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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Wir müssen fort! -- Der Hauptmann wird ihrs
schon sagen! --

Kronhelm. Jch kenn' Jhren Hauptmann
auch, und komm noch heut nach Güntzburg; da
will ich gleich mit ihm reden.

Werber. Ja, wenn Sie ein Vorwort ein-
legen, dann kanns gehen, aber sonst nicht!

Hanns (zu Kronhelm) O Herr, vergessen
Sies ja nicht, und gehn Sie heut zum Haupt-
mann! Sie sind auch gar zu brav! -- Heh,
Mutter! 's Weinen hilft nun nichts. Bet fleis-
sig für mich! Vielleicht komm ich doch einmal
wieder! Jch hab nur auf 5 Jahr akkordirt.

Mutter. Ja, da werd ich wol im Grab
seyn! Das Herzeleid hättest mir nicht anthun
sollen, Hanns! Gott verzeih dirs! Wenn das
dein Vater dacht hätt! -- Jch war auch ver-
blendet, daß ich dir das Mädel mit Gewalt nicht
lassen wollt; aber ich dacht eben nicht, daß du
gleich so oben 'naus seyn würdest. -- Jch hab
schon viel Kreutz g'habt, aber das ist 's größt, das
ich wol nicht überleben werd. -- Hättest so ruhig
in unserm Hüttlein leben können! Nun muß ich
allein drinn schmachten! -- O Hanns, Hanns!
Wenn ihr Leute dächtet, was ihr euren Eltern



Wir muͤſſen fort! — Der Hauptmann wird ihrs
ſchon ſagen! —

Kronhelm. Jch kenn’ Jhren Hauptmann
auch, und komm noch heut nach Guͤntzburg; da
will ich gleich mit ihm reden.

Werber. Ja, wenn Sie ein Vorwort ein-
legen, dann kanns gehen, aber ſonſt nicht!

Hanns (zu Kronhelm) O Herr, vergeſſen
Sies ja nicht, und gehn Sie heut zum Haupt-
mann! Sie ſind auch gar zu brav! — Heh,
Mutter! ’s Weinen hilft nun nichts. Bet fleiſ-
ſig fuͤr mich! Vielleicht komm ich doch einmal
wieder! Jch hab nur auf 5 Jahr akkordirt.

Mutter. Ja, da werd ich wol im Grab
ſeyn! Das Herzeleid haͤtteſt mir nicht anthun
ſollen, Hanns! Gott verzeih dirs! Wenn das
dein Vater dacht haͤtt! — Jch war auch ver-
blendet, daß ich dir das Maͤdel mit Gewalt nicht
laſſen wollt; aber ich dacht eben nicht, daß du
gleich ſo oben ’naus ſeyn wuͤrdeſt. — Jch hab
ſchon viel Kreutz g’habt, aber das iſt ’s groͤßt, das
ich wol nicht uͤberleben werd. — Haͤtteſt ſo ruhig
in unſerm Huͤttlein leben koͤnnen! Nun muß ich
allein drinn ſchmachten! — O Hanns, Hanns!
Wenn ihr Leute daͤchtet, was ihr euren Eltern

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[433/0013] Wir muͤſſen fort! — Der Hauptmann wird ihrs ſchon ſagen! — Kronhelm. Jch kenn’ Jhren Hauptmann auch, und komm noch heut nach Guͤntzburg; da will ich gleich mit ihm reden. Werber. Ja, wenn Sie ein Vorwort ein- legen, dann kanns gehen, aber ſonſt nicht! Hanns (zu Kronhelm) O Herr, vergeſſen Sies ja nicht, und gehn Sie heut zum Haupt- mann! Sie ſind auch gar zu brav! — Heh, Mutter! ’s Weinen hilft nun nichts. Bet fleiſ- ſig fuͤr mich! Vielleicht komm ich doch einmal wieder! Jch hab nur auf 5 Jahr akkordirt. Mutter. Ja, da werd ich wol im Grab ſeyn! Das Herzeleid haͤtteſt mir nicht anthun ſollen, Hanns! Gott verzeih dirs! Wenn das dein Vater dacht haͤtt! — Jch war auch ver- blendet, daß ich dir das Maͤdel mit Gewalt nicht laſſen wollt; aber ich dacht eben nicht, daß du gleich ſo oben ’naus ſeyn wuͤrdeſt. — Jch hab ſchon viel Kreutz g’habt, aber das iſt ’s groͤßt, das ich wol nicht uͤberleben werd. — Haͤtteſt ſo ruhig in unſerm Huͤttlein leben koͤnnen! Nun muß ich allein drinn ſchmachten! — O Hanns, Hanns! Wenn ihr Leute daͤchtet, was ihr euren Eltern

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/13>, abgerufen am 21.11.2024.