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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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lachte fürchterlich laut, und weinte dann wieder,
wie ein Kind. Sein Zustand drang seinen beyden
Freunden tief ins Herz, daß sie sich mit Thränen,
und mit Seufzern ansahen. Einmal hielt er ein
langes, rührendes Gebeth an die Mutter Gottes,
richtete sich auf, hub die Hände in die Höhe, nann-
te sie zuweilen Mariane, und sank entkräftet wieder
aufs Bett zurück. Siegwart und Boling wusten
sich kaum mehr zu helfen. Nach dem Arzt konn-
ten sie nicht gehen, weil keiner sich, allein bey ihm
zu bleiben, getraute, und im Hause schlief noch je-
dermann. Sie warteten mit Sehnsucht auf den
Morgen. Endlich brach er an. Sie schickten ei-
ligst nach dem Arzt. Dieser zuckte die Achseln,
verordnete eine Aderlässe, und versprach wenig
Hofnung. Nach dem Aderlassen ward der Kranke
etwas ruhiger, und schlummerte ein wenig ein.
Zwey Stunden nachher wachte er mit grossem
Schreyen wieder auf, riß die Binde von der Ader
weg, und verblutete sich, eh man ihm beykommen
konnte, so, daß er in eine Ohnmacht sank. Der
Arzt, der herbeygerufen wurde, brachte ihn, nach
vieler Mühe wieder zu sich selbst. Er war so
matt, daß er kaum reden konnte. So lag er den
ganzen Tag da, und erholte sich erst gegen Abend



lachte fuͤrchterlich laut, und weinte dann wieder,
wie ein Kind. Sein Zuſtand drang ſeinen beyden
Freunden tief ins Herz, daß ſie ſich mit Thraͤnen,
und mit Seufzern anſahen. Einmal hielt er ein
langes, ruͤhrendes Gebeth an die Mutter Gottes,
richtete ſich auf, hub die Haͤnde in die Hoͤhe, nann-
te ſie zuweilen Mariane, und ſank entkraͤftet wieder
aufs Bett zuruͤck. Siegwart und Boling wuſten
ſich kaum mehr zu helfen. Nach dem Arzt konn-
ten ſie nicht gehen, weil keiner ſich, allein bey ihm
zu bleiben, getraute, und im Hauſe ſchlief noch je-
dermann. Sie warteten mit Sehnſucht auf den
Morgen. Endlich brach er an. Sie ſchickten ei-
ligſt nach dem Arzt. Dieſer zuckte die Achſeln,
verordnete eine Aderlaͤſſe, und verſprach wenig
Hofnung. Nach dem Aderlaſſen ward der Kranke
etwas ruhiger, und ſchlummerte ein wenig ein.
Zwey Stunden nachher wachte er mit groſſem
Schreyen wieder auf, riß die Binde von der Ader
weg, und verblutete ſich, eh man ihm beykommen
konnte, ſo, daß er in eine Ohnmacht ſank. Der
Arzt, der herbeygerufen wurde, brachte ihn, nach
vieler Muͤhe wieder zu ſich ſelbſt. Er war ſo
matt, daß er kaum reden konnte. So lag er den
ganzen Tag da, und erholte ſich erſt gegen Abend

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[643/0223] lachte fuͤrchterlich laut, und weinte dann wieder, wie ein Kind. Sein Zuſtand drang ſeinen beyden Freunden tief ins Herz, daß ſie ſich mit Thraͤnen, und mit Seufzern anſahen. Einmal hielt er ein langes, ruͤhrendes Gebeth an die Mutter Gottes, richtete ſich auf, hub die Haͤnde in die Hoͤhe, nann- te ſie zuweilen Mariane, und ſank entkraͤftet wieder aufs Bett zuruͤck. Siegwart und Boling wuſten ſich kaum mehr zu helfen. Nach dem Arzt konn- ten ſie nicht gehen, weil keiner ſich, allein bey ihm zu bleiben, getraute, und im Hauſe ſchlief noch je- dermann. Sie warteten mit Sehnſucht auf den Morgen. Endlich brach er an. Sie ſchickten ei- ligſt nach dem Arzt. Dieſer zuckte die Achſeln, verordnete eine Aderlaͤſſe, und verſprach wenig Hofnung. Nach dem Aderlaſſen ward der Kranke etwas ruhiger, und ſchlummerte ein wenig ein. Zwey Stunden nachher wachte er mit groſſem Schreyen wieder auf, riß die Binde von der Ader weg, und verblutete ſich, eh man ihm beykommen konnte, ſo, daß er in eine Ohnmacht ſank. Der Arzt, der herbeygerufen wurde, brachte ihn, nach vieler Muͤhe wieder zu ſich ſelbſt. Er war ſo matt, daß er kaum reden konnte. So lag er den ganzen Tag da, und erholte ſich erſt gegen Abend

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/223>, abgerufen am 22.11.2024.