichst? Wird das Mädel dadurch besser? Möch- test du sie dann wohl wieder haben? Du weist selbst, daß jeder Zweykampf, den man selbst sucht, Thor- heit und Verbrechen ist; wir haben schon einmal davon gesprochen. Aber hier trifft das doppelt ein. Der Kerl ist schlecht, das sagst du selbst. Alles, was noch Gutes an ihm ist, das ist sein Leben, weil ers noch einmal dazu brauchen kann, sich zu bessern, der Welt etwas nutz zu werden, und dem Elend zu entgehen, das ihn in der Ewigkeit er-
Sie gingen nun aus, um Pferde zu beſtellen. Dahlmund kam drauf zu ihnen, und klagte, daß ihm ſeine Bruͤnette geſtern ungetreu geworden ſey. Sie habe ſich mit einem ſchlechten Kerl abgegeben, der ſchon zwey- oder dreymal Schulden und lie- derlicher Streiche halben auf dem Karzer geſeſſen habe. Er that ganz verzweifelt und untroͤſtlich, ſchlug ſich vor die Stirne, knirſchte mit den Zaͤhnen, weinte vor Wuth, und ſagte endlich: Entweder ich muß ſterben, oder Er? Feder und Dinte her! Jch ſchick ihm eine Ausforderung. Kronhelm, du muſt mir ſekundiren!
Biſt du toll, Dahlmund? ſagte Kronhelm. Mit dem ſchlechten Kerl dich ſchlagen! Dein Leben an ihn ſetzen! Was haſt du davon, wenn du ihn nie- derſtichſt? Wird das Maͤdel dadurch beſſer? Moͤch- teſt du ſie dann wohl wieder haben? Du weiſt ſelbſt, daß jeder Zweykampf, den man ſelbſt ſucht, Thor- heit und Verbrechen iſt; wir haben ſchon einmal davon geſprochen. Aber hier trifft das doppelt ein. Der Kerl iſt ſchlecht, das ſagſt du ſelbſt. Alles, was noch Gutes an ihm iſt, das iſt ſein Leben, weil ers noch einmal dazu brauchen kann, ſich zu beſſern, der Welt etwas nutz zu werden, und dem Elend zu entgehen, das ihn in der Ewigkeit er-
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Sie gingen nun aus, um Pferde zu beſtellen.
Dahlmund kam drauf zu ihnen, und klagte, daß
ihm ſeine Bruͤnette geſtern ungetreu geworden ſey.
Sie habe ſich mit einem ſchlechten Kerl abgegeben,
der ſchon zwey- oder dreymal Schulden und lie-
derlicher Streiche halben auf dem Karzer geſeſſen
habe. Er that ganz verzweifelt und untroͤſtlich,
ſchlug ſich vor die Stirne, knirſchte mit den Zaͤhnen,
weinte vor Wuth, und ſagte endlich: Entweder
ich muß ſterben, oder Er? Feder und Dinte her!
Jch ſchick ihm eine Ausforderung. Kronhelm,
du muſt mir ſekundiren!
Biſt du toll, Dahlmund? ſagte Kronhelm. Mit
dem ſchlechten Kerl dich ſchlagen! Dein Leben an
ihn ſetzen! Was haſt du davon, wenn du ihn nie-
derſtichſt? Wird das Maͤdel dadurch beſſer? Moͤch-
teſt du ſie dann wohl wieder haben? Du weiſt ſelbſt,
daß jeder Zweykampf, den man ſelbſt ſucht, Thor-
heit und Verbrechen iſt; wir haben ſchon einmal
davon geſprochen. Aber hier trifft das doppelt ein.
Der Kerl iſt ſchlecht, das ſagſt du ſelbſt. Alles,
was noch Gutes an ihm iſt, das iſt ſein Leben,
weil ers noch einmal dazu brauchen kann, ſich zu
beſſern, der Welt etwas nutz zu werden, und dem
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/284>, abgerufen am 25.11.2024.
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