Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



ter, unchristlicher Mann, der kein menschlich Herz
im Leibe hat!

Hat ... Thuts euch leid? Wacht euch das
Gewissen auf? Weint ihr? Seht, Michel! Gott
weiß! ich meyns herzlich gut mit euch. Es ist mir
nur um eure Seeligkeit zu thun.

Michel (weinend) Ja das weiß ich wohl,
Jhr Wohlehrwürden, und es thut mir herzlich leid.
Jch habs nicht so überlegt; bin eben ein hitziger
Mann; und der vorige Herr Pfarr ...

P. Anton. Jch weiß wol, was ihr sagen
wollt. Euer voriger Pfarr, Gott geb ihms ewi-
ge Leben! Jch hab oft mit ihm drüber gesprochen.
Der wollt auch so über die Ketzer her. Aber euer
jetziger, der wirds euch ganz anders sagen, fragt
ihn nur!

Michel. Ach, Jhr Wohlerwürd, wenn ichs
nur nicht gethan hätt! nun geht mirs erst recht
nah.

P. Anton. Nun, nun. Es ist mir lieb,
daß auch noch ein guter Funken in euch ist!
Reu und Leid über seine Sünden ist der Anfang
zur Besserung. Und dann wird euch Gott um
Christi willen auch gnädig seyn, wenn ihrs nur
von Herzen meynt. Da, geht hin, gebt eurer



ter, unchriſtlicher Mann, der kein menſchlich Herz
im Leibe hat!

Hat … Thuts euch leid? Wacht euch das
Gewiſſen auf? Weint ihr? Seht, Michel! Gott
weiß! ich meyns herzlich gut mit euch. Es iſt mir
nur um eure Seeligkeit zu thun.

Michel (weinend) Ja das weiß ich wohl,
Jhr Wohlehrwuͤrden, und es thut mir herzlich leid.
Jch habs nicht ſo uͤberlegt; bin eben ein hitziger
Mann; und der vorige Herr Pfarr …

P. Anton. Jch weiß wol, was ihr ſagen
wollt. Euer voriger Pfarr, Gott geb ihms ewi-
ge Leben! Jch hab oft mit ihm druͤber geſprochen.
Der wollt auch ſo uͤber die Ketzer her. Aber euer
jetziger, der wirds euch ganz anders ſagen, fragt
ihn nur!

Michel. Ach, Jhr Wohlerwuͤrd, wenn ichs
nur nicht gethan haͤtt! nun geht mirs erſt recht
nah.

P. Anton. Nun, nun. Es iſt mir lieb,
daß auch noch ein guter Funken in euch iſt!
Reu und Leid uͤber ſeine Suͤnden iſt der Anfang
zur Beſſerung. Und dann wird euch Gott um
Chriſti willen auch gnaͤdig ſeyn, wenn ihrs nur
von Herzen meynt. Da, geht hin, gebt eurer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0066" n="62"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ter, unchri&#x017F;tlicher Mann, der kein men&#x017F;chlich Herz<lb/>
im Leibe hat!</p><lb/>
        <p>Hat &#x2026; Thuts euch leid? Wacht euch das<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;en auf? Weint ihr? Seht, <hi rendition="#fr">Michel!</hi> Gott<lb/>
weiß! ich meyns herzlich gut mit euch. Es i&#x017F;t mir<lb/>
nur um eure Seeligkeit zu thun.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Michel</hi> (weinend) Ja das weiß ich wohl,<lb/>
Jhr Wohlehrwu&#x0364;rden, und es thut mir herzlich leid.<lb/>
Jch habs nicht &#x017F;o u&#x0364;berlegt; bin eben ein hitziger<lb/>
Mann; und der vorige Herr Pfarr &#x2026;</p><lb/>
        <p>P. <hi rendition="#fr">Anton.</hi> Jch weiß wol, was ihr &#x017F;agen<lb/>
wollt. Euer voriger Pfarr, Gott geb ihms ewi-<lb/>
ge Leben! Jch hab oft mit ihm dru&#x0364;ber ge&#x017F;prochen.<lb/>
Der wollt auch &#x017F;o u&#x0364;ber die Ketzer her. Aber euer<lb/>
jetziger, der wirds euch ganz anders &#x017F;agen, fragt<lb/>
ihn nur!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Michel.</hi> Ach, Jhr Wohlerwu&#x0364;rd, wenn ichs<lb/>
nur nicht gethan ha&#x0364;tt! nun geht mirs er&#x017F;t recht<lb/>
nah.</p><lb/>
        <p>P. <hi rendition="#fr">Anton.</hi> Nun, nun. Es i&#x017F;t mir lieb,<lb/>
daß auch noch ein guter Funken in euch i&#x017F;t!<lb/>
Reu und Leid u&#x0364;ber &#x017F;eine Su&#x0364;nden i&#x017F;t der Anfang<lb/>
zur Be&#x017F;&#x017F;erung. Und dann wird euch Gott um<lb/>
Chri&#x017F;ti willen auch gna&#x0364;dig &#x017F;eyn, wenn ihrs nur<lb/>
von Herzen meynt. Da, geht hin, gebt eurer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0066] ter, unchriſtlicher Mann, der kein menſchlich Herz im Leibe hat! Hat … Thuts euch leid? Wacht euch das Gewiſſen auf? Weint ihr? Seht, Michel! Gott weiß! ich meyns herzlich gut mit euch. Es iſt mir nur um eure Seeligkeit zu thun. Michel (weinend) Ja das weiß ich wohl, Jhr Wohlehrwuͤrden, und es thut mir herzlich leid. Jch habs nicht ſo uͤberlegt; bin eben ein hitziger Mann; und der vorige Herr Pfarr … P. Anton. Jch weiß wol, was ihr ſagen wollt. Euer voriger Pfarr, Gott geb ihms ewi- ge Leben! Jch hab oft mit ihm druͤber geſprochen. Der wollt auch ſo uͤber die Ketzer her. Aber euer jetziger, der wirds euch ganz anders ſagen, fragt ihn nur! Michel. Ach, Jhr Wohlerwuͤrd, wenn ichs nur nicht gethan haͤtt! nun geht mirs erſt recht nah. P. Anton. Nun, nun. Es iſt mir lieb, daß auch noch ein guter Funken in euch iſt! Reu und Leid uͤber ſeine Suͤnden iſt der Anfang zur Beſſerung. Und dann wird euch Gott um Chriſti willen auch gnaͤdig ſeyn, wenn ihrs nur von Herzen meynt. Da, geht hin, gebt eurer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/66
Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/66>, abgerufen am 22.11.2024.