sein Ende beständig um ihn war, kann mir nicht genug erzählen, wie standhaft er gelitten, und wie rührend und christlich er gestorben ist. Jch und der Hauptmann Northern weinten den ganzen Abend, als ers mir erzählte. Er hat auch sein Portrait in der Dose, der Mann sieht so edel und menschenfreundlich aus, wie seine Gedichte. Wie muste ich weinen, als ich seinen Wunsch las, der ihm leider nur zu früh erfüllt worden ist:
-- -- Wie gern sterb ich ihn auch Den edeln Tod, wenn mein Verhängnis ruft! Und: Auch ich, ich werde noch -- -- Vergönn es mir, o Himmel! -- -- Einher vor wenig Helden ziehn. Jch seh dich, stolzer Feind! Den kleinen Haufen fliehn, Und find Ehr oder Tod im rasenden Ge- tümmel.
Lies ihn, Bruder, du wirst fast sonst in kei- nem Dichter so viel schöne Gemälde, so viel mensch- liche Empfindung, die aus dem besten Herzen strömt, antreffen! Ein andrer Officier hat mir
ſein Ende beſtaͤndig um ihn war, kann mir nicht genug erzaͤhlen, wie ſtandhaft er gelitten, und wie ruͤhrend und chriſtlich er geſtorben iſt. Jch und der Hauptmann Northern weinten den ganzen Abend, als ers mir erzaͤhlte. Er hat auch ſein Portrait in der Doſe, der Mann ſieht ſo edel und menſchenfreundlich aus, wie ſeine Gedichte. Wie muſte ich weinen, als ich ſeinen Wunſch las, der ihm leider nur zu fruͤh erfuͤllt worden iſt:
— — Wie gern ſterb ich ihn auch Den edeln Tod, wenn mein Verhaͤngnis ruft! Und: Auch ich, ich werde noch — — Vergoͤnn es mir, o Himmel! — — Einher vor wenig Helden ziehn. Jch ſeh dich, ſtolzer Feind! Den kleinen Haufen fliehn, Und find Ehr oder Tod im raſenden Ge- tuͤmmel.
Lies ihn, Bruder, du wirſt faſt ſonſt in kei- nem Dichter ſo viel ſchoͤne Gemaͤlde, ſo viel menſch- liche Empfindung, die aus dem beſten Herzen ſtroͤmt, antreffen! Ein andrer Officier hat mir
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0336"n="332"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>ſein Ende beſtaͤndig um ihn war, kann mir nicht<lb/>
genug erzaͤhlen, wie ſtandhaft er gelitten, und wie<lb/>
ruͤhrend und chriſtlich er geſtorben iſt. Jch und<lb/>
der Hauptmann <hirendition="#fr">Northern</hi> weinten den ganzen<lb/>
Abend, als ers mir erzaͤhlte. Er hat auch ſein<lb/>
Portrait in der Doſe, der Mann ſieht ſo edel<lb/>
und menſchenfreundlich aus, wie ſeine Gedichte.<lb/>
Wie muſte ich weinen, als ich ſeinen Wunſch las,<lb/>
der ihm leider nur zu <hirendition="#fr">fruͤh</hi> erfuͤllt worden iſt:</p><lb/><lgtype="poem"><l>—— Wie gern ſterb ich ihn auch</l><lb/><l>Den edeln Tod, wenn mein Verhaͤngnis</l><lb/><l><hirendition="#et">ruft!</hi></l><lb/><l>Und: Auch ich, ich werde noch —— Vergoͤnn</l><lb/><l><hirendition="#et">es mir, o Himmel! ——</hi></l><lb/><l>Einher vor wenig Helden ziehn.</l><lb/><l>Jch ſeh dich, ſtolzer Feind! Den kleinen</l><lb/><l><hirendition="#et">Haufen fliehn,</hi></l><lb/><l>Und find Ehr oder <hirendition="#fr">Tod</hi> im raſenden Ge-</l><lb/><l><hirendition="#et">tuͤmmel.</hi></l></lg><lb/><p>Lies ihn, Bruder, du wirſt faſt ſonſt in kei-<lb/>
nem Dichter ſo viel ſchoͤne Gemaͤlde, ſo viel menſch-<lb/>
liche Empfindung, die aus dem beſten Herzen<lb/>ſtroͤmt, antreffen! Ein andrer Officier hat mir<lb/></p></div></body></text></TEI>
[332/0336]
ſein Ende beſtaͤndig um ihn war, kann mir nicht
genug erzaͤhlen, wie ſtandhaft er gelitten, und wie
ruͤhrend und chriſtlich er geſtorben iſt. Jch und
der Hauptmann Northern weinten den ganzen
Abend, als ers mir erzaͤhlte. Er hat auch ſein
Portrait in der Doſe, der Mann ſieht ſo edel
und menſchenfreundlich aus, wie ſeine Gedichte.
Wie muſte ich weinen, als ich ſeinen Wunſch las,
der ihm leider nur zu fruͤh erfuͤllt worden iſt:
— — Wie gern ſterb ich ihn auch
Den edeln Tod, wenn mein Verhaͤngnis
ruft!
Und: Auch ich, ich werde noch — — Vergoͤnn
es mir, o Himmel! — —
Einher vor wenig Helden ziehn.
Jch ſeh dich, ſtolzer Feind! Den kleinen
Haufen fliehn,
Und find Ehr oder Tod im raſenden Ge-
tuͤmmel.
Lies ihn, Bruder, du wirſt faſt ſonſt in kei-
nem Dichter ſo viel ſchoͤne Gemaͤlde, ſo viel menſch-
liche Empfindung, die aus dem beſten Herzen
ſtroͤmt, antreffen! Ein andrer Officier hat mir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/336>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.