pfindung, als die Kunst betreffen. P. Philipp lehrte ihn auf seinem Zimmer aus Freundschaft das Griechische, das auf der Schule nicht getrie- ben wurde, und las mit ihm das neue Testament, die Fabeln des Aesop und den Anakreon. Auf den Winter, versprach er, mit ihm den Herodot, vielleicht auch den Homer zu lesen. Auch lieh er ihm einen Livius, und erklärte ihm die schweren Stellen, über die er ihn befragte. Kurz, Sieg- wart war auf dem rechten Wege, ein vernünftiger Gelehrter zu werden.
Den Abend brachten sie entweder allein zu, und da muste Xaver mit Kronhelm fleissig von Theresen sprechen; oder sie giengen zu P. Phi- lipp, dessen Umgang ihnen immer der liebste und lehrreichste war; Sie lasen, oder zeichneten mit ihm, oder sprachen abwechselnd über ernsthafte und muntre Gegenstände. Oder sie machten mit Grünbach Musik, und kamen durch die Uebung merklich weiter. Siegwart besuchte auch noch oft die L. Frauenkirche, und hörte da die Nonnen sin- gen. Oft traf er auch Sophien da an. Die schöne Andächtige gefiel ihm wohl. Er schätzte sie wegen ihrer Andacht nur noch höher; aber
pfindung, als die Kunſt betreffen. P. Philipp lehrte ihn auf ſeinem Zimmer aus Freundſchaft das Griechiſche, das auf der Schule nicht getrie- ben wurde, und las mit ihm das neue Teſtament, die Fabeln des Aeſop und den Anakreon. Auf den Winter, verſprach er, mit ihm den Herodot, vielleicht auch den Homer zu leſen. Auch lieh er ihm einen Livius, und erklaͤrte ihm die ſchweren Stellen, uͤber die er ihn befragte. Kurz, Sieg- wart war auf dem rechten Wege, ein vernuͤnftiger Gelehrter zu werden.
Den Abend brachten ſie entweder allein zu, und da muſte Xaver mit Kronhelm fleiſſig von Thereſen ſprechen; oder ſie giengen zu P. Phi- lipp, deſſen Umgang ihnen immer der liebſte und lehrreichſte war; Sie laſen, oder zeichneten mit ihm, oder ſprachen abwechſelnd uͤber ernſthafte und muntre Gegenſtaͤnde. Oder ſie machten mit Gruͤnbach Muſik, und kamen durch die Uebung merklich weiter. Siegwart beſuchte auch noch oft die L. Frauenkirche, und hoͤrte da die Nonnen ſin- gen. Oft traf er auch Sophien da an. Die ſchoͤne Andaͤchtige gefiel ihm wohl. Er ſchaͤtzte ſie wegen ihrer Andacht nur noch hoͤher; aber
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[448/0028]
pfindung, als die Kunſt betreffen. P. Philipp
lehrte ihn auf ſeinem Zimmer aus Freundſchaft
das Griechiſche, das auf der Schule nicht getrie-
ben wurde, und las mit ihm das neue Teſtament,
die Fabeln des Aeſop und den Anakreon. Auf
den Winter, verſprach er, mit ihm den Herodot,
vielleicht auch den Homer zu leſen. Auch lieh er
ihm einen Livius, und erklaͤrte ihm die ſchweren
Stellen, uͤber die er ihn befragte. Kurz, Sieg-
wart war auf dem rechten Wege, ein vernuͤnftiger
Gelehrter zu werden.
Den Abend brachten ſie entweder allein zu,
und da muſte Xaver mit Kronhelm fleiſſig von
Thereſen ſprechen; oder ſie giengen zu P. Phi-
lipp, deſſen Umgang ihnen immer der liebſte und
lehrreichſte war; Sie laſen, oder zeichneten mit
ihm, oder ſprachen abwechſelnd uͤber ernſthafte
und muntre Gegenſtaͤnde. Oder ſie machten mit
Gruͤnbach Muſik, und kamen durch die Uebung
merklich weiter. Siegwart beſuchte auch noch oft
die L. Frauenkirche, und hoͤrte da die Nonnen ſin-
gen. Oft traf er auch Sophien da an. Die
ſchoͤne Andaͤchtige gefiel ihm wohl. Er ſchaͤtzte
ſie wegen ihrer Andacht nur noch hoͤher; aber
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/28>, abgerufen am 24.11.2024.
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