auch wieder wohl gehen wird? Jch hoff es, ant- wortete das Mädchen, und suchte eine Thräne zu verbergen, die ihr ins Auge trat.
Den Nachmittag giengen sie miteinander spatzieren, und bestiegen einen ziemlich hohen Berg, von da sie die ganze Gegend übersehen konnten. Sie setzten sich in ein ausgehauenes Buchengebüsch, das eine Art von Laube bilde- te, wo ein Rasensitz angebracht war. Unten am Berge sahen sie das Dorf liegen; der Bach schlän- gelte sich an seiner Seite hin, wo Kronhelm sei- ne Hand verwundet hatte. Jn der Ferne sahen sie die Donau durch ein weisses Weidengebüsch hinströmen. Weiter weg sah man einen Berg, der wegen seiner Ferne ganz in Blau gehüllt war. Nicht wahr? Dort ist ihr Kloster? sagte The- rese. Hier will ich oft am Abend sitzen, nach Jhrer Gegend hinsehen und an Sie und diesen Abend denken. -- Wir haben auch einen Berg- sagte Kronhelm, der bald wie dieser aussieht; da will ich auch oft hingehen, und mich der ver- gangnen Zeiten erinnern. Wir wollen uns zu- schreiben, und einen Tag ausmachen, an dem wir zugleich auf den beyden Bergen sind, und lebhaft an einander denken. -- Aber, morgen, sagte Xa-
auch wieder wohl gehen wird? Jch hoff es, ant- wortete das Maͤdchen, und ſuchte eine Thraͤne zu verbergen, die ihr ins Auge trat.
Den Nachmittag giengen ſie miteinander ſpatzieren, und beſtiegen einen ziemlich hohen Berg, von da ſie die ganze Gegend uͤberſehen konnten. Sie ſetzten ſich in ein ausgehauenes Buchengebuͤſch, das eine Art von Laube bilde- te, wo ein Raſenſitz angebracht war. Unten am Berge ſahen ſie das Dorf liegen; der Bach ſchlaͤn- gelte ſich an ſeiner Seite hin, wo Kronhelm ſei- ne Hand verwundet hatte. Jn der Ferne ſahen ſie die Donau durch ein weiſſes Weidengebuͤſch hinſtroͤmen. Weiter weg ſah man einen Berg, der wegen ſeiner Ferne ganz in Blau gehuͤllt war. Nicht wahr? Dort iſt ihr Kloſter? ſagte The- reſe. Hier will ich oft am Abend ſitzen, nach Jhrer Gegend hinſehen und an Sie und dieſen Abend denken. — Wir haben auch einen Berg- ſagte Kronhelm, der bald wie dieſer ausſieht; da will ich auch oft hingehen, und mich der ver- gangnen Zeiten erinnern. Wir wollen uns zu- ſchreiben, und einen Tag ausmachen, an dem wir zugleich auf den beyden Bergen ſind, und lebhaft an einander denken. — Aber, morgen, ſagte Xa-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0413"n="409"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
auch wieder wohl gehen wird? Jch hoff es, ant-<lb/>
wortete das Maͤdchen, und ſuchte eine Thraͤne zu<lb/>
verbergen, die ihr ins Auge trat.</p><lb/><p>Den Nachmittag giengen ſie miteinander<lb/>ſpatzieren, und beſtiegen einen ziemlich hohen<lb/>
Berg, von da ſie die ganze Gegend uͤberſehen<lb/>
konnten. Sie ſetzten ſich in ein ausgehauenes<lb/>
Buchengebuͤſch, das eine Art von Laube bilde-<lb/>
te, wo ein Raſenſitz angebracht war. Unten am<lb/>
Berge ſahen ſie das Dorf liegen; der Bach ſchlaͤn-<lb/>
gelte ſich an ſeiner Seite hin, wo <hirendition="#fr">Kronhelm</hi>ſei-<lb/>
ne Hand verwundet hatte. Jn der Ferne ſahen<lb/>ſie die Donau durch ein weiſſes Weidengebuͤſch<lb/>
hinſtroͤmen. Weiter weg ſah man einen Berg,<lb/>
der wegen ſeiner Ferne ganz in Blau gehuͤllt war.<lb/>
Nicht wahr? Dort iſt ihr Kloſter? ſagte <hirendition="#fr">The-<lb/>
reſe.</hi> Hier will ich oft am Abend ſitzen, nach<lb/>
Jhrer Gegend hinſehen und an Sie und dieſen<lb/>
Abend denken. — Wir haben auch einen Berg-<lb/>ſagte <hirendition="#fr">Kronhelm,</hi> der bald wie dieſer ausſieht;<lb/>
da will ich auch oft hingehen, und mich der ver-<lb/>
gangnen Zeiten erinnern. Wir wollen uns zu-<lb/>ſchreiben, und einen Tag ausmachen, an dem wir<lb/>
zugleich auf den beyden Bergen ſind, und lebhaft<lb/>
an einander denken. — Aber, morgen, ſagte <hirendition="#fr">Xa-<lb/></hi></p></div></body></text></TEI>
[409/0413]
auch wieder wohl gehen wird? Jch hoff es, ant-
wortete das Maͤdchen, und ſuchte eine Thraͤne zu
verbergen, die ihr ins Auge trat.
Den Nachmittag giengen ſie miteinander
ſpatzieren, und beſtiegen einen ziemlich hohen
Berg, von da ſie die ganze Gegend uͤberſehen
konnten. Sie ſetzten ſich in ein ausgehauenes
Buchengebuͤſch, das eine Art von Laube bilde-
te, wo ein Raſenſitz angebracht war. Unten am
Berge ſahen ſie das Dorf liegen; der Bach ſchlaͤn-
gelte ſich an ſeiner Seite hin, wo Kronhelm ſei-
ne Hand verwundet hatte. Jn der Ferne ſahen
ſie die Donau durch ein weiſſes Weidengebuͤſch
hinſtroͤmen. Weiter weg ſah man einen Berg,
der wegen ſeiner Ferne ganz in Blau gehuͤllt war.
Nicht wahr? Dort iſt ihr Kloſter? ſagte The-
reſe. Hier will ich oft am Abend ſitzen, nach
Jhrer Gegend hinſehen und an Sie und dieſen
Abend denken. — Wir haben auch einen Berg-
ſagte Kronhelm, der bald wie dieſer ausſieht;
da will ich auch oft hingehen, und mich der ver-
gangnen Zeiten erinnern. Wir wollen uns zu-
ſchreiben, und einen Tag ausmachen, an dem wir
zugleich auf den beyden Bergen ſind, und lebhaft
an einander denken. — Aber, morgen, ſagte Xa-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/413>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.