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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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hören! Ach, da graben sie dich ein! Wenn sie
mich nur auch begrüben! Warst ein frommer Junge!
Still und gottesfürchtig! Warst der schönst im Dorf,
und bist nun todt! Warst so arbeitsam! Und so freund-
lich, wenn du mich am Arm hattest! Gelt, nun hab ich
keinen Bräutigam! Bin allein auf der Welt! Ein' ar-
me verlassne Dirne! Wilhelm, Wilhelm! Wenn du
mich doch auch mitgenommen hättest! -- Jesus!
Maria! und Joseph! -- und nun sank sie ohn-
mächtig neben 's Grab hin. -- Man brachte sie
nach langer Mühe wieder zu sich selbst. Jndeß
hatte man ein schwarzes hölzernes Kreutz auf
dem Grab aufgerichtet, und einen Kranz von
Buchs dran gehängt, mit Flittern. Sie hieng
ein rosenrothes Band dran; da, Wilhelm! 's ist
von dir! Ruh wohl! -- Und nun gieng sie, von
einer ihrer Freundinnen, und ihrer alten Mutter
geführt, langsam weg; sah sich ost um, und schlug
die Hände in einander. -- Es muß schröcklich
seyn, sagte Therese, und sah unsern Kronhelm
weinend an, einen Bräutigam zu verlieren! Ja,
und eine Braut! sagte Kronhelm; nahm sie am
Arm, und sie giengen schweigend vom Grab weg'
Den ganzen Abend war ihr Herz wehmüthig,
und dachte der Geschichte nach. Sie giengen noch



hoͤren! Ach, da graben ſie dich ein! Wenn ſie
mich nur auch begruͤben! Warſt ein frommer Junge!
Still und gottesfuͤrchtig! Warſt der ſchoͤnſt im Dorf,
und biſt nun todt! Warſt ſo arbeitſam! Und ſo freund-
lich, wenn du mich am Arm hatteſt! Gelt, nun hab ich
keinen Braͤutigam! Bin allein auf der Welt! Ein’ ar-
me verlaſſne Dirne! Wilhelm, Wilhelm! Wenn du
mich doch auch mitgenommen haͤtteſt! — Jeſus!
Maria! und Joſeph! — und nun ſank ſie ohn-
maͤchtig neben ’s Grab hin. — Man brachte ſie
nach langer Muͤhe wieder zu ſich ſelbſt. Jndeß
hatte man ein ſchwarzes hoͤlzernes Kreutz auf
dem Grab aufgerichtet, und einen Kranz von
Buchs dran gehaͤngt, mit Flittern. Sie hieng
ein roſenrothes Band dran; da, Wilhelm! ’s iſt
von dir! Ruh wohl! — Und nun gieng ſie, von
einer ihrer Freundinnen, und ihrer alten Mutter
gefuͤhrt, langſam weg; ſah ſich oſt um, und ſchlug
die Haͤnde in einander. — Es muß ſchroͤcklich
ſeyn, ſagte Thereſe, und ſah unſern Kronhelm
weinend an, einen Braͤutigam zu verlieren! Ja,
und eine Braut! ſagte Kronhelm; nahm ſie am
Arm, und ſie giengen ſchweigend vom Grab weg’
Den ganzen Abend war ihr Herz wehmuͤthig,
und dachte der Geſchichte nach. Sie giengen noch

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[346/0350] hoͤren! Ach, da graben ſie dich ein! Wenn ſie mich nur auch begruͤben! Warſt ein frommer Junge! Still und gottesfuͤrchtig! Warſt der ſchoͤnſt im Dorf, und biſt nun todt! Warſt ſo arbeitſam! Und ſo freund- lich, wenn du mich am Arm hatteſt! Gelt, nun hab ich keinen Braͤutigam! Bin allein auf der Welt! Ein’ ar- me verlaſſne Dirne! Wilhelm, Wilhelm! Wenn du mich doch auch mitgenommen haͤtteſt! — Jeſus! Maria! und Joſeph! — und nun ſank ſie ohn- maͤchtig neben ’s Grab hin. — Man brachte ſie nach langer Muͤhe wieder zu ſich ſelbſt. Jndeß hatte man ein ſchwarzes hoͤlzernes Kreutz auf dem Grab aufgerichtet, und einen Kranz von Buchs dran gehaͤngt, mit Flittern. Sie hieng ein roſenrothes Band dran; da, Wilhelm! ’s iſt von dir! Ruh wohl! — Und nun gieng ſie, von einer ihrer Freundinnen, und ihrer alten Mutter gefuͤhrt, langſam weg; ſah ſich oſt um, und ſchlug die Haͤnde in einander. — Es muß ſchroͤcklich ſeyn, ſagte Thereſe, und ſah unſern Kronhelm weinend an, einen Braͤutigam zu verlieren! Ja, und eine Braut! ſagte Kronhelm; nahm ſie am Arm, und ſie giengen ſchweigend vom Grab weg’ Den ganzen Abend war ihr Herz wehmuͤthig, und dachte der Geſchichte nach. Sie giengen noch

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/350>, abgerufen am 22.11.2024.