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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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te, und die Füsse mit Kissen eingebunden hatte;
sein Tochtermann, Baron von Striebel, ein ehe-
maliger Husarenlieutenant, der auch jezt noch
die Uniform und einen schwarzgewixten Schnurr-
bart trug, ein Mann von vier und dreissig Jah-
ren, war der zweyte. Der dritte, Junker Jobst,
war ein Junggesell von 59 Jahren; ein armer
Schlucker, der nicht einmal eine eigne Wohnung
hatte, und sich wechselsweise bald beym Einem,
bald beym andern Junker, oder auch im Nothfall
bey einem Bauren aufhielt, der sein Lehnsvasall
war, und ihm jährlich 40 oder 50 Gulden an
Frucht auszalen mußte. Er ließ sich von den
Edelleuten zu allem brauchen. Er ritt von einem
Schloß zum andern, wenn ein Schmauß ange-
sagt werden sollte; er brachte den Edelleuten ihre
Pferde nach der Stadt, wo ein Roßmarkt war,
und verkaufte sie da, oder handelte neue ein; er
nahm die Koppelhunde mit auf die Jagd, oder
trug das Hühnergarn; und ließ sich einen gan-
zen Abend für den Narren halten, wenn er nur
mit essen und mit trinken durfte. Aber Adeliche
musten's seyn, die ihn für den Narren hielten;
von Bürgerlichen hätt er keinen Heller angenom-
men. Die vierte Person war ein junger Edel-



te, und die Fuͤſſe mit Kiſſen eingebunden hatte;
ſein Tochtermann, Baron von Striebel, ein ehe-
maliger Huſarenlieutenant, der auch jezt noch
die Uniform und einen ſchwarzgewixten Schnurr-
bart trug, ein Mann von vier und dreiſſig Jah-
ren, war der zweyte. Der dritte, Junker Jobſt,
war ein Junggeſell von 59 Jahren; ein armer
Schlucker, der nicht einmal eine eigne Wohnung
hatte, und ſich wechſelsweiſe bald beym Einem,
bald beym andern Junker, oder auch im Nothfall
bey einem Bauren aufhielt, der ſein Lehnsvaſall
war, und ihm jaͤhrlich 40 oder 50 Gulden an
Frucht auszalen mußte. Er ließ ſich von den
Edelleuten zu allem brauchen. Er ritt von einem
Schloß zum andern, wenn ein Schmauß ange-
ſagt werden ſollte; er brachte den Edelleuten ihre
Pferde nach der Stadt, wo ein Roßmarkt war,
und verkaufte ſie da, oder handelte neue ein; er
nahm die Koppelhunde mit auf die Jagd, oder
trug das Huͤhnergarn; und ließ ſich einen gan-
zen Abend fuͤr den Narren halten, wenn er nur
mit eſſen und mit trinken durfte. Aber Adeliche
muſten’s ſeyn, die ihn fuͤr den Narren hielten;
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[250/0254] te, und die Fuͤſſe mit Kiſſen eingebunden hatte; ſein Tochtermann, Baron von Striebel, ein ehe- maliger Huſarenlieutenant, der auch jezt noch die Uniform und einen ſchwarzgewixten Schnurr- bart trug, ein Mann von vier und dreiſſig Jah- ren, war der zweyte. Der dritte, Junker Jobſt, war ein Junggeſell von 59 Jahren; ein armer Schlucker, der nicht einmal eine eigne Wohnung hatte, und ſich wechſelsweiſe bald beym Einem, bald beym andern Junker, oder auch im Nothfall bey einem Bauren aufhielt, der ſein Lehnsvaſall war, und ihm jaͤhrlich 40 oder 50 Gulden an Frucht auszalen mußte. Er ließ ſich von den Edelleuten zu allem brauchen. Er ritt von einem Schloß zum andern, wenn ein Schmauß ange- ſagt werden ſollte; er brachte den Edelleuten ihre Pferde nach der Stadt, wo ein Roßmarkt war, und verkaufte ſie da, oder handelte neue ein; er nahm die Koppelhunde mit auf die Jagd, oder trug das Huͤhnergarn; und ließ ſich einen gan- zen Abend fuͤr den Narren halten, wenn er nur mit eſſen und mit trinken durfte. Aber Adeliche muſten’s ſeyn, die ihn fuͤr den Narren hielten; von Buͤrgerlichen haͤtt er keinen Heller angenom- men. Die vierte Perſon war ein junger Edel-

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/254>, abgerufen am 24.11.2024.